Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Anita Grüneis · 06. Okt 2018 · Musik

Tiefgekühltes heiß serviert von Martin Grubinger

Werke von Johann Strauss, Avner Dormann und Anton Bruckner standen auf dem Programm des TAK-Konzerts im Vaduzer-Saal. Stargast war der österreichische Perkussionist Martin Grubinger. Das Publikum feierte ihn mit Standing Ovations. Gespielt wurden die Werke vom Orchestra della Svizzera italiana unter der Leitung von Markus Poschner, dem Chefdirigenten des Bruckner Orchesters Linz ist. Dass ihm die Musik von Anton Bruckner besonders am Herzen liegt, war an diesem Abend deutlich zu hören.

Doch zunächst wurde das Publikum mit einer äußerst rasanten Ouvertüre zu Johann Strauss’ „Fledermaus“ eingestimmt. Der Komponist hatte darin alle Qualitäten seiner Operette wie in einem Geschenkpaket vereint. Markus Poschner öffnete das Päckchen mit seinen Musikerinnen und Musikern, und schon erklang die sentimentale Rückerinnerung an selige Walzerstunden, das Ticken der Taschenuhr, die feuchtfröhliche Champagnerseligkeit und, zum stummen Mitsingen, „Oje, oje wie rührt mich dies“. Beinahe im Galopp ging es in den Endspurt und noch einmal brachte das Orchester das berühmte Werk von Johann Strauss zum Sprühen und Glitzern.  

Die gefrorene Zeit unseres Planeten

Von der Operette wurde das Publikum flugs ins Jahr 2007 gebeamt, als das Stück „Frozen Time“ des heute 43-jährigen Avner Dorman uraufgeführt wurde. Solist war damals der 25-jährige Martin Grubinger, der als Perkussionist die Musikwelt revolutionierte. In der Folge spielte Grubinger dieses Werk immer wieder mit unterschiedlichen Orchestern, und jedes Konzert war ein außergewöhnliches Ereignis. „Frozen Time“ fror nicht mit der Zeit, im Gegenteil, es blieb weiterhin „heiß“ wie bei seiner Geburt. Avner Dorman hat darin Momentaufnahmen der Erdgeschichte festgehalten: Indoafrica, Eurasia und The Americas – drei Sätze, in denen Martin Grubinger, das Orchester und Markus Poschner das Werden unseres Planeten wie in einem Film auferstehen ließen. Mal wuchtig, als würden Eislawinen von Bergen herunterdonnern, dann wieder sanft wie Regentropfen, die im Sand verschwinden.  

Martin Grubinger als Hochleistungskünstler

Martin Grubinger scheint nicht nur zwei, sondern viele Arme und Hände zu haben, ob Marimba, kleine oder große Trommel, Becken, Congas, Bongos oder Xylophon  er brachte alles mit Klöppeln, Sticks oder mit bloßen Händen zum Klingen. Er konnte laut, aber auch sehr leise – dann schien es, als würde er die Töne abwiegen. Dirigent Markus Poschner führte das Orchester immer an der Kante des Spiels von Martin Grubinger entlang. Extrem feinfühlig passte er sich an und manchmal schien es, als könne er das Orchester wie mit einem Fader hoch- und zurückfahren. Das klirrte, wurde frostig weich, dann wieder fast schmerzhaft grell. Die Geigen schwangen sich ein, nahmen die Töne auf, trugen sie weiter, bis alles verebbte. „The Americas“ übernahmen die Bühne, das Saxophon swingte, das Orchester war mal Begleiter, mal Gegner des Solisten, der blitzschnell seine Instrumente wechselte, sich in seiner Perkussions-Manege wie ein Wiesel bewegte und dabei alles zu energetisieren wusste. Mit tosendem Applaus und Standing Ovations dankte das Publikum und erhielt dafür eine der berühmten Zugaben: „Planet Rudiment“ zwei Sticks bringen um die 1.000 Beats pro Minute auf die Snare-Drum. Da wird Schlagzeugspielen zum Hochleistungssport!

Die Musik Anton Bruckners zum Erleben

Markus Poschner ist seit letzter Saison Chefdirigent des Bruckner Orchesters Linz. Dass er mit Anton Bruckner etwas „am Laufen“ hat, war deutlich zu hören. Ob weit ausholend, exzessiv, mit rasantem Tempo oder einem disziplinierten Pianissimo – Poschner führte sein Orchester akkurat und diszipliniert, er achtete auf Nuancen, ließ flirren und schwirren und davonpreschen, aber immer wieder war eine kleine Schwermut hörbar, oder besser: Wehmut. Das Orchester erzählte mit der Linzer Fassung der Ersten Sinfonie in C-Moll auch Geschichten vom Leben des Organisten Bruckner, einem unermüdlich Schaffenden, der in seinem Leben so oft geschmäht wurde und dabei doch so großen Einfluss auf die Musikgeschichte hatte. Markus Poschner muss ihn sehr schätzen.