Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Peter Ionian · 31. Dez 2017 · Musik

Das Ski Schuh Tennis Orchestra treibt zu sportlichen Höchstleistungen an

Das Ski Schuh Tennis Orchestra fällt sofort durch den ungewöhnlichen Namen auf. Ein Tribut an ein Sportwarengeschäft, das vielmehr menschlich statt kommerziell geführt wurde. Aber eben leider dementsprechend insolvent wurde. Die Lehre daraus hat sich das Ski Schuh Tennis Orchestra auf die Fahnen geschrieben: Weniger um das goldene Kalb tanzen, sondern sich für die Sonnenstrahlen öffnen. Es ist eine Art Reggae‐Ska‐Balkan‐Dub Open Source Projekt und will seine Botschaft mit geballten Fäusten und brennenden Herzen in alle Winde verbreiten. Am 30. Dezember präsentierte die Band am ausverkauften Spielboden Dornbirn ihr Debütalbum.

Das Tanzbein altert nicht


Ausverkauft! Eigentlich war es sogar absehbar, aber als dann in der Woche vor dem Konzert die Meldung rausging, startete eine verzweifelte Suche all derjeniger, die bis dato noch keine Karte hatten. Auf Facebook wurde mit Tickets gehandelt, als ob eine legendäre Abschlusstournee stattfinden würde, wobei die Suchanfragen die Angebote weit übertrafen. Beim Abholen von solchen Tickets kam dann gleich die Geschichte: „Da haben sich unzählige Leute gemeldet, nur in der halben Stunde, in welcher der Beitrag online war.“ Am Dornbirner Spielboden sammelten sich die Anfragen. „Wir hätten alleine in den letzten Tagen leicht noch weitere 100 bis 200 Karten verkaufen können“, bestätigte Andreas Mäser. 600 Leute gehen rein in den Saal des Spielbodens und nochmal 150 Leute in die Kantine. Warum das alles erwähnt werden muss? Weil es eine beeindruckende Leistung ist, wenn eine Vorarlberger Band es schafft, so zugkräftig zu sein und jedes Jahr wieder neue ausverkaufte Rekorde aufzustellen. Und weil es zeigt, dass da ein großes Bedürfnis dafür da wäre, dass auch Ü30er das Tanzbein schwingen können.


Ein Hype wie um Stars


Den 30. Dezember bespielt das Ski Schuh Tennis Orchestra ja schon viele Jahre. Bereits letztes Jahr war eigentlich ein Album Release geplant. Leider ist da eine Festplatte mit sämtlichem aufgenommenen Material runtergefallen und hat auch die Jungs der Band ziemlich auf den Boden geworfen. Die Pre Silvester Party wurde trotzdem gefeiert. Nun haben sie sich nochmals ein Jahr Zeit genommen und alles erneut recorded und produziert. So war das heuer nicht nur ein Konzert, sondern diesmal auch wirklich eine Album Release Show. Neben der neuen CD gab es Merchandise-Produkte zu kaufen. Im oberen Stock wurde eine Social Media Box betrieben mit lebensgroßer Abbildung der Band, die man mit neuen, eigenen Köpfen ausstatten konnte. Die Fotos wurden gleich ausgedruckt und finden sich auf der Facebook Seite der Band. Hier wurden Tränen gelacht und die Bandmitglieder wurden wie Stars gefeiert. „Ich fühle mich wie auf einem Bayern München Spiel!“, wurde der Hype kommentiert.


Soziale Verantwortung und Spaß


Der Saal war schon gefüllt und die Stimmung voller Vorfreude, als Spitfire '55 den Abend eröffnete. Das Trio erschien wie direkt aus der Zeitmaschine, interpretierte Klassiker und unbekannte Schätze der 1950er mit Kontrabass, Gitarre, Schlagzeug und zwei Stimmen. Und es wurde nicht nur generationenübergreifend geschnipst, sondern gleich von Beginn an auch ausgelassen getanzt. Ebenfalls bereits traditionell wurde auch heuer wieder die Band versteigert. Man konnte also das Ski Schuh Tennis Orchestra für ein Konzert erkaufen, wobei sämtliche Einnahmen an ein Sozialprojekt gehen. Heuer war das Chay-Ya, was aus dem tibetanischen kommt und soviel bedeutet wie „Packen wir's an!“. Sabine Klotz präsentierte nach einem kurzen Video den gemeinnützigen Verein zur globalen Armutsbekämpfung, der sich speziell für Bildung, Hilfe und Wiederaufbau am Himalaya einsetzt. Dabei sind knapp über 2.500,- EUR geboten worden. Das Land Vorarlberg sicherte zu, diesen Betrag nochmals zu verdoppeln. „Es geht um mehr, als nur darum, dass es uns hier gut geht!“, bedankte sich Frontman Christoph Kutzer.


Authentizität, Energie und Liebe


Die Show des Ski Schuh Tennis Orchestras war schweißtreibend: Auf der Bühne die sechs Musiker, feinste klassische Reggae Tunes und nachdenkliche Texte. Unten im Saal der Bulk von Leuten, der nicht mehr zu halten war. Abzappeln bis zur Atemlosigkeit war angesagt. Und das wurde auch bis zuletzt durchgezogen und kann ohne schlechtes Gewissen als sportliche Leistung bezeichnet werden. Überall nur lächelnde Gesichter und vor Freude strahlende Menschen und das obwohl die Songs eigentlich nicht unbedingt nur zartbesaitete Texte haben. Im Gegenteil, so manches Lied strotzte vor Kritik und Zynismus. Was dem Spaß aber keinen Abbruch tat, solange die tanzbaren Offbeats durchgingen. Und zwischendurch kamen eh auch wieder lieblichere Worte zum Zug, von Schmetterlingen, Sonnenstrahlen und bunten Farben. Die ganze Show lebt zum großen Teil von der Authentizität der Truppe. Sie ist einfach ehrlich und speziell dem Frontman Christoph glaubt man, dass jedes Wort und jede Geste aus dem Herzen kommt. Die Energiemaschine Ski Schuh Tennis Orchestra hat das Publikum an diesem Abend zu sportlichen Höchstleistungen angetrieben und viele Glückshormone ausschütten lassen. Darum schließen wir dieses Kapitel und auch dieses Jahr mit den Worten von Moderator Florian Rieder: „Für 2018 nur noch good Vibes und positive Vibrations!“