Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Silvia Thurner · 15. Mai 2017 · Musik

Intuitives musikalisches Geben und Nehmen – das Ensemble SHIRAZ unter der Leitung von Khosro Soltani begeisterte das Publikum mit persischer Musik

Erstmals musizierten Khosro Soltani und sein Ensemble SHIRAZ, dem auch der hierzulande bestens bekannte Cellist Kian Soltani angehört, in der näheren Umgebung. Einen stimmungsvollen Rahmen für dieses außergewöhnliche Konzerterlebnis bot die Pfarrkirche St. Sebastian im benachbarten Rebstein in der Schweiz. Die exzellenten Musiker und die ausdrucksstarke Sängerin Sepideh Raissadat verwiesen auf ihre persischen Wurzeln und führten die vielen Zuhörenden mit den typischen Klangfarben der Ney, Setar und Tar, Kemantsche, Tombak und Daf in faszinierende musikalische Welten.

Klug hatte Khosro Soltani das Konzertprogramm angelegt. Zuerst präsentierte das Ensemble auf traditionellen Melodien und Texten beruhende Musik, die in einem ausgewogenen Wechsel zwischen Gesang und instrumentalen Zwischenspielen beruhte. Danach griff Kian Soltani zum Cello und präsentierte eine Eigenkomposition. Im „Persischen Feuertanz“ verbindet er Idiome der persischen Musik mit musikalischen Ausdrucksmitteln der Moderne. In entspannter Atmosphäre erklang abschließend Musik, die einen folkloristischen Touch verströmte.

Ornamentaler Gesang und mitteilsames Ensemble

Alle Darbietungen waren getragen von einer gut durchdachten Dramaturgie. Im Wechsel von vokalen Abschnitten und instrumentalen Teilen bildeten sich Klanginseln heraus, in denen die emotional berührenden Gesänge von Sepideh Raissadat gut zur Wirkung kamen. Sie formte die Lieder mit warmen Vokalfärbungen und aufgerauten Kehllauten. Vor allem die ornamentalen Verzierungen und nuancierten melodischen Farben verliehen den Gesängen einen intuitiv wirkenden mitteilsamen Charakter.

Als sensible Partner erwiesen sich die Ensemblemusiker Majid Derakhshani (Tar), Khosro Soltani (Ney), Kian Soltani (Kemantsche), Arjang Seyfizadeh (Setar) und Mohammad Ghavihelm (Tombak). Zuerst führten sie die Zuhörenden mit Liegetönen und ruhigen Klangfeldern in die spezielle Atmosphäre der persischen Musik ein und lösten eine Stimmung der Ruhe und Entspannung aus. Auf die Liedmelodien der Sängerin reagierten sie vielseitig, indem sie die Aussagegehalte unterstrichen und kommentierten.

Gut gemischte Klangfarbenspiele

Im Laufe des mehrteilig angelegten ersten Stückes, gewöhnten sich die Ohren an die fein nuancierte persische Stimmung. Sie unterteilt die Oktav in 22 Tonschritte anstatt der in unserem Kulturkreis üblichen 12 Halbtöne. Die charakteristischen Eigenschaften der zugrundeliegenden Modi, verbunden mit dem hellen und dunklen Klang der Lauteninstrumente Setar und Tar, dem warmen Flötenton der Ney und der grundierenden Linie der Kemantsche, auch Schoßgeige genannt, entfalteten sich im eher halligen Kirchenraum hervorragend. Überdies zog der Perkussionist die Aufmerksamkeit auf sich, denn er verlieh mit seiner herausragenden Fingertechnik der rhythmischen Linie auch eine melodische Note, die den musikalischen Fluss bereicherte.

Nach den auf traditionellen Gesängen beruhenden Darbietungen führte Kian Soltani mit seinem „Persischen Feuertanz“ die Musik in die Gegenwart. Das für Cello solo komponierte Werk erklang in Rebstein ideenreich erweitert in Quartettbesetzung mit Ney, Setar und Trommel. Auch in dieser Komposition entfalteten sich die Wechselwirkungen zwischen ruhigen und Weite schaffenden Klangfeldern sowie rhythmisch kräftig vorwärtstreibenden Passagen hervorragend. Die Aufmerksamkeit zogen unter anderem besondere Spieltechniken mit Doppelgriffen und abgehobenen Flageoletts auf sich. Wunderbar mischten sich dabei die Klangfarben des Violoncellos mit den arabischen Instrumenten.

Perkussiver Drive

Abgerundet wurde das vielseitige Konzert mit einem eher folkloristischen Stück. Dabei spielte Khosro Soltani das schalmeienähnliche Instrument Balaban und Mohammad Ghavihelm sorgte mit seinem virtuosen Spiel auf der Rahmentrommel, Daf, für enormen Drive. Auch dieses Werk zeichnete sich durch einen mitteilsamen Charakter aus. Gut nachvollziehbar wurden die melodischen Gedanken hin und her gereicht, variiert, aufgebauscht und wieder beruhigt. Jeder Musiker nahm selbstbewusst seinen Platz innerhalb des musikalischen Geschehens ein. Im gegenseitigen Geben und Nehmen hatte jeder seinen Raum zur Entfaltung improvisierender Gedanken. Die Art und Weise wie die Sängerin und Musiker miteinander musikalisch kommunizierten wirkte erfrischend und hinterließ eine freudvolle Stimmung. Dies brachten die Zuhörenden mit begeistertem Applaus und standing ovations zum Ausdruck.