Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Anita Grüneis · 30. Mär 2017 · Musik

Lars Vogt erzählt mit dem SOL über Beethoven

Das Sinfonieorchester Liechtenstein SOL konzertierte mit seinem Dirigenten Stefan Sanderling und Stargast Lars Vogt im Vaduzersaal. Auf dem Programm standen Werke von Smetana, Beethoven und Dvorak. Das Konzert wurde dominiert von einer böhmischen Grundstimmung, die den Bogen von der Melancholie bis zur Walzerseligkeit spannte.

Es begann mit einem der bekanntesten Werke von Bedřich Smetana, der „Moldau“ aus dem sinfonischen Zyklus „Mein Vaterland“. Ein Werk das fast jeder schon einmal irgendwo gehört hat, das wie kein anderes Musikstück den Lebenslauf eines Flusses nachzeichnet von der Quelle bis zur Mündung im Meer. Smetana komponierte „Die Moldau“ im Jahr 1874. So zart wie die Flötisten des SOL die Quellen des Flusses kennzeichneten, so leise leiteten sie über zu den Streichern, die das Motiv aufnahmen, weiterführten, und es dann wieder zurückgaben zu den Flöten. Der Fluss mäanderte vorbei an einer nebligen Mondlandschaft, hin zu den donnernden Stromschnellen, bis er dann im Meer verströmte.

Tief im Böhmerwald


Die böhmische Stimmung fand sich auch am Schluss des Konzertes wieder in Antonin Dvořáks 8. Sinfonie, der „englischen“. Das 1889 entstandene Werk klang unter dem Dirigenten Stefan Sanderling unglaublich modern und erinnerte teilweise an Gustav Mahlers Musik. Wie schon bei der Moldau war auch hier der Beginn eher sanft, mit einem g-Moll-Thema von Violoncello, Klarinette und Fagott eingeleitet, das im Verlauf des Satzes mehrmals wiederholt wurde. Eine heitere Frühlingsstimmung machte sich breit, bis dann im 2. Satz eine leichte Schwermut übernahm, die sich ausbreitete, dank der Celli aber vom Dunkeln ins Helle wechselte. Dirigent Stefan Sanderling hatte seine Musiker immer fest im Griff, auch beim 3. Satz, den die Violinen mit einem walzerartigen Thema in G-Moll begannen. Das Tänzerische wurde beibehalten, bis eine wunderbare Trompetenfanfare den 4. Satz startete, die Celli weich und verspielt einsetzten, die Violinen für scharfe Akzente sorgten und das Werk in einem Finale Furioso endete.

Ein virtuoser Lars Vogt

Im Mittelpunkt des Konzertes stand aber das 4. Klavierkonzert in G-Dur von Ludwig van Beethoven. Dazu hatten sich die Veranstalter der Vaduzer Weltklassik-Konzerte einen der profiliertesten deutschen Pianisten geholt: Lars Vogt, den „Mister Kammermusik“ unter den Pianisten. Er liebt das Spiel in kleinen Formationen, kennt aber auch das mit den ganz Großen, so gab er sein Debüt bei den New Yorker Philharmonikern unter der Leitung von Lorin Maazel und war „Pianist in Residence“ bei den Berliner Philharmonikern. Einen derart erfahrenen und virtuosen Pianisten mit einem so jungen und noch relativ unerfahrenen ad-hoc Orchester wie dem SOL konzertieren zu lassen, ist ein Wagnis. Für beide, vor allem bei einem Musikstück, das so sehr als Dialog aufgebaut ist.

Chopins Nocturne als Wiegenlied

Da galt es, die Stimmungen des Solisten feinfühlig aufzunehmen, weiterzuspinnen oder auch kraftvoll dagegen zu halten. Der äußerst virtuose Lars Vogt puschte das Orchester, feuerte es an oder schien es zu bitten, sich zurückzunehmen. Nicht immer setze das Orchester exakt ein, manchmal war der Raum, den Vogt seinem Spiel gab, einfach zu groß. Er war ein Meister der Interpretation und der Improvisation und setzte trotz aller Werktreue klare eigene Akzente. Manchmal schien es, als würde er seine Anschläge abwiegen, dann wiederum perlten die Läufe und Lars Vogt sprach mit seinem Klavier über Beethoven und seine Zeit. Leichthändig baute er in der Kadenz die Themen auf, wurde tiefer, schneller, höher, weiter und das Publikum lauschte atemlos Vogts virtuoser Erzählung über die Weite der Musik.

Die Zugabe spielt der Pianist ohne Orchester, sein Chopins Nocturne klang wie ein Wiegenlied. Das Publikum im Vaduzersaal wurde mucksmäuschenstill und selbst der letzte Ton durfte noch lange in der Stille nachwirken, bis ein begeisterter Applaus einsetzte.