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Silvia Thurner · 31. Okt 2016 · Musik

Kraftvoll den Raum füllend – Jubel für das Symphonieorchester Vorarlberg und den Geiger Ilya Gringolts im Angelika Kauffmann Saal in Schwarzenberg

Das Symphonieorchester Vorarlberg gastierte mit seinem ersten Abonnementprogramm wieder einmal in Schwarzenberg. Auf dem Programm standen zwei Highlights der Orchesterliteratur, nämlich Brahms Violinkonzert op. 77 und Schuberts „Große Symphonie“ in C-Dur. Als Solist musizierte bereits zum zweiten Mal der aus Russland stammende Geiger Ilya Gringolts mit dem SOV. In einem gleichberechtigten Miteinander, die dem symphonischen Charakter des Violinkonzerts entgegen kam, legten die Musiker ihre Werkdeutung an. Vor allem die rhythmische Kraft in Schuberts achter Symphonie aktivierten Gérard Korsten und die Musiker mit ihrer vielschichtigen Werkdeutung.

Ilya Gringolts musizierte bereits vor drei Jahren mit dem Symphonieorchester Vorarlberg. Damals war es eine beglückende Zusammenarbeit, deshalb wurde der russische Geiger erneut engagiert und auch diese Werkdeutung lebte von einem gut austarierten Spiel des Solisten mit dem Orchester. Mit lyrischen, nuanciert ausgedeuteten Passagen und romantisch zelebrierter Tongebung gestaltete Ilya Gringolts seinen Part aus. Die Energien bündelten alle mit ausgeprägten dynamischen Bögen, so dass die melodischen Linien einen rhapsodischen Duktus annahmen.

Klangsinnliches Geben und Nehmen

Besondere Aufmerksamkeit lenkte die eigene Kadenz von Ilya Gringolts auf sich, denn darin zelebrierte er seine hohe Kunst der Doppelgriffe, führte die melodischen Linien gespalten und entfaltete mit Frage- und Antwortspielen, durchsetzt von spannungsgeladenen Pausen, ein feinsinniges musikalisches Beziehungsgeflecht. Wunderbar weich nahmen die Hornisten danach den Solisten wieder in den Gesamtklang auf. Dieses Geben und Nehmen zwischen den Stimmgruppen wurde im stimmungsvollen, langsamen Satz weitergeführt. Es stellte sich ein erzählender Duktus ein, der individuelle Qualitäten verströmte. Die Rhythmik der tiefen Register sowie markante Trillermotive als Gegenpol unterstrichen das ungarische Flair des Finalsatzes. Der musikalische Fluss wurde wirkungsvoll aufgeschaukelt, gesteigert in wogenden Gesten ausgedeutet.

Grenzwertig

Beim aktuellen Konzert im Angelika Kauffmann Saal wirkten die Spielart des Orchesters und die akustischen Bedingungen des Saales nicht optimal aufeinander abgestimmt. Im Hinblick auf die Größe des Saales musizierte das Orchester sehr stark forciert. Außerdem war der Bühnenaufbau weit nach vorne gesetzt, sodass die Pauken und die tiefen Register mitunter polternd wirkten. Freilich hatte die besondere Raumsituation auch einen positiven Effekt. Denn als Zuhörerin hatte ich das Gefühl, mitten im Klang zu sitzen, weil die melodisch-rhythmischen und dynamischen Bögen sehr unmittelbar zur Geltung kamen.

Fesselnde Werkdeutung

Vom ersten bis zum letzten Ton hielt das SOV die Spannung bei der Interpretation der achten Symphonie von Franz Schubert. Vor allem die rhythmische Kraft, die den Themengestalten zugrunde liegt, kristallisierten die Musiker heraus. Gérard Korsten leitete das Orchester mit großem Körpereinsatz und motivierte die Musiker zu aufbrausenden Gesten und großer klanglicher Brillanz. Im Eröffnungssatz schöpfte die Musik ihre vorwärts drängende Energie aus den markanten Punktierungen. Daraus bahnte sich das Hauptthema allmählich den Weg an die Klangoberfläche. Durch die straffen Artikulationen und das eher zügige Tempo im Andante wirkten die Themen mit Nachdruck entfaltet und nahmen teilweise fast trotzige Züge an. Dies erhöhte die Spannung hin zum Scherzo, das wirkungsvoll modelliert erklang. Lediglich im klangsinnlichen Trio wurde den Holzbläsern zu wenig Entfaltungsspielraum geboten.

Mit rasendem Tempo spielten die Streicher die Begleitfiguren im abschließenden Allegro vivace. Die motivischen Vergrößerungen, verbunden mit den straffen rhythmischen Figuren, sowie die kraftvollen Klangfarbenspiele zwischen den einzelnen Stimmgruppen steigerten den Bewegungsfluss im Finale. Für die energiegeladene und hoch konzentrierte Werkdeutung erhielten die Musikerinnen und Musiker sowie Gérard Korsten jubelnden Beifall.

Aus traurigem Anlass

Zum Schluss hatte Gérard Korsten die traurige Aufgabe, vom Tod des Flötisten Eugen Bertel zu berichten. In Erinnerung an und zu Ehren von Eugen Bertel spielte das Symphonieorchester Vorarlberg die dritte Zwischenaktmusik aus Schuberts Ballettmusik „Rosamunde“. Es war eine berührende Verneigung vor einem guten Freund, großartigen Musiker und engagierten Pädagogen.