"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Fritz Jurmann · 09. Mai 2017 · Musik

„Musik in voller Pracht“ – Das SOV verheißt für die nächste Saison eine Fülle neuer Ideen, ohne das Bestehende zu vernachlässigen

Großes Medieninteresse am Dienstagvormittag im vorarlberg museum Bregenz für die Pressekonferenz des Symphonieorchesters Vorarlberg mit der Programmpräsentation für die Saison 2017/18, die viel Neues und Spannendes verspricht. In einem Spagat will man damit das treue Publikum begeistern, ohne es jedoch in seinen oft lange tradierten Hörgewohnheiten zu verunsichern. Unter der Moderation von Vizepräsident Wolfgang Burtscher informierten dazu Präsident Manfred Schnetzer, Geschäftsführer Thomas Heißbauer und Chefdirigent Gérard Korsten.

16 Produktionen pro Jahr


Das Grundgerüst von sechs Konzerten und einer Oper (Donizettis „Don Pasquale“) in Zusammenarbeit mit dem Landestheater bietet den Rahmen für eine Reihe von Innovationen (Näheres dazu in der Detailansicht am Ende dieses Beitrages). Dazu kommen Gastspiele, Musikvermittlungs-Projekte, Schulpartnerschaften oder Konzerte bei anderen Veranstaltern wie den Bregenzer Festspielen oder den Montforter Zwischentönen, die alle erstmals auch in der diesmal besonders umfangreichen Jahresbroschüre aufgelistet sind. Das macht im Jahr 16 Produktionen mit insgesamt 30.900 Besuchern, davon 1.927 Abonnenten – eine beeindruckende Leistungsschau für einen als Projektorchester tätigen Klangkörper, dessen stete Aufwärtsentwicklung der Arbeit von Geschäftsführer Heißbauer zu danken ist, wie Präsident Schnetzer anerkennend festhält. Das Motto „Musik in voller Pracht“ mit grafischen Blumenmotiven versteht sich, so Heißbauer, als kreativer Ausdruck, der neugierig machen soll auf Musik. Mit den im Titelblatt eingestanzten Buchstaben „SOV“ soll dieser Begriff als Trademark noch besser im allgemeinen Bewusstsein verankert werden.

Neben diesem beachtlichen künstlerischen Output ist auch nicht unwesentlich, dass ein so großes Kulturunternehmen wie das Symphonieorchester Vorarlberg es geschafft hat, auch das Minus früherer Jahre abzubauen. Präsident Manfred Schnetzer: „Bei einem Gesamtbudget von 1,3 Mill. Euro stehen wir heute dank eines extrem hohen Eigendeckungsgrades von über 60 Prozent schuldenfrei da. Es konnten sogar, wie lange geplant, die Musikerhonorare etwas erhöht werden, und die langfristige Subventionszusage des Landes erlaubt uns auch Planungssicherheit auf Jahre hinaus. Wir vom Vorstand können deshalb gut schlafen.“

Dünser-Uraufführung am Beginn


Zu den Neuerungen: Es wird erstmals seit langem wieder die Uraufführung des Werkes eines Vorarlberger Komponisten nicht nur versteckt in der herbstlichen Nischenveranstaltung „Texte & Töne“ im ORF geben, sondern prominent gleich zum Start als erstes Stück im ersten Abokonzert. Es ist das Werk „Landschaft mit Regenbogen“ des international renommierten Bregenzers Richard Dünser. Gérard Korsten dazu: „Ich glaube, einige Leute von der Presse werden sehr glücklich sein darüber. Aber wir haben schon früher Dünser aufgeführt und ich freue mich auf diese Arbeit mit ihm.“ Dazu wird „The Wave Quartet“ auf vier Marimbaphonen die Bearbeitung eines Bach-Konzertes spielen.

Korsten selbst wird drei der sechs Konzerte dirigieren, so auch das dritte mit einer weiteren aufsehenerregenden Neuerung. Zum ersten Mal wird es unter dem Motto „SOV meets JOV“ ein gemeinsames Konzert mit dem Jazzorchester Vorarlberg geben und einer weiteren Uraufführung, diesmal von dem Südtiroler Gerd Hermann Ortler, spannend kontrastiert durch Schuberts „Tragische“. Schließlich steht Korsten auch am Pult des letzten Konzertes mit kulturpolitisch besonders spannenden Bezügen, die sich Thomas Heißbauer hat einfallen lassen (Korsten: „Ich hasse es, Programme zu machen, und freue mich, dass das früher der Michael Löbl und jetzt der Thomas Hofbauer für mich übernehmen.“) Hier geht es um Werke, die für politische Erfolgsmeldungen der Nazis missbraucht wurden wie Liszts „Les Préludes“, oder um Musik von „verfemten“ Komponisten jüdischer Abstammung wie Erich Wolfgang Korngold, bei dessen Violinkonzert Österreichs vermutlich vielseitigster Geiger Benjamin Schmid als Grenzgänger zwischen Klassik und Jazz den Solopart übernehmen wird.

Mahler-Zyklus mit Petrenko wird fortgeführt


Im 2. Abokonzert setzt Kirill Petrenko die Chronologie seines auch international viel beachteten Mahler-Zyklus des SOV mit der Siebenten fort. Heißbauer: „Wenn man sieht, wie lange die Berliner Philharmoniker auf Petrenko als Chef warten mussten, kann man erkennen, welchen Glücksfall dieses Engagement des Dirigenten für uns bedeutet!“ Im 4. Abokonzert gibt es Neues mit zwei Debütanten, dem jungen britischen Dirigenten Leo McFall und unserem längst international gehandelten Bregenzer Cellisten Kian Soltani, dessen erster Auftritt mit dem SOV und Edward Elgars Cellokonzert mehr als überfällig war. Das 5. Abokonzert bringt ein Wiedersehen mit dem aus Venezuela stammenden Dirigenten Domingo Hindoyan, der hier 2012 Donizettis „Liebestrank“ geleitet hat. Diesmal wird er ein total traditionell ausgerichtetes Programm mit Haydn, Beethoven und Mozarts populärem Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur mit dem Solisten Ingolf Wunder betreuen.

Die insgesamt 29. Opernproduktion des SOV in Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Landestheater bringt, zum zweiten Mal nach 2003, Gaetano Donizettis Opera buffa „Don Pasquale“ in elf Aufführungen ins Theater am Kornmarkt, betreut von zwei Debütanten. Die musikalische Leitung hat der junge deutsche Dirigent Karsten Januschke, zuletzt in Frankfurt und St. Gallen tätig, Regie führt der Österreicher Michael Schachermaier, der bereits am Burgtheater inszenierte und für das Fernsehen arbeitet.

Weit mehr als ein Alibi zu verstehen sind laut Heißbauer auch die verstärkten Bemühungen um Musikvermittlung an Schulen oder Projekte wie das am 30. Mai zwei Mal im Bregenzer Festspielhaus aufgeführte Tanztheaterprojekt „Sketches“ mit der Musik von Alfred Schnittke in Zusammenarbeit mit dem Walk-Tanztheater. Schließlich sind in der laufenden Saison, nicht zuletzt dank der Kooperation mit dem ORF, Landesstudio Vorarlberg, das alle Konzerte mitschneidet, insgesamt vier CD-Produktionen quasi als Visitenkarten des Orchesters erschienen. Zuletzt waren das eine Personale zu Richard Dünser mit älteren Einspielungen seiner „Radek“-Musik und seines Violinkonzertes und eine von der Österreichischen Nationalbank angeregte Produktion mit Bratschenkonzerten aus verschiedenen Epochen mit dem Solisten Herbert Kefer.

 

Nächste Konzerte des Symphonieorchesters Vorarlberg:
Sa, 13. Mai, Montforthaus Feldkirch, 19.30 Uhr
So, 14. Mai, Festspielhaus Bregenz, 19.30 Uhr
6. Abokonzert mit Werken von Georg Friedrich Haas, Francois Boieldieu, Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Schubert – Dirigent: Gérard Korsten, Solist: Xavier de Maistre, Harfe

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