Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 24. Jun 2013 · Musik

Vier Temperamente und eine erfrischende Ausgeglichenheit – Jubel für das „Quatuor Ebène“

Einen krönenden Abschluss bescherte das „Quatuor Ebène“ der Schubertiade Schwarzenberg. Die vier Musiker spielten auf höchstem Niveau Haydn und Schubert, aber ihren eigentlichen Triumph feierten sie mit der Interpretation von Béla Bartóks Streichquartett Nr. 4. Es war eine Freude zu erleben, dass die junge Musikergeneration selbstverständlich auch Werke des 20. Jahrhunderts im Repertoire hat. Und wenn Werkdeutungen so souverän in den Raum gestellt werden, reagiert auch das Schubertiade-Publikum modernen Ausdrucksqualitäten gegenüber begeistert.

Bemerkenswert am französischen „Quatuor Ebène“ mit Pierre Colombet, Gabriel Le Magadure, Mathieu Herzog und Raphael Merlin sind die unterschiedlichen Persönlichkeiten, die in diesem Quartett zusammengefunden haben. Jeder der vier Musiker verkörperte eine seinem Temperament entsprechende Rolle und meinem Eindruck nach bestimmten gerade die unterschiedlichen Charaktere die lebendige Musizierart maßgeblich mit.

Ein musikalischer Wandlungsprozess


Das vierte Streichquartett von Béla Bartók ist in der kompositorischen Anlage ein Meisterwerk mit vielen Inhalten. Die symmetrische angelegte Form, das zugrundeliegende Kernmotiv mit allen Variationen, Imitationen und spieltechnischen Verwandlungen sowie über die Satzgrenzen hinweg gesetzte motivische Klammern und die allmähliche Transformation von der Chromatik hin zu einem geerdeten musikalischen Fluss fesselten die Aufmerksamkeit vom ersten bis zum letzten Ton. Eine exakte Koordination der Quartettmusiker bewirkte einen mitreißenden motorischen Duktus im Eröffnungssatz, der von einer suchenden Geste im nachfolgenden Abschnitt abgelöst wurde. Brodelnde Tonbewegungen führten ins Zentrum des Geschehens. Im Mittelpunkt der Werkdeutung stand der dritte Satz, in dem die spezifischen Qualitäten des „Quatuor Ebène“ voll zum Ausdruck kamen.

Mit einer bewundernswerten Pianokultur verwebten die Musiker die Orgelpunkte, denen differenziert aufeinander abgestimmten Nuancen in der Tongebung besondere Färbungen verliehen. Auf diese Weise bildeten sich spannend nachvollziehbare Schwebezustände, in die Soli und kleine Motivfloskeln eingeschrieben wurden. Energiegeladen und auch mit Humor führte das Quartett den musikalischen Entwicklungsprozess hin zum tänzerisch und lebendig gestalteten Finalsatz. Die herausragende Werkdeutung ließ niemanden kalt und zog die Zuhörenden in ihren Bann.

Herausragende Pianokultur


Joseph Haydns „Kaiserquartett“, op. 76/3 und auch Schuberts Streichquintett (D956) mit dem Cellisten Nicolas Altstaedt wurden künstlerisch überzeugend ausgestaltet. Besonders im Hinblick auf die Tempogestaltung wies das Haydnquartett einige individuelle Züge auf. Die Aufmerksamkeit zogen die Überleitungen auf sich, in denen das „Quatuor Ebène“ besonders mit Klangqualitäten spielte. Auch im Streichquintett von Schubert faszinierten die Musiker vor allem mit ihrer Pianokultur, in der jede Stimme präsent war und die musikalischen Linien in einem schönen Ebenmaß zueinander in Beziehung gestellt erklangen.

Mit Blick in die richtige Richtung


Auch in anderen Konzerten der diesjährigen Schubertiade war eine Öffnung hin zur Musik des 20. Jahrhunderts erkennbar. Das traditionell eher konservative Publikum reagierte – zumindest bei jenen Konzerten, die ich erlebt hat habe – spontan und begeistert. So ist eine erfreuliche Dynamik in der jüngeren Musikergeneration zu erkennen, die in die richtige Richtung, hin in die Gegenwart weist.