Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 02. Mär 2010 · Musik

Ungewöhnliche Aktionen gehen schnell vorbei, aber sie hinterlassen Spuren. „Tribute to Peter Herbert“ war ein herausragendes Ereignis und ein großer Erfolg für alle Beteiligten

Zum Abschluss der Bludenzer Jazztage 2010, die Peter Herbert gewidmet waren, fanden sich viele Fans in der Remise ein. Dort war abermals zu erleben, wie vielseitig sich dieser Musiker im Laufe seiner Karriere entwickelt hat. Den Höhepunkt des Abends stellte ein Konzert mit dem Trio „Cech-Heginger-Herbert“ dar. Mit einem neu gestalteten Liederzyklus schuf der Kontrabassist eine „Hommage to Joni Mitchell“. Seine Art der Begegnung mit der Singer-Songwriterin begeisterte viele. Der neue Film von Gerhard Klocker „Peter Herbert - A Portrait in Motion“ ist radikal reduziert. Dadurch eröffnet er viel Raum für Interpretation, im positiven wie im negativen Sinn.

Seit zwei Jahren unterrichtet Peter Herbert auch an der „Bruckner Privatuniversität Linz“. Der Pianist Christoph Cech ist dort sein Chef, die Vokalistin Agnes Heginger seine Kollegin. Auf der Bühne sind sie gemeinsam ein höchst aufregendes Trio, das zu musikalischen Höhenflügen fähig ist und die Zuhörenden sofort in seinen Bann zieht. Alle drei steuerten eine Komposition bei und zeigten ihre individuelle kompositorische Gestaltungskraft. Eine ausgezeichnete Korrespondenz zwischen den Musikern schuf in Christoph Cechs Werk ein dichtes Klanggefüge mit eruptiven und intimen Zwiegesprächen. Im Mittelpunkt stand die Stimmkünstlerin Agnes Heginger, die über ein Universum an vokal-instrumentalen Klängen und Modulationen verfügt. Sie formte die Sounds eines Schlagzeugs mit der gleichen Selbstverständlichkeit und Plastizität wie sie zum Brustton einer Sopranistin ansetzte. Dadurch entstanden mitteilsame Gespräche zwischen imaginierten Protagonisten, die ein spannendes Beziehungsgeflecht entwarfen. 

Glanzpunkt in der ersten Session

Lyrisch war der Ansatz von Agnes Hegingers Komposition mit dem Titel „Avalon“. Besonders in diesem Werk forderte Peter Herbert seine MitmusikerInnen heraus und entwickelte einen mitreißenden Drive. Was in weiterer Folge die Aufmerksamkeit auf sich lenkte, verdient höchste Bewunderung. Souverän gestaltete die Vokalistin, Stimmakrobatin und Sängerin Bassgänge eines Klaviers, rhythmisierte Klangfetzen unterschiedlicher Sounds und Naturlaute. Dabei wechselte sie mit einem Wahnsinnstempo die Hörperspektiven und Rollen. Diese Passage war für mich der Höhepunkt des Abends. Peter Herberts Stück „Älter geworden“ wirkte überraschend expressiv und zugleich traumwandlerisch auf mich. Über einem wellenförmigen Klangfundament spielte Christoph Cech einen lyrischen Klavierpart, auch mit gezupften Saiten im Korpus des Klaviers. Flageoletts und hohe Tonlagen im Gesang sowie röchelnde und hechelnde vokale Passagen unterstrichen den etwas befremdend wirkenden Charakter dieses Werkes. 

Vieldeutig befremdend

Der neue Film von Gerhard Klocker brachte mich ziemlich durcheinander. Zehn Minuten wurde der Gesichtsausdruck von Peter Herbert während eines Flugs mit der Yak52 des Flugsportvereins Andelsbuch gefilmt. Ich verstand wohl die Anspielungen auf den viel reisenden Künstler, auf seine künstlerischen Höhenflüge und immer neuen perspektivischen Sichtweisen, Peter Herberts Neugier neuen Ufern und Fragestellungen gegenüber und seine Risikobereitschaft. Allerdings erlebte ich den Film in erster Linie als Psychogramm eines Menschen, der vollkommen inaktiv den ihn umgebenden Bedingungen ausgesetzt ist. Peter Herbert wirkte wie in einen Kokon gesperrt, Kopfhörer raubten ihm noch dazu einen wichtigen Sinn. Blicke verrieten die Neugier, sie waren aber auch Ausdruck davon, dass er sich vollkommen ausgesetzt dem Geschehen fügen muss. Verstärkt wurde dieser beklemmende Eindruck noch durch den Soundtrack (bass instinct und Wolfgang Mitterer), der ein raumgreifendes, „röhrendes“ Klangband entfaltete. So kenne ich den in sich ruhend wirkenden und äußerst aktiven Musiker Peter Herbert nicht, und ich hoffe für ihn, dass mein Erleben schlicht eine Fehlinterpretation ist.

Dem Innenleben nachspüren

Peter Herbert ist seit vielen Jahren ein glühender Verehrer von Joni Mitchell. Ihre Lieder und Texte begeistern ihn und brachten seine kompositorische Ader zum Schwingen. Sieben Lieder arrangierte er für Streichquartett, Kontrabass, Klavier und Elektronik. Den Gesangspart gestaltete die Sängerin Ena. Mitchells Songs „Blue“, „Slouching Toward Bethlehem“, „Cherokee Louise“, „Love“, „You Dream Flat Tires“ „Moon At The Window“ und „Wild Things Run Fast“ näherte sich Peter Herbert sehr persönlich. So entstanden musikalische Interpretationen der Lieder. Es wurden charakteristische atmosphärische Felder geschaffen und filigrane Klangbilder gewoben, die Ena stimmungsvoll ausformte. Viele der Anwesenden reagierten begeistert. Mich ließen die Lieder eher unberührt. Noch dazu kam die Rolle von Wolfgang Mitterer, der die live electronics gestalten sollte, nicht zum Ausdruck. Zum Abschluss der drei intensiven und sehr erfolgreichen Tage gab es eine Jamsession mit Alex Deutsch, Christoph Bernewitz, Benny Omerzell, Herbert Walser-Breuß und Peter Herbert.

Feuerwerk der besonderen Art

In all den Jahren seines Künstlerlebens war Peter Herbert ein passionierter Sammler von Zündholzschachteln. Nun, zur Lebensmitte wurden die Zündhölzer mittels einer „Amateurbombe“ in einer pyromanischen Aktion von Elisabeth Kopf und Daniel Jarmann am Vorplatz der Remise verpulvert. Auf zu vielen neuen Ufern während der kommenden fünfzig Jahre!