Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 14. Mai 2012 · Musik

Tollkühne Frauen in der Volksmusik – Evelyn Fink-Mennel stellt Volkslieder in einem erfrischenden Licht dar

Evelyn Fink-Mennel hatte zur CD-Buchpräsentation „Wib ischt Ma, Ma ischt Wib“ geladen und der Besucherandrang im Frauenmuseum Hittisau war derart groß, dass zahlreiche Interessierte nicht eingelassen werden konnten. Ein Tag zuvor war die neue Ausstellung über „Tollkühne Frauen“ eröffnet worden und frelich gab und gibt es diese auch im Bereich der Volksmusik. Live musizierte Darbietungen mit zahlreichen Freunden der Musikerin und Buchautorin machten das Gesprächskonzert zu einem Fest. Darüber hinaus erfuhren die Zuhörenden viel über das Zusammenwirken der Volksmusik mit der Alltagskultur und gesellschaftspolitischen Gegebenheiten.

Seit Mitte der 90er-Jahre betreibt die Musikerin, Pädagogin und Musikethnologin Evelyn Fink-Mennel Feldforschung, recherchiert über das Liedgut und die Volksmusik im Bregenzerwald in den vergangenen Jahrhunderten. Vielfältige Erfahrungen bewirkten bei Evelyn Fink-Mennel eine veränderte musikalische Praxis. Sie lenkt die Aufmerksamkeit weg von der Volksmusikpflege hin zu einem kreativen Umgang mit dem Liedgut und Musikschaffen, das die Volkslieder (wieder) in das Alltagsleben zu integrieren versteht.

Musik hören und über Musik lesen

Im Team mit Margret Broger vom kulturbahnhof Andelsbuch und Stefania Soraperra sowie Elisabeth Kopf und Eva Engel ist in der „edition bahnhof“ nun ein ansprechendes CD-Buch entstanden, das einlädt, mit Augen und Ohren in die Welt der Volksmusik des Bregenzerwaldes einzutauchen.

Einen Gutteil der eingespielten Lieder und Musikstücke musizierte Evelyn Fink-Mennel beim Präsentationsabend. Dazu sprach und erklärte die Autorin zahlreiche Wirkzusammenhänge. Amüsant machte sie auf die vielen Symbole und Anspielungen in Volksliedern aufmerksam. Die zahlreichen Lieder über Mühlen beispielsweise boten hervorragende Gelegenheiten, um Liebschaften zu pflegen. Einflüsse von Außen aufzunehmen und diese in der Talschaft weiter zu entwickeln, war immer schon eine besondere Fähigkeit der BregenzerwälderInnen, die sich selbstverständlich auch im Liedgut niedergeschlagen hat. Musikbeispiele, die die Grenzenlosigkeit der Volkslieder illustrierten, wurden mit der „Jungfern Vesper“ angesprochen. Auch die Verbindung des allseits bekannten Wälderbähnle mit einem Lied aus Mittelamerika und einem niederösterreichischen Wirtshauslied sowie die Beziehungen zwischen dem kroatischen Volkslied „Divoj ica“ und dem Lied „Ufom Waso“ wurden erlebbar. Volkslieder als Ventil und Ausdruckmittel für Unaussprechliches stellten die MusikerInnen mit dem Lied „Dort beim See da drunt“ vor. Eine Delikatesse war die rapartige Interpretation der „Vogelhochzeit" mit Johannes Bär als Vokalpartner.

In welcher Form und inwieweit die ZuwandererInnen und soziokulturelle Veränderungen auch in der Vergangenheit die Dialektlieder beeinflusst haben, ist ein spannendes Thema, das ein weites Forschungsfeld eröffnet. Im CD-Buch sind derartige Verbindungslinien minutiös aufgearbeitet und mit Quellen versehen, so dass die Wirkungsgeschichte und die Herkunft mancher Lieder oft mit einem anderen Blick auf die Geschichte nachvollziehbar werden.

Kreative MusikerInnen

Alle MusikpartnerInnen (Johannes Bär, Isabella Fink, Wilma Fink, Felipe Jauregui, Carlos Peralta, Sergio Wagner und der Schwendechor), die Evelyn Fink-Mennel zur Zusammenarbeit eingeladen hat, zeichnen sich durch eine kreative Spielfreude und spontane Experimentierlust aus. Diese Spontaneität ist auch das Markenzeichen von Evelyn Fink. Bemerkenswert ist der interpretatorische Zugang, den die MusikerInnen und auch der Schwendechor beim Konzert in Hittisau wählten. Nie ging es lärmend oder gar oberflächlich und spektakulär zu. Viel mehr musizierten und sangen alle feinsinnig und auf das Wesentliche konzentriert, um so die Charakterzüge der Lieder zu betonen.

 

Buchtipp
Fink-Mennel, Evelyn: Wib ischt  Ma, Ma ischt Wib. Musikgeschichten von gestern bis heute. Edition bahnhof Andelsbuch, 2012.

Konzerttipp

Am 20. Mai 2012 um 10:15 Uhr wird die CD-Buchpräsentation und das Konzert im kulturverein bahnhof in Andelsbuch wiederholt.