„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Silvia Thurner · 05. Jul 2017 · Musik

Mit Leidenschaft und Tatkraft das Beste gegeben – das Festkonzert zum Abschluss des Schuljahres bot eindrucksvolle Werkdeutungen

Stolz vermerkte der Direktor des Vorarlberger Landeskonservatoriums, Jörg Maria Ortwein, dass es 40 Jahre gebraucht habe, um nun im Rahmen des traditionellen Festkonzertes erstmals ein Werk von Richard Wagner aufführen zu können. Die kontinuierliche und gute Aufbauarbeit des Orchesters, ist in den vergangenen Jahren vor allem Benjamin Lack zu danken. Überdies ist das Niveau der Studierenden im Laufe der vergangenen Jahre enorm gestiegen. Die Solistinnen und Solisten gaben alles bei ihren Auftritten. Diese Energie war spürbar und sorgte für eine anregende Stimmung im Saal des Feldkircher Montforthauses. So wurde das Abschlusskonzert des Jahres zu einem fröhlich auftrumpfenden und in einem lebendigen Austausch wirkenden musikalischen Fest.

Die eigene Visitenkarte gab das Orchester mit dem Vorspiel zu Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ ab. Markant setzten die Musiker das Marschthema in den Raum und entwickelten daraus die komplex verwobenen kontrapunktischen Linien. Die übermächtigen tiefen Register bewirkten auf der einen Seite ein gutes Fundament, andernteils nahmen sie mitunter den hohen Streichern etwas die Brillanz. Ingesamt überwog jedoch der positive Eindruck, denn die Studierenden und Benjamin Lack modellierten die Musik enthusiastisch und mit viel Gespür für die dynamischen Verhältnisse sowie die Wechsel zwischen dem vollen Orchesterklang und solistischen und kammermusikalisch ausgedeuteten Passagen. Nach diesem fulminanten Auftakt beeindruckte das Symphonieorchester des Landeskonservatoriums mit seiner bewundernswerten Flexibilität. Die einzelnen Konzertbeiträge begleiteten die Musikerinnen und Musiker als verantwortungsvolle und konzentrierte Partner. Viel Sicherheit boten dabei – wie bereits gewohnt – das emotionsgeladene Dirigat und die wertschätzende Art von Benjamin Lack.

Gute Solistinnen und Solisten

Nach dem fulminanten Vorspiel beruhigten sich die Geister mit der Romanze für Viola und Orchester, op. 85 von Max Bruch. Der erst 14-jährige Bratschist Fridolin Schöbi gestaltete seinen Solopart emphatisch aus und brachte den feinsinnigen Klang des Instruments schön zur Geltung. Ganz andere Töne stimmte der Fagottist Philip Tratter an. Er gestaltete zwei Sätze aus Carl Maria von Webers Konzert für Fagott und Orchester, op. 75. Im Adagio blieb besonders der schön phrasierte Dialog mit dem Horn und im Rondo Allegro die humorvolle Ausgestaltung des Themas in Erinnerung.

Die Komposition „Légende pour saxophone alto et orchestre, op. 65“ von Florent Schmitt lenkte mit seinem orientalischen Charakter die Aufmerksamkeit auf sich. Die ornamentalen Linien formte Rafael Frei am Altsaxophon mit viel Gefühl aus. Gemeinsam mit dem Orchester wurde der musikalische Fluss zu spannungsgeladenen Kulminationspunkten geführt.

Drei im Charakter sehr unterschiedliche Pianisten boten mit ihren Werkdeutungen viel Abwechslung. Mit rasendem Tempo und entschlossen zu einer individuellen Gestaltungsart griff Gabriel Meloni im Allegro con fuoco aus dem 1. Klavierkonzert von P.I. Tschaikowsky in die Tasten. Dabei forderte er das Orchester gehörig heraus. Fréderic Chopins erstes Klavierkonzert formte Isa-Sophie Zünd mit einem erzählenden Duktus und perlender Anschlagskultur. Poetisch legte Roman Wüthrich die Rhapsody in blue von George Gershwin an, während das Orchester den Groove erlebbar machte.

Das Moderato aus dem Concertino in Si minore für Kontrabass und Orchester von Giovanni Bottesini artikulierte Ikuma Saito auch in den höchsten Lagen und Doppelgriffen klar aus. Spanisches Flair und Temperament brachten Johannes Ascher und Fabiola Tedesco an den Violinen mit dem virtuosen „Navarra für zwei Violinen und Orchester, op. 33“ von Pablo de Sarasate in den Konzertsaal.

Auffallend junge Solisten standen an diesem Abend auf der Bühne. Welche Passagen in jeder einzelnen Werkdeutung besonders gut gelungen sind und welche noch ausbaufähig wären, weiß sicher jede und jeder für sich selbst ganz genau zu beantworten. Das hohe Niveau aller Musikerinnen und Musiker zeigte sich auch darin, dass alle ihre Solistenparts auswendig darboten. Der gesamte Konzertabend war ein erfrischendes und anregendes Erlebnis. Einziger Wermutstropfen - um nicht zu sagen, einziges Manko - war, dass die Tonsprache des 20. oder gar 21. Jahrhunderts praktisch nicht präsent war. Was bedeutet dies im Hinblick auf die musikalische Ausbildung am Vorarlberger Landeskonservatorium?