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Fritz Jurmann · 19. Okt 2013 · Musik

Träume werden wahr - Im Rittersaal der Schattenburg Feldkirch steht jetzt ein neuer Flügel

Weihnachten ist zwar erst in zwei Monaten, dennoch ging für die rührige Gesellschaft der Musikfreunde Feldkirch zu ihrem 40-jährigen Bestehen bereits jetzt ein Langzeitwunsch in Erfüllung. Im Rittersaal der Schattenburg, wo der Verein seine beliebten sommerlichen Schlosskonzerte veranstaltet, steht seit kurzem ein neuer Flügel. Das prächtige, schwarz lackierte Instrument wurde am Freitag in einem eindrucksvollen Benefizkonzert mit Musik von Franz Schubert durch die beiden renommierten heimischen Solisten Karin-Regina Florey, Violine, und Hans-Udo Kreuels, Klavier, eingeweiht.

In die Jahre gekommen


Der Saal der Schattenburg wirkt so, als sei die Zeit dort seit etwa einem halben Jahrhundert stehen geblieben: akustisch ansprechend, doch etwas in die Jahre gekommen, im Sommer ohne Klimaanlage oft brütend heiß und in der Ausstattung altbacken. Apropos: Der Duft der berühmten Schattenburg-Schnitzel aus der darunter liegenden Schlosswirtschaft ist zudem eines der Kriterien, die dem Saal sein unverwechselbares Flair verleihen. Und dennoch oder gerade deswegen möchte diesen Raum in der Montfortstadt wohl niemand mehr missen, als heimeligen, fast familiären Treffpunkt von Musikfreunden und Gleichgesinnten. Deshalb hat man seitens der Stadt auch investiert: eine neue Heizung, neue Bestuhlung. Und jetzt sogar einen neuen Flügel, nachdem der alte „Kaway“ dort schon längst seinen Geist aufgegeben hatte.

Die Bestrebungen dazu reichen ins Jahr 2005 zurück, als Musikfreunde-Obmann Michael Buchrainer, pensionierter Professor für Gitarre am Landeskonservatorium und Komponist, den ersten Vorstoß wagte. Er fand offene Ohren bei der Stadt und man sparte ein Sümmchen an, das durch die Feldkircher Sparkasse noch aufgefettet wurde. Den Rest hoffte man über Spenden und dieses Benefizkonzert für das geneigte Feldkircher Publikum hereinzubringen. So konnten die Musikfreunde, ausgestattet mit einem guten finanziellen Polster, an die Anschaffung schreiten.

Pianist mit Fachkompetenz


Mit seiner langjährigen Fachkompetenz war Vizeobmann Hans-Udo Kreuels dafür der rechte Mann, der in Wien mit der Vertriebsfirma „Steinway“ über die Anschaffung eines „Boston“-Flügels rasch handelseins wurde. Das gute Stück besitzt mit 37.000 Euro den Wert eines schnittigen Autos und ist dennoch ein Schnäppchen, denn vergleichbare Instrumente dieser Größenordnung kosten glatt das Doppelte. Der Flügel passt, wie sich zeigte, mit seiner Länge von 2,15 Metern räumlich und klanglich ideal in diesen Saal. An ein Wunder grenzt es, wie das über 400 kg schwere Instrument nach längerem Kopfzerbrechen über die schmale alte Holzstiege in den zweiten Stock der Schattenburg hinauf gehievt werden konnte.

Und jetzt steht er da, der „Boston“, und alle sind glücklich darüber bei diesem Benefizkonzert, das über Eintritte von 35 Euro und den Verkauf von Manfred A. Getzners 33-teiliger CD-Sammlung mit „Musik aus Feldkirch“ zumindest einen Teil des noch offenen Restbetrages erbringen soll. Die Reihen bleiben zwar eher schütter besetzt, dafür gibt es als Dankeschön anschließend noch ein Buffet. Sogar Bürgermeister Wilfried Berchtold hat den steilen Weg hier herauf gefunden, um sich für die Großzügigkeit der Stadt feiern zu lassen.

Schubert im antiquierten Ambiente


Vor allem aber gibt es an diesem Abend ganz viel schöne Musik, eine große Portion Schubert, der mit seiner Musik so wunderbar in dieses etwas antiquierte Ambiente passt. Auch die beiden Künstler des Abends haben im Sinne des Projektes auf ein Honorar verzichtet: Karin-Regina Florey, am Landeskonservatorium tätige Ausnahmegeigerin mit internationalen Soloverpflichtungen, und der Pianist, Komponist und Pädagoge Hans-Udo Kreuels, nach vielen Jahren Unterrichtstätigkeit am Konservatorium kürzlich in Pension gegangen, bestreiten den ersten Teil mit den beiden Violinsonaten D 408, g-Moll, und D 385, a-Moll. Das erste Werk ist fröhlicher, lebensbejahend, im zweiten findet man öfter die für Schubert so typischen melancholischen Wendungen.

Man hat diese auch bei der Schubertiade immer wieder zu hörenden Werke des 19-jährigen Schubert oft geringschätzig als bloße „Sonatinen“ und damit Gebrauchs- und Unterrichtsliteratur abgetan hat. Doch die beiden Künstler beweisen in ihrer Interpretation mit engagiertem Zugriff, in gelungenem Einvernehmen und vielen melodiösen Ruhepunkten in den langsamen Sätzen, wie viel an kostbarer und gehaltvoller Musik in diesen Werken steckt. Auch den fordernd hohen technischen und gestalterischen Ansprüchen an die beiden absolut gleichberechtigten Instrumente kommen sie risikofreudig und in brillanter Ausdeutung nach. In der Balance haben sich die beiden Musiker rasch gefunden, der hier nur halb geöffnete Flügel verfügt über den für Schubert passenden weichen Wohlklang mit einem satten Bassregister und zeichnet elegant.

Der Flügel im vollen Glanz


Nach der Pause wird der Deckel des Instruments dann voll geöffnet, der neue Flügel erstrahlt klanglich in vollem Glanz unter den Händen von Hans-Udo Kreuels, der den bekannten vier Impromptus D 935, reifer Klaviermusik aus Schuberts vorletztem Lebensjahr, eine ganz persönliche, hoch inspirierte Note verleiht. Er gibt jedem der vier so unterschiedlich gestalteten Stücke, die man immer wieder auch als zusammenhängende Sonate gesehen hat, die individuelle Note, differenziert kontrastreich, versteht zu singen. Und überhöht das rhythmisch zerklüftete letzte Stück, „Allegro scherzando“, zu einem finalen Feuerwerk der Virtuosität. Wenn auch nicht alles mit letzter Perfektion gelingt – Kreuels enorme Musikalität seiner Gestaltung im Geiste Schuberts macht diese Darbietung kostbar und einzigartig.