Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Silvia Thurner · 28. Aug 2016 · Musik

Schubert auch von der unbekannteren Seite erlebbar machen – Christina Landsamer, Maximilian Schmitt und Gerold Huber gaben einen abwechslungsreichen Liederabend

Die Sopranistin Christina Landshamer und der Tenor Maximilian Schmitt widmeten sich im Rahmen der Schubertiade Schwarzenberg großteils frühen und eher unbekannten Schubertliedern. Es war bereits die 37. Ausgabe der Reihe „Sämtliche Lieder von Franz Schubert“. Auch dieses Konzert bot spannende Einblicke in die Entwicklung des Kompositionsstils von Franz Schubert. Gerold Huber am Klavier spielte weit mehr als die Rolle des "Klavierbegleiters". Er tarierte und formte jedes einzelne Lied hervorragend aus und belebte die Werkdeutungen mitreißend.

Christina Landsamer aus München debütierte an diesem heißen Sommernachmittag in Schwarzenberg und hatte mit ihren in sich ruhenden und ausdrucksvoll dargebotenen Lieddeutungen bald das Publikum auf ihrer Seite. Zuerst wirkte ihre Stimme etwas nasal, doch spätestens mit dem emotional tiefgehenden Lied „Am Grabe Anselmos“ kristallisierten sich die Qualitäten der sympathischen Sopranistin heraus. Die melodischen Bögen mit den chromatisch absteigenden Linien in „Am Tage Aller Seelen“  entfaltete sie wunderbar textdeutend und empfindsam. In „Lob der Tränen“ sowie „Du bist die Ruh“ zog sie mit ihrer intensiv geführten Singstimme und den gut dimensionierten Crescendi die Aufmerksamkeit der Zuhörenden auf sich. In lockerer Atmsophäre gestaltete die Sopranistin das Ghasel „Du liebst mich nicht“ und mit einem humorvollen Augenzwinkern machte sie die Feststellung „Die Männer sind méchant“.

Der Tenor Maximilian Schmitt war bereits vor drei Jahren zu Gast bei der Schubertiade. Er hatte mit den ersten Liedern „Edone“ sowie „Der Leidende“ einen starken Einstand. Sein feinsinniges Piano bot ihm viele Möglichkeiten, den Gesangspart zu differenzieren. Mit Empathie gestaltete Maximilian Schmitt die „Klage“. Das Lied „Der Schäfer und der Reiter“ bestach durch die harmonischen Registerwechsel. Zart entfaltete der Tenor das ätherische Lied „Daß sie hier gewesen“. Etwas unruhig im Duktus wirkten „Andenken" sowie "Bei dir allein". Das Vibrato des Tenors verschleierte in einigen Liedern die exakte Linienführungen. Besonders in diesen Passagen sowie im Lied „Irdisches Glück“ kamen Maximilian Schmitts Qualitäten als Opernsänger zur Geltung.

Lieddeutung vom Klavier aus

Gerold Huber profilierte sich während des gesamten Liederabends als hervorragender Gestalter der unterschiedlich angelegten Lieder. Sehr bedacht ging er auf die jeweiligen Qualitäten der Sopranistin und des Tenors ein und verlieh den melodischen Linien plastische Konturen. Auf diese Art, mit einer feinsinnig ausdifferenzierten Anschlagskultur und Konzentration auf die harmonischen Farben gingen vom Klavierpart viele textdeutende Impulse aus. Beispielsweise zeigten Bassgänge, schwebende Klangflächen und Tonrepetitionen, viesagende Zwischen- und Nachspiele sowie arpeggierende Floskeln, chromatisch geführte Linien und Leittöne, offene Schlüsse wie sehr sich Gerold Huber mit den Liedinhalten auseinandergesetzt hat.

Unbekanntes neu entdecken

Auch dieses Konzert bot wieder zahlreiche Anreize für all jene, die sich für die kompositorische Entwicklung von Franz Schubert interessieren. Das „Liederalbum der Therese Grob“ erinnerte an die Jugendfreundin von Franz Schubert, die er liebend gerne geheiratet hätte. Als 18-jähriger überreichte er ihr eine Liedersammlung mit vierzehn Liedern. In einigen Stücken war seine Meisterschaft beispielsweise in der harmonischen Gestaltung, in der chromatischen Leittönigkeit sowie in drängenden melodischen Linienverläufen wunderbar nachvollziehbar.

Das Lied „Der Schäfer und der Reiter“ blieb besonders in Erinnerung. Die Überblendungen sowie die schnittartigen Bildwechsel und einige andere kompositorische Details zogen die Aufmerksamkeit auf sich. Überdies ist das Thema des Liedes sehr aktuell, geht es doch um die Naturbetrachtung und die Muße des Schäfers als Gegenpol zu stets vorwärts treibender Hektik, versinnbildlicht durch den Reiter.