Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Silvia Thurner · 21. Aug 2016 · Musik

Musikalische Klangrede, Grafik und Tonmalerei – Aaron Pilsan begeisterte und das Symphonieorchester Vorarlberg gab sein Bestes

Zum Abschluss der Orchestermatineen bei den Bregenzer Festspielen musizierte das Symphonieorchester Vorarlberg unter der Leitung von Gérard Korsten. Im Mittelpunkt stand der Dornbirner Pianist Aaron Pilsan. Er interpretierte Mozarts Klavierkonzert Nr. 19 und hinterließ einen strahlenden Eindruck. Die Werkauswahl schloss auch eine österreichische Erstaufführung von Miroslav Srnka mit ein. Überdies wurde der Blick mit der sinfonischen Fantasie „Aus Italien“ von Richard Strauss nach Italien gelenkt. Im Vergleich mit den vorangegangenen Festspiel-Orchesterkonzerten dieser Saison wirkte die Matinee mit dem SOV teilweise etwas blass. Die Einschränkungen betrafen jedoch weniger die Spielart des Orchesters, sondern viel mehr die mangelnde Qualität des Steinwayflügels und die Werkauswahl.

Aaron Pilsan ist ein Pianist mit Weltklasseformat. Deshalb weckte die Ankündigung, dass er nun mit dem Symphonieorchester Vorarlberg zum ersten Mal ein Mozart-Klavierkonzert interpretiert, hohe Erwartungen. Diese erfüllte Aaron Pilsan auf Anhieb, denn er musizierte mit einer bewundernswerten rhetorischen Ausdruckskraft, formte die Themen und Motive mit viel Esprit und in ständigem Kontakt mit den Orchestermusikern. So entfaltete das berühmte Werk all seine Raffinesse. Aaron Pilsan sprach durch seine unmittelbar wirkende Freude an der musikalischen Gestaltung seine Orchesterpartner direkt an und vor allem die Holzbläser reagierten hervorragend darauf. In einem kammermusikalischen Geist fand ein feinsinniges musikalisches Geben und Nehmen statt.

Unzureichender Flügel


Das Allegretto erklang in einem eher gemäßigten Tempo, bevor der Finalsatz mit federndem Duktus modelliert wurde. Die kontrapunktischen Passagen und die kommunikativen Motiv- und Themengestaltungen zeichneten auch diesen Abschnitt aus. In allen solistischen Passagen waren die Orchestermusikerinnen und –musiker gute Partner, aber im Tutti gelang die Werkdeutung nicht ganz ohne „Wackler“. Doch diese trübten den positiven Gesamteindruck nicht wesentlich. Viel gravierender war, dass der Steinwayflügel im Festspielhaus nicht (mehr) den Anforderungen genügt. Die Festspielleitung selbst setzt sich höchste Qualitätsmaßstäbe. Mit dieser Wertehaltung sind der matte Instrumentalklang und noch dazu die eher flache Tonqualität in den hohen Registern nicht vereinbar.

Begeisterungsstürme löste Aaron Pilsan mit dem humorvoll hingesetzten „Alla Turca Jazz“ von Fazil Say aus.

Über Regeln eines Schwarms


Die Schwarmtheorie inspirierte den tschechischen Komponisten Miroslav Srnka zu seinem Werk „Eighteen Agents“ für 19 Streicher. Jede Musikerin und jeder Musiker agierte als Solist und genau die Wechselwirkungen jedes Einzelnen und des Kollektivs bildeten viele Anreize beim Hören. Von Beginn an entwickelte sich der musikalische Energiefluss, spannend wurden Wellenbewegungen und unterschiedliche Geschwindigkeitsverläufe herauskristallisiert, Linien führten zu Tonballungen und fächerten sich wieder auf. Allerdings schaffte es die Musik nicht bis zum Ende hin, die Energien zu bündeln. So schien es, als ob der Komponist nach einer ätherischen Klangfläche und einem Solo des Konzertmeisters, das Ende des Werkes nicht gefunden hat.

Reisebeschreibung


„Aus Italien“, op. 16 von Richard Strauss passte gut zum Sommerfeeling, denn die sinfonische Fantasie ist eine musikalische Beschreibung der Empfindungen, die der Komponist bei einer ausgedehnten Italienreise niederschrieb. Ganz in Anlehnung an die Vorbilder von Liszt und Wagner entfaltete Richard Strauss die musikalischen Bilder langsam und sinnenreich instrumentiert. Dies gab den Orchestermusikern die Gelegenheit, die thematischen Bögen und Motive in einem schönen Zusammenwirken zu zelebrieren. Die Atmosphäre „Auf der Campagna“ und „Am Strande von Sorrent“ wurde entfaltet, auch „Roms Ruinen“ erstanden vor dem inneren Auge und mit Elan illustrierte das SOV das „Neapolitanische Volksleben“.

Die Balance halten


Für das Orchester war es nicht einfach, die Waage zu halten zwischen einer sanften Interpretation der lang gezogenen, illustrierenden Phrasierungsbögen und einer spannungsgeladenen, klanglichen Präsenz. Dies lag nicht allein am Orchesterklang des SOV, den man schon strahlender erlebt hat. Auch Richard Strauss musste sich seine Meisterschaft hin zu seinen berühmten späteren Tondichtungen erst erarbeiten, dies machte dieses Frühwerk deutlich. Wohl auch aus diesem Grund wirkten die ersten drei Sätze als Ganzes betrachtet etwas langatmig.

Gérard Korsten am Dirigentenpult zeigte erneut seine Vielseitigkeit auf, denn die drei sehr unterschiedlichen Kompositionen formte er mit klaren Gesten und aussagekräftig aus.