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Silvia Thurner · 15. Jul 2016 · Musik

Unterschiedliche Charaktere zu einem stimmigen Ganzen zusammengeführt – Das Schumann Quartett und die Sopranistin Brenda Rae gestalteten ein erfrischendes Schubertiadekonzert

Die amerikanische Sopranistin Brenda Rae und das Schumann Quartett aus Deutschland gastierten mit einem ausgefeilten Programm bei der Schubertiade Hohenems. Den Rahmen bildete ein reizvolles Schubert-Arrangement von Aribert Reimann aus dem Jahr 1995 sowie die Motette „Exsultate, jubilate“ (KV 165) von W.A. Mozart. Vor allem in dieser Werkdeutung kam die stimmliche Brillanz der sympathischen Sängerin Brenda Rae voll zur Geltung. Die drei Brüder Erik, Ken und Mark Schumann sowie die Bratschistin Liisa Randula zelebrierten ihre Streichquartettkunst in einem selten erlebten Einverständnis. Dieses gewährte den Musikern viel gestalterischen Freiraum, den sie in Dvoraks „Slawischem Quartett“ und besonders in Mozarts Streichquartett (KV 590) spannungsgeladen auskosteten.

Franz Schubert hat die Lieder der Mignon nach Texten von Johann Wolfgang von Goethe mehrfach vertont. In seinem sechsteilig angelegten Werk kombinierte der deutsche Komponist Aribert Reimann frühe Fassungen von „Nur wer die Sehnsucht kennt“ (D481; D310) sowie „Heiß mich nicht reden“ (D726) und „So lass’ mich scheinen“ (D727) in einem musikalisch anregend verlaufenden Bogen. Die Verbindungsteile stammten aus dem Chorsatz (D 656) und dazwischen gelagert erklang „... eine kleine Stille“ (D469).

Innenschau und Jubel


Schlüssig fügten sich die unterschiedlichen Werke aneinander und sogleich präsentierte das Schumann Quartett seine spezifischen Qualitäten. Auf der einen Seite waren sie sensible Liedbegleiter für die Sopranistin, auf der anderen zelebrierten sie in den homophon geführten Passagen ihren gut abgerundeten und satten Gesamtklang. Feinsinnige Abschnitte wiederum wirkten wie „Lieder ohne Worte“, die von der ersten Violine aus geformt wurden. Die Sopranistin Brenda Rae fügte sich mit ihrem Timbre gut in das Streichquartett ein. Vor allem in der ebenmäßig geführten Melodielinie von „Heiß mich nicht reden“ wurde sie vom Quartettklang getragen. Bewusst nahm sich Brenda Rae in der Stimmführung zurück, um den intimen Charakter der Lieder zu unterstreichen.

Ihre besonderen Qualitäten auch als Koloratursopranistin kristallisierte die Sängerin in Mozarts Motette „Exsultate, jubilate“ (KV 165) heraus. Zwar deklamierte Brenda Rae eher wenig textdeutlich, aber die emotionale Kraft der Musik kam unmittelbar an und wirkte mitreißend. Die Sängerin und die Quartettmusiker phrasierten die Bögen transparent und Brenda Rae setzte die Koloraturen kristallklar in den Raum. Dass die Motette eigentlich für Orchester gesetzt ist, störte nicht, denn die Sopranistin verfügt über eine wunderbar facettenreiche und flexible Stimme, die auch im Piano mit voller Strahlkraft klingt.

Blindes Einvernehmen


Im Mittelteil des ausgiebigen Konzertabends interpretierte das Schumann Quartett das „Slawische Quartett“, op. 51 von Antonin Dvorak. In dieser Werkdeutung kamen die vier unterschiedlichen Persönlichkeiten der drei Brüder und der Bratschistin schön zum Ausdruck. Der Gesamtklang des Quartetts wirkte transparent und beschwingt vor allem auch durch die feine Tongebung des Violoncellos. Als Gegenpole dazu agierten Erik und Ken Schumann an den Violinen. Sie gestalteten ihre Parts mit einem sprechenden Duktus und großem Einverständnis, ergänzten sich prima durch ausgleichende emotionale Spielarten und schaukelten sich mit Elan gegenseitig auf. An der Bratsche war Liisa Randalu stets präsent, nahm musikalische Gedanken auf und trug sie weiter. In diesem stimmigen Einvernehmen kam das thematische Gegensatzpaar im Eröffnungssatz schön zur Geltung. Die Stimmungslagen in der gemütvollen Dumka und in der Romanza kosteten die Musiker mit Empathie aus. Im Finalsatz peilten sie die Zielpunkte der flinken melodischen Linien genau an und kristallisierten auf diese Weise den Esprit der Musik wirkungsvoll heraus.

Ebenmaß und Übermut


In Mozarts Streichquartett in F-Dur (KV 590) lenkte vor allem die Art, wie die Quartettmusiker das aufsteigende Hauptthema artikulierten. Sie setzten Bewegungsimpulse frei, die in schön ausgeglichenen Korrespondenzen durch die Instrumente geführt wurden. Das gleichberechtigte Miteinander im Andante, in dem jede Stimme einen gleichwertigen Part einnahm, stellte das Schumann Quartett geradlinig in den Raum. Fast übermütig wirkten der dritte und der vierte Satz, in dem zuerst die Vorschlagsmotive etwas grob artikuliert wirkten und das rasante Tempo des Finalsatzes zwar die harmonischen Modulationen zur Geltung brachte, jedoch der Musik insgesamt eine fast zu ausgeprägte Dramatik verlieh.

Im April wurde dem Schumann Quartett der BBC MUSIC MAGAZINE AWARD 2016 als Newcomer des Jahres verliehen. Die individuell und mit großer emotionaler Aussagekraft spielenden Musiker stellten bei der Schubertiade Hohenems ihre spezifischen Qualitäten eindrücklich unter Beweis.