Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 14. Jun 2009 · Musik

Vom Tanz auf dem Vulkan in Zanzibar - Erfolgreiche Aufführung der Oper „Les Mamelles de Tirèsias“ von Francis Poulenc beim FeldkirchFestival

In den Mittelpunkt des FeldkirchFestivals 2009 stellte Philippe Arlaud die Oper „Les Mamelles de Tirèsias“ von Francis Poulenc. Konfrontiert wurde dieses sehr amüsante und temporeiche Werk mit Richard Wagners „Wesendonck Liedern“. Damit sollte eine Bruchstelle in der musikalischen und kunstästhetischen Entwicklungslinie des 20. Jahrhunderts verdeutlicht werden. Dies gelang im Rahmen eines unterhaltsamen Opernabends, der auf sehr hohem künstlerischem Niveau über die Bühne ging.

Die Mezzosopranistin Marie-Claude Chappuis interpretierte Wagners Wesendoncklieder, indem sie die spezifische Atmosphäre der einzelnen Lieder besonders betonte. Ihr Timbre und eine nuancenreiche Gestaltungskraft verliehen dem Werk Charakter. Mitunter wurden die Phrasierungsbögen allzu straff gespannt - eine Hörerfahrung, die ich bei den Wesendonckliedern in dieser Art nicht erwartet hatte. Die Sängerin suchte auf der Bühne Halt am Notentext, das sei ihr zugestanden. Allerdings wirkt dies vor allem beim Liedgesang störend und mindert die konzentrierte Dichte der Werkdeutung. In einem Interview vermerkte Phillippe Arlaud, dass Bayreuth ein Kuhdorf sei. Ausdruck dafür fand er mit einer etwas befremdlichen Bühnendekoration mit einem Strohballen und einem Sattel vor getäfelten Stellwänden.

Das Symphonieorchester Vorarlberg hat viel Erfahrung als Theaterorchester

Das SOV musizierte die Orchesterfassung der „Wesendoncklieder“ unter der Leitung des französischen Dirigenten Sébastien Rouland. Dabei wurden die harmonischen Beziehungen in den einzelnen Stimmgruppen differenziert nachgezeichnet. Mit gut geformten Pianopassagen, spröden Streicherklängen und bemerkenswert gespielten Soli beeindruckte das SOV nicht nur mit Wagner, sondern auch als Theaterorchester für die Oper von Francis Poulenc. Dessen Musik ist eingängig konzipiert mit vielen tänzerischen, rhythmischen Abschnitten und humorvoll eingesetzten musikalischen Floskeln. Das SOV spielte mit stringenten Tempi und Esprit.

Folgenreicher Rollentausch

Die Deutung der Poulenc-Oper „Les Mamelles de Tirésias“ war sehr gelungen. Durchwegs hervorragende Solistinnen und Solisten, allen voran die Sopranistin Magali Léger und der Tenor Martial Defontaine, boten eine Stunde bester Unterhaltung. Der geistreiche Text von Guillaume Apollinaire war zudem eine hervorragende Grundlage für Poulencs Musik. In weiteren Rollen sangen Jean Marc Salzmann, Loic Guguen, David Lefort, Alena Sautier und Ivan Matiakh. Der Text und die temporeiche Musik inspirierten die Ideenwelten des Regisseurs Phillippe Arlaud. Hier konnte er sich mit seinen fantasievollen und farbenreichen Anspielungen und Deutungen voll in Szene setzen. Zu Beginn schien die Überbetonung der weiblichen Formen etwas plakativ. Doch als sich Thérese entschlossen hatte, nicht mehr Frau sein zu wollen, sondern ein Mann zu werden, wurden die Verwandlungsbilder unterhaltsam umgesetzt. Auch die Szene mit den unzähligen Kindern, die Théreses Mann an ihrer Stelle in die Welt setzte, war einesteils zum Lachen, verzichtete jedoch nicht auf gesellschaftskritische Momente. Ein wichtigtuerischer Journalist in einem Altpapiercontainer ließ viele Rückschlüsse auch auf die aktuelle Medienberichterstattung zu. Und auf Elefanten als Symbol der erotischen Kraft wollen in diesem Jahr weder das FeldkirchFestival noch die Bregenzer Festspiele verzichten.

Kammerchor Feldkirch in Hochform

Einen überaus imponierenden Beitrag leisteten der Kammerchor Feldkirch sowie SchülerInnen des Musikgymnasiums. Martin Lindenthal studierte die anspruchvollen Chorpassagen ein. Doch nicht nur Gesang auf sehr hohem Niveau war gefordert, sondern auch viel schauspielerische Aktion. Zahlreiche darstellerische Chorpassagen erstarrten zu beeindruckenden Szenenbildern, in denen die SängerInnen verharrten.