Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Füssl · 09. Mär 2009 · Musik

Vom Star, der keiner sein will – oder doch?

„Österreichs Next Wunderkind“ (TAZ), „gilt als größte Hoffnungsträgerin der österreichischen Popmusik“ (profil), mit „Die Sphinx“ betitelte Coverstory im aktuellen KulturSPIEGEL – das Musikfeuilleton hat schon lange niemanden mehr so gepusht wie die 18-jährige, in Wien lebende Steirerin Anja Plaschg, die als Soap&Skin soeben die lange erwartete CD „Lovetune For Vacuum“ vorgelegt hat. Die Präsentationstour führte sie auch an den Spielboden.

Piano, Voice, Laptop & Weihrauch

Das Publikum wird schon am Einlass von Weihrauchschwaden empfangen – das „heilige“ Räucherwerk war zu allen  Zeiten eine Art olfaktorisches Hilfsmittel zur ersehnten Gottesbegegnung, bei Opferhandlungen – oder um den Tod zu bannen. Der Saal ist völlig abgedunkelt, die Bühnenbeleuchtung bewegt sich mit ganz wenigen Effekten ebenfalls vorwiegend im düsteren Bereich. Der passende Rahmen für Soap&Skin, die auf die Bühne huscht, das Publikum keines Blickes würdigt und loslegt. Klassisch-romantisch anmutende Pianofiguren, denen sie durch ständige, leicht variierende Wiederholungen eine beachtliche Intensität verleiht, bilden das musikalische Gerüst, das mit Elektronic-Klängen aus dem Laptop – von Streicherbombast bis zu Noisefragementen – zusätzlich aufgefettet wird. Mit leicht belegter, wohl kontrollierter Stimme intoniert sie ihre düsteren Gesänge, verliert sich zunehmend in ihren Emotionen, bricht in Schreie aus, zieht sich ins Flüstern zurück. Ein Stück nach dem anderen wird heruntergespielt, dass Publikum dabei ist, erscheint eher hinderlich. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, Soap&Skin könnte auch jederzeit aufstehen und die Bühne verlassen.

Katharsis oder Überdrüber-Show?

Es gibt null Kommunikation mit dem Publikum. Der ganze Auftritt erscheint eher als kathartischer Akt, den die Sängerin nur für sich selber durchzieht. Und als wollte sie alle medialen Seitenhiebe, die den Hype um ihre Person mit dem Testosteron-Haushalt angegrauter Journalisteneminenzen zu erklären versuchen, Lügen strafen, geizt sie mit ihrem Sexappeal, als gälte es, eine Aufnahmeprüfung in ein besonders streng geregeltes Frauenkloster zu bestehen.
Ist das wirklich alles echt, oder spielt Skin&Soap mit den Klischeevorstellungen und Erwartungshaltungen? Patti Smith, Tori Amos oder Nico – von der sie als einzige Fremdkomposition des Abends einen Song als Zugabe interpretiert – kommen einem in den Sinn. Traurigkeit, Depression, Melancholie und Düsternis können auch zu schlagenden Verkaufsstrategien werden.
„I was a child, I was a child, I was a child – I am a child“ singt sie einmal, und man nimmt es ihr ab. Soap&Skin verfügt ohne Frage über außerordentliche Talente, und es wird spannend sein, ihren weiteren Weg mitzuverfolgen. In welche Richtung er führen wird, erscheint angesichts dieses Auftritts noch völlig offen. Peter Füßl

CD-Tipp: Soap&Skin, Lovetune For Vacuum (Couch Records/PIAS). Im Vergleich zum Konzert spielen hier die Electronics eine weit größere Rolle, was vielleicht nicht jedermanns/fraus Sache ist, mir aber durchaus reizvoll erscheint.

Konzert-Tipp: Am 28. April wird in der Reihe "Songs & Voices" eine weitere hochgelobte, junge Singer-Songwriterin am Spielbode gastieren, die Schweizerin Sophie Hunger.

www.spielboden.at