Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Silvia Thurner · 24. Jän 2016 · Musik

Musikalische Artistik und Klangsinnlichkeit – Die Brassband Vorarlberg lud zum Konzert und die Freunde der Blasmusik kamen in Scharen

Für ein volles Haus sorgte die Einladung der Brassband Vorarlberg in der Kulturbühne AMBACH. Im vergangenen Jahr hatte die von Jan Ströhle gegründete Formation, bereits Furore gemacht. Hier haben die besten Blechbläser des Landes und des benachbarten Auslands ein Forum gefunden. Mit bekannten Werken von Paul Lovett-Cooper und Johan de Meij sowie Peter Graham begeisterte die Brassband Vorarlberg das Publikum. Den Höhepunkt bildete die Uraufführung der dramatischen und aussagekräftigen Auftragskomposition „Delirium“ von Peter Engl.

Lange Reihen von interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern bildeten sich vor der Abendkasse in der Kulturbühne AMBACH. Ein auffallend gemischtes Publikum, unter anderem bestehend aus Blasmusikanten, zahlreichen bekannten Musikerpersönlichkeiten und erfreulich vielen Jugendlichen hat zu diesem besonderen musikalischen Ereignis zusammengefunden. In der Brassband Vorarlberg frönen herausragende Musikerinnen und Musiker ihrer Lust, virtuose Blechbläsermusik in einem möglichst homogenen Klanggewand darzubieten. Zwischen musikalischer Artistik mit schwindelerregend schnellen Läufen und klangsinnlich ausgeklügelten Tonschichtungen lotete die Brassband Vorarlberg unter der Leitung von Jan Ströhle alle Kompositionen aus und genau in diesem Ansinnen lag auch die Qualität der kraftvollen Formation und ihrer Werkdeutungen.

Eindrückliche Schilderungen


Im Mittelpunkt stand das Werk „Delirium“, das Peter Engl im Auftrag der Brassband Vorarlberg komponiert hatte. Der Komponist setzte darin die Dramatik einer Grippeerkrankung in Musik, er gab der Beklemmung, den physischen Anstrengungen, dem Herzrasen und den wirren Gedanken bei hohem Fieber eine kraftvolle und eindrückliche musikalische Gestalt. Der musikalische Fluss entwickelte sich langsam und weckte eine große Erwartungshaltung, weil von Beginn an nachvollziehbar war, dass sich etwas Gewaltiges zusammenbraut.

Allmählich nahm die Stringenz des Bewegungsflusse zu, suchende Gesten kulminierten in intensiven Klangballungen, die wiederum von harten Schlägen – kontrastreich ausgeführt von fünf Schlagwerkern – durchbrochen wurden. So entstand ein sich ständiges Aufbäumen, durchsetzt von kammermusikalisch geführten, leisen Passagen, in denen sich der melodische Fluss aufzulösen schien. Doch Peter Engl zeigte ein gutes Gespür für musikalische Proportionen und bündelte die Energien immer wieder aufs Neue. Zusammengehalten wurde die eindringliche Musik vom Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“, der nur einmal klar zitiert wurde und sich dann in vielfach verschleierter und durchbrochener Art wie ein roter Faden durchzog.

Die Musiker modellierten die musikalische Aussage dieser Kompositionen klar aus. Beeindruckend waren die vielfältig ausgeloteten Klangschichtungen, die unter anderem gleißend oder hohl, weich abgerundet oder schroff wirkten. Es ist zu hoffen, dass das facettenreiche Werk noch mehrere (Wieder)aufführungen erlebt.

Mitreißendes Aufbäumen


Titel gebend für das gesamte Konzert war die berühmte Komposition „Extreme Make-Over“ von Johan de Meij. Diese Komposition beinhaltete die gesamte Raffinesse, die eine Brassband auszeichnet. Nach einem lyrischen Zitat von Tschaikowsky führte ein klanglich spannend variierter Liegeton mit Schwebungen und Reibungen weiter in schattierende Akkordschübe. Dann wurde der musikalische Fluss mit lautstarken Klangtürmen geschichtet zum Höhepunkt geführt. Die Musiker spielten was das Zeug hielt und entfalteten dabei beeindruckende Verlangsamungs- und Beschleunigungsprozesse mit rhythmischen Transformationen, die die Aufmerksamkeit auf sich lenkten.

Hervorragende Solisten


In ähnlichem Stil gestaltete die Brassband Vorarlberg auch die mitteilsamen Werke „Where Eagles sing“ von Paul Lovett-Cooper“ und „Call of the Cossacks“ von Peter Graham. Die Musik bot zahlreichen Solisten und Stimmgruppen Gelegenheit, sich zu präsentieren und alle nutzten Ihre Chance auf einem beeindruckenden Niveau.

Eine Bereicherung


Der dramaturgische Aufbau des Konzertes hat Jan Ströhle durchdacht angelegt. Denn mit Nimrod von Edward Elgar und den Volkstänzen von Dmitri Schostakowitsch konnte das Publikum auch durchatmen. Als Ganzes betrachtet war das zweite Konzert der Brassband Vorarlberg eine bewundernswerte musikalische Show und auf unterhaltsame Weise ein großes musikalisches Spektakel. Begeisterte Jubelstimmung breitete sich im Saal aus und die Musiker wurden gebührend gefeiert. Auf die weitere Entwicklung der Brassband Vorarlberg darf man sich freuen.