Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 08. Aug 2011 · Musik

Traum und Wirklichkeit – Detlev Glanert, Komponist des Festspielschwerpunktes 2012, kuratierte die Orchestermatinee der Wiener Symphoniker

Unter der Leitung der chinesischen Dirigentin Xian Zhang boten die Wiener Symphoniker eine virtuose Orchestermatinee, in der das erzählende Moment in der Musik viel Beachtung fand. Zu hören waren das zweite Klavierkonzert von Franz Liszt, Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ und das Werk „Insomnium“ von Detlev Glanert. Diese Komposition ist eine Vorstudie zu Glanerts neuer Oper „Solaris“, die nächstes Jahr in Bregenz präsentiert wird. Im Mittelpunkt der Matinee stand die Pianistin Nareh Arghamanyan. Sie gestaltete das Liszt-Konzert virtuos und in guter Kommunikation mit dem Orchester.

Spannend wurde das Orchesterwerk „Insomnium“ von Detlev Glanert eingeleitet. Aus der Stille entwickelten sich irisierende Tonfloskeln, die allmählich von unten gestützt wurden. Fein verwoben breitete sich eine Klangfläche aus, die mit stets größer werdenden Gesten in sich wellenförmig bewegt wurde. Die Holzbläser brachten kommunikative Melodien ein. Raffiniert steigerte Glanert den Duktus, indem das zuerst abgerundete Ausgangsmotiv in immer zackigeren Linien hingeschmettert und kraftvoll zum Kulminationspunkt geführt wurde. Vor allem die Transformationen des Ausgangsmotivs in perkussive Klangballungen sowie melodiöse Linien bewirkte eine transparente Musik.

Orchesterfarben eingesetzt

Detlev Glanert ist ein Meister der Instrumentationskunst. Farbenreich stellte er aus dem großen Orchesterapparat unterschiedliche Klangtupfer und groß angelegte Klanglinien zusammen. Lediglich nach dem ersten Höhepunkt dauerte es lange, bis sich die musikalischen Stränge wieder bündelten. Jedenfalls kann man gespannt auf die Oper „Solaris“ sein, in der sich Detlev Glanert dem berühmten gleichnamigen Roman von Stanislaw Lem zuwendet.

Graziös und kraftvoll zugleich

Franz Liszt Klavierkonzert Nr. 2 in A-Dur interpretierte die erst 22-jährige Pianistin Nareh Arghamanyan zusammen mit den Wiener Symphonikern. Sie spielte energisch und kraftvoll, lyrisch in den verweilenden Passagen und in einer ausgewogenen Kommunikation mit dem Orchester. Ganz im Jetzt wirkten die einzelnen Passagen geformt, mitunter wurden dabei die übergeordneten Phrasierungsbögen oder das Ziel der einzelnen Gesten etwas zu wenig fokussiert. Ein Höhepunkt war die Zwiesprache mit dem ausgezeichnet gespielten Cellosolo, in der die Solistin mit verhaltener Geste antwortete.

Was die Welt in Tönen bewegt

Mit der Tondichtung „Also sprach Zarathustra“ führten die Wiener Symphoniker und Xiang Zhang das Publikum in die musikalische Welt des Richard Strauss. Er verarbeitete in seinem Werk frei nach Friedrich Nietzsche die Gegensätze zwischen Individuum und Gesellschaft, Mensch und Natur, Gut und Böse. Dazu fand er ausgesuchte Klangmittel, die in dieser Werkdeutung mit viel Aussagekraft dargeboten wurden. Mit feinsinniger Zurückhaltung zeichnete das Orchester die Morgenröte nach, allmählich setzten sich die berühmten Klangpassagen in Bewegung. Die ausgeklügelte Tempowahl strukturierte die einzelnen Abschnitte sinnvoll, so erzählte die Musik „Von den Hinterweltlern“, „Von der großen Sehnsucht“, „Von den Freuden und Leidenschaften“ und anderem. Die auffallend dargebotenen Naturtöne und die suchenden Gesten, die vielgestaltigen harmonischen Färbungen und die mitteilsamen musikalischen Linien beispielsweise im „Genesenden“ und im „Tanzlied“ bewirkten eine inhaltsreiche Werkdeutung. Xiang  Zhang überzeugte als Dirigentin, denn sie modellierte die in sich gekehrten Passagen zurückhaltend und ließ der orchestralen Kraft in den bombastischen Ausbrüchen freien Lauf.