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Peter Bader · 07. Okt 2011 · Musik

Tabla-Technik auf der E-Gitarre - Die Jonas Hellborg Group am Spielboden

Das Konzert der Jonas Hellborg Group feat. Ginger Baker im Dornbirner Spielboden wurde als Musik-Gipfeltreffen des Jahres angekündigt. Und wirklich: Stellenweise glaubte man seinen Ohren und Augen nicht zu trauen.

Das Sonderkonzert in der Reihe Jazz& am vergangenen Mittwochabend wurde mit Spannung erwartet. Denn der schwedische Ausnahme-Bassist Jonas Hellborg brachte niemand Geringeren als die englische Schlagzeug-Legende Ginger Baker mit nach Dornbirn. Baker drückte einigen legendären Formationen seinen musikalischen Stempel auf; mit dem Power-Trio Cream etwa, der ersten Supergroup des Rock, schrieb er ab 1966 knapp drei Jahre lang Musikgeschichte und definierte zusammen mit Eric Clapton und Jack Bruce eine neue Gewichtsklasse in der Rockmusik. Den 72-jährigen Drummer im Rahmen einer Europa-Tournee zusammen in einer Band mit Jonas Hellborg im Spielboden zu erleben, war eine Chance, die sich wohl kein zweites Mal ergeben wird. Und so war der Spielboden an diesem Abend gut besucht.

Nicht ein Konzert gleicht dem anderen

Hellborg eröffnete das Konzert allein in der Mitte der Bühne sitzend mit einem Solo auf der semi-akustischen Bassgitarre. Barfuß, in sich gekehrt, entwickelte er ausgehend von wenigen (Flageolet-)Tönen eine immer intensiver und dichter werdende virtuose Improvisation, in die er verschiedene Techniken einfließen ließ: etwa verwegenes akkordisches Spiel und funkiges Slapping. Diese Textur verfehlte ihre soghafte Wirkung nicht. Und endete, wo sie begonnen hatte: mit einzelnen Flageolet-Tönen. Damit führte Hellborg gleich zu Beginn des Konzerts etwas vor, was als programmatisch für diese Formation angesehen werden kann: Jedem der vier Musiker wurde viel Platz für das Improvisieren gelassen. In den Nummern genauso wie in expliziten Solo-Parts. Nummern wie „Hagar's Breakfast“, „Halibut“, „Kids of Zurich“ oder „Why“ bildeten so gesehen den Rahmen für die ausgiebigen Improvisationen der Bandmitglieder. Die Absicht dahinter: Kein Konzert dem anderen gleichen zu lassen.

Perkussive Klänge auf der E-Gitarre

War man beim Klang des Namens Baker auf die Begegnung mit einer Musik-Legende eingestellt, wurde man umso mehr durch den schwarzen E-Gitarristen Regi Wooten überrascht. Seine Gitarrentechnik kann wohl ohne Umschweife einzigartig genannt werden. Was er in seiner Solo-Improvisation vorzeigte, hat die Welt noch nicht gesehen. Und kann auch schwer beschrieben werden. Grundlage ist wohl eine unorthodoxe, aber äußerst präzise Schlagtechnik der rechten Hand, die auch das Griffbrett einbezieht und in ihrem aberwitzigen Tempo staunen machte. Stellenweise kam es einem vor, als würde der Gitarrist sein Instrument in einer Art Tabla-Technik bearbeiten und schnelle rhythmische Figuren aus der indischen Musik realisieren. Kurz: Wooten produzierte - perkussive - Klänge, die man so noch nicht gehört hat in Dornbirn. Tosender Applaus.

Begeistertes Publikum im Spielboden

In seinem spannenden Solopart kommunizierte der schwarze Perkussionist Dodoo Abass mit dem Publikum, auf dessen Klatschen der Viertelnoten er seine Grooves aufbaute. Dieser Part mündete in ein Duett mit Ginger Baker. Ein Duett, in dem der Energiepegel stetig stieg und jene afrikanischen Rhythmen zu hören waren, die Grundlage für Bakers eigene Band Airforce gewesen sind. Die letzte Nummer des kurzweiligen Sets war dann auch eine Reminiszenz an Bakers Zeit mit dieser Band: „Early in the morning“. Aufbauend auf die Konfliktrhythmik, die die Überlagerung von binärer und ternärer Subdivision der Viertelnote mit sich bringt, erklang das bekannte Riff, bei dem das Publikum zum Mitmachen animiert wurde: „Uh“ erschallte es lautstark im Saal auf den dritten Schlag im letzten Takt der rhythmischen Achtviertelfigur. Begeisterter Applaus. Eine Zugabe.