Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 22. Feb 2009 · Musik

Spieltechnisch und musikalisch sind Aki Takase und Louis Sclavis keine Grenzen gesetzt

Die Pianistin Aki Takase und der Bassklarinettist Louis Sclavis waren mit ihren eigenen Bands schon am Spielboden zu erleben. Als Duo standen sie gestern in Dornbirn zum ersten Mal auf der Bühne. Spieltechnisch sind den beiden keine Grenzen gesetzt, souverän und virtuos durchschreiten sie die Klangräume, gestalten feingliedrig rasende Riffs und unterstreichen ihre musikalischen Ideen mit kraftvollen rhythmischen Tonballungen. Spannend war die Frage, welche Grundüberlegungen ihre musikalischen Welten prägen.

Aki Takase spornt an

Jedes der dargebotenen Werke war geprägt durch einen gut nachvollziehbaren, individuellen Charakter. Aki Takase agierte kraftvoll, mit fein ziselierten Gedanken, die sie in Tonaggregaten bündelte, jedoch immer wieder geistreich zersplitterte und so klare musikalische Gedankenwelten entfaltete. Zu Beginn schien sie Louis Sclavis anzuspornen, sie unterbreitete ihm ihre musikalischen Ideen, die er aufnahm und auf der Bassklarinette auf seine Weise formte. Schon in der ersten Nummer von Aki Takase „F.G.L.“ wurde die außerordentliche Qualität des gemeinsamen Spiels deutlich, denn klar führten der Bassklarinettist und die Pianistin die unisono geführten Linien aus. Mit Speed und besonderem Augenmerk auf die Klangfarben zwischen hell und dunkel erklang „Windhoek Suite“ von Louis Sclavis. Beziehungsreich waren in weiterer Folge die charakteristischen Eigenheiten der beiden Musiker mitzuerleben.

Plastische musikalische Gebilde

Aki Takase schien am Klavier mit den klingenden Tönen und Akkorden in einen korrespondierenden Dialog zu treten. Sie ließ sich Zeit in der Gestaltung plastischer Tongebilde, die sie in weiterer Folge mitunter temperamentvoll ausformte. Cluster und Tonballungen wirkten jedoch nie künstlich aufgebläht, sondern überzeugten durch ihren Selbstzweck. Vor allem in jenen Werken, in denen die musikalische Zeit und die Verhältnisse zwischen Klangereignis und Stille als besondere Gestaltungsmittel dienten, zelebrierte die Pianistin auch Klangfarbenkontraste. Besonderes Augenmerk lenkte in dieser Hinsicht „buen aperiro“ auf sich. Perkussiv zum Einsatz kam das Klavier, indem die Saiten präpariert wurden. Teller, Schalen, Bälle, Klammern und Streifen setzten farbige Akzente. Poetischer Erzählfluss Louis Sclavis’ Stücke zeichneten sich vor allem durch einen erzählerischen Grundcharakter aus. Er personifizierte sein Instrument und schuf vor allem in „le temps d’après“ besondere Spannungsmomente durch beziehungsreich gesetzte Pausen. So entstanden Erwartungshaltungen, die mit überraschenden Wendungen beantwortet wurden. In diesem Stück stellte Louis Sclavis zudem seine spieltechnische Raffinesse eindrucksvoll zur Schau. Besonders seine Zirkularatmung und die unglaublich schnell gespielten musikalischen Linien, zusätzlich aufgespaltet durch Trillermotive, ließen viele ZuhörerInnen den Atem anhalten. Ebenso virtuos und mit einem bildhaften Duktus erklang Sclavis Werk „contre contre“, durchsetzt mit kreischenden Multiphonics, die der Musik animalische Züge verlieh.

Gemeinsames Ausloten der Klangqualitäten

So spektakulär das Konzert im Hinblick auf die Spieltechnik von Aki Takase und Louis Sclavis wirkte, so qualitätvoll waren auch die dargebotenen Kompositionen und Improvisationen der beiden. Vor allem in der abschließenden Improvisation unterstrichen sie ihren Zugang zur Musik nochmals. Denn geleitet werden sie in erster Linie von ihrem Interesse an den Ton- und Klangqualitäten. Resonanzen und das Nachhören von Tonbeziehungen zueinander, stets verbunden mit einer bewusst gestalteten zeitlichen Perspektive, sind die Grundpfeiler ihrer emotional mitreißenden Musik.