„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Silvia Thurner · 13. Okt 2017 · Musik

Kunstvoll verwoben und quirlig gesetzt – Julia Schröder und die „Lautten Compagney Berlin“ stellten Gegensätze von Bach und Vivaldi mitreißend dar

Einen erfolgreichen Start legte die Abonnementreihe „Dornbirn Klassik“ in mehrerlei Hinsicht hin. Das Berliner Barockensemble „Lautten Compagney“ ist bei den Dornbirner Konzerten ein gern gesehener Gast. Die engagierten Musikerinnen und Musiker spielten unter der Leitung von Julia Schröder, die auch als Solistin brillierte. Geboten wurde ein stringentes Programm, das Konzerte von Johann Sebastian Bach und Antonio Vivaldi einander gegenüber stellte und zu reizvollen Kompositionsvergleichen Anlass gab. Zum ersten Mal gestaltete der Autor und Filmemacher Robert Schneider die Werkeinführung. Sympathisch kristallisierte er die Wesensmerkmale der dargebotenen Kompositionen heraus und gab dem Publikum aufschlussreiche Anreize zum Hören.

Bachs Violinkonzerte (BWV 1041-1043) sind oft gehörte Standardwerke, die immer wieder aufs Neue faszinieren. Julia Schröder und die „Lautten Compagney“ interpretierten die farbenreiche Musik mit viel Esprit und hervorragend koordiniert. So entwickelten sich von Beginn an schöne Kontrastwirkungen zwischen Piano- und Forte-Passagen und Imitationen in einem beredten Duktus. Das eher klein besetzte Ensemble mit vier Geigen (Birgit Schnurpfeil; Anne von Hoff; Andreas Pfaff und Daniela Gubatz) , einer Bratsche (Ulrike Paetz) sowie Violoncello (Ulrike Becker), Kontrabass (Annette Rheinfurth), Laute (Andreas Nachtsheim) und Cembalo (Mark Nordstrand) agierte sehr beweglich und in einem guten Einvernehmen. Die Musikerinnen und Musiker unterstützten die Solistin sehr präsent und wenn nötig nahmen sich die hohen Streicher hervorragend zurück und ließen der gut akzentuierenden Continuogruppe Raum für ein rhythmisch kraftvolles Fundament.

Leidenschaftlich bewegt

Julia Schröder gestaltete ihre Soloparts emphatisch. Das a-Moll Konzert (BWV 1041) erklang gut in sich strukturiert, so dass die melodischen Spitzentöne transparent in den Vordergrund traten. Nuanciert entfaltete die Solistin auf ihrer warm klingenden Violine unterschiedlichste Tonqualitäten und Klangfarben. Eine pulsierende Ader durchzog das E-Dur Konzert (BWV 1042), das seine Energie aus den schwungvoll dargestellten Tonrepetitionen bezog. Im langsamen Mittelteil kamen die fallenden Gesten und die Tonsymbole schön zur Geltung.

Einen fulminanten Schluss bildete das poesievoll interpretierte Doppelkonzert in d-Moll (BWV 1043), bei dem Birgit Schnurpfeil gemeinsam mit Julia Schröder den Solopart spielte. Mit großer Aussagekraft gingen die Solistinnen aufeinander ein, betonten den fließenden Charakter im langsamen Mittelteil und spielten einander im Finalsatz die motivischen Bälle vergnüglich zu.

Vergnügt und virtuos

Der Clou des Abends war der musikalische Vergleich der Bach-Konzerte mit Violinkonzerten von Antonio Vivaldi. Bach hatte von Vivaldi viel gelernt, sich einiges „abgeschaut“ und grandios weiterentwickelt. An die quirlige Vitalität des italienischen Komponistenkollegen kam Bach jedoch nicht heran. Dies brachten die Werkdeutungen der „Lautten Compagney“ hervorragend zur Geltung.

So spannend wie hier war der Beginn des Concertos in d-Moll (RV 565) von Antonio Vivaldi schon lange nicht mehr zu hören. Eine aufsteigende Geste, unmittelbar imitiert von der zweiten Solovioline und verbunden mit einer starken dynamischen Steigerung, zog die Zuhörenden unmittelbar in den Bann. Bewegung und Stillstand über einem grundierenden Continuo und mit großer Leichtigkeit gespielte Kantilenen illustrierten die Mentalitätsunterschiede zwischen Bach und Vivaldi. Facettenreich und spannend gestalteten die Musikerinnen und Musiker auch Vivaldis Concerto in h-Moll (RV 580). Mit einem geheimnisvollen Beginn wurde das Werk intoniert und dann in einer gut ausgeloteten Stimmenbalance entfaltet, so dass sich ein beschwingter Drive entwickelte.