Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Anita Grüneis · 28. Jän 2018 · Musik

Franz Lehars „Lustige Witwe“ - Operette sich wer kann - In Balzers wird champagnisiert!

Die Balzner Operette zeigt bis März Franz Lehars „Lustige Witwe“. Das ist für alle Operettenliebhaber ein guter Grund, in die südlichste Gemeinde von Liechtenstein zu fahren. Denn diese lustige Witwe ist nicht nur lustig, sie ist auch verdammt unterhaltsam und champagnisierend. Jean Claude Bordet hat eine Inszenierung geschaffen, die alles enthält, was zur Operette gehört: von der Walzerseligkeit bis zu den frechen Dialogen, den schönen Frauen und den unseligen Liebesschmerzen.

Die Aufführung ist zunächst ein Fest für das Auge. Mehr Glitzer war nie, Strass und Pailletten funkeln um die Wette, sowohl an den Kostümen der Damen als auch denen der Herren. Ob Ballkleid, Uniform oder Folklore-Tracht – geglitzert muss werden. Max Kaiser aus Zürich und Agatha Imfeld aus Zug zeichnen dafür verantwortlich. Das Bühnenbild von Hansjörg Gstöhl aus Balzers ist funktionell, leicht in den Farben und hat alles, was vor allem ein großer Chor braucht: Seitengassen, eine schwungvolle Treppe und überall Sitzgelegenheiten. 

Ein Chor mit vielen Solisten

Der Chor ist es auch, der dieser Operette das volle Leben schenkt. Er ist kein Hintergrund für Solistinnen und Solisten, er ist Partner, Mitspieler und vor allem: Mitsänger. Da hat jeder im Chor seine/ihre eigene Persönlichkeit, die er/sie ins Spiel einbringt, es wird getanzt und „cancanniert“, dass es eine Pracht ist. Harri Bläsi aus Schiers hat den erprobten und routinierten Operettenchor Balzers gut im Griff, Regisseur Jean Claude Bordet weiß zudem, wie er die vielen Sängerinnen und Sänger gewinnbringend einzusetzen hat, beispielsweise beim Weibermarsch. Ein weiterer Glücksgriff dieser Produktion war die Choreografie durch Tamara Kaufmann – was sich vor allem im letzten Akt zeigt. Das fetzte und fegte, die munteren Grisetten schwangen ihre Röcke und präsentierten dem Publikum temperamentvoll ihre langen weißen Unterhosen.

Das SOL setzt markante Akzente

Doch natürlich lebt eine Operette vor allem von der Musik. Das Sinfonieorchester Liechtenstein SOL unter der Leitung von Willi Büchel setzte markante Akzente, allen voran die Streicher, die mit einem unglaublich weichen und sanften Ton jede Liebesszene zum Dahinschmelzen brachten. Im letzten Akt allerdings jagte der Dirigent das Orchester in einen furiosen Cancan und als dann noch zwei Tänzer auf der Theke der Bar einen Table Dance mit Striptease zeigten, klang auch Lehars Musik ein bisschen nach Leonhard Bernstein. Willi Büchel war mit seinem Orchester zudem ein feinfühliger Begleiter der Solistinnen und Solisten. 

Stimmkräftige Solistinnen und Solisten

Sigrid Plundrich aus München sang die Hanna Glawari und gab dieser lustigen Witwe den Glamour von Helene Fischer – nicht nur wegen des Glitzerkleides am Schluss. Ihr klarer Sopran entfaltete sich beim Vilja-Lied mit all seiner Innigkeit und einer klaren, kräftigen Höhe. Christine Schneider aus Thüringen war eine kokette Valencienne, die wirklich nur zum Schein ihre Anständigkeit betonte, dies aber mit viel Charme und einer sicher geführten Stimme. Sie ist ein Temperamentsbündel, was sich vor allem beim Tanz mit den Grisetten zeigte. Ihr Verehrer Camille des Rosillon war bei Christoph Waltle ein eher unsicher wirkender junger Mann mit einem breiten strahlenden Heldentenor. Als ihr Ehemann Baron Mirko Zeta bewies Christian Nipp viel Contenance und staatsherrliche Attitüde, aber auch Humor und Tanzlust. Sein Kanzlist Negus war bei Toni Bürzle ein wahres Faktotum und wurde sofort zum Publikumsliebling.

Ein liebkranker Mann

Den stärksten Eindruck hinterließ Daniel Raschinsky aus Innsbruck als Danilo – ein liebenswerter Filou, dies aber nur scheinbar. Ganz innen ist er dann doch ein „liebkranker“ Mann mit einer starken Bühnenpräsenz und einem geschmeidigen und kräftigen Bariton. Bei seiner Erzählung der zwei Königskinder offenbarte ein wunderbar weicher und zarter Celloton sein wahres Gemüt – dieser Danilo ist ein Melancholiker. Wenn dann noch seine Lippen schweigen und die Geigen flüstern, dann schmilzt nicht nur die lustige Witwe dahin.