Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Anita Grüneis · 21. Jän 2017 · Musik

In Vaduz grünt das Grün und alles ist „wundascheen“

"My Fair Lady" ist eines der populärsten Musicals. Seit seiner Uraufführung 1956 ist es immer wieder neu auf allen Bühnen zu erleben. Was seine Faszination ausmacht, wurde bei der Produktion der Operettenbühne Vaduz deutlich. Ein Ohrwurm reihte sich an den anderen, die Charakteure waren lebensnah und die Musik hatte teilweise einen ganz besonderen Groove. Das Sinfonieorchester SOL mit seinem Dirigenten William Maxfield rockte bisweilen den Vaduzersaal und das klang dann, als läge die "West Side Story" gleich um die Ecke.

Dabei spielt die Geschichte im London des 19. Jahrhunderts. Professor Henry Higgins, Koryphäe in Sachen Phonetik und leidenschaftlicher Verfechter der reinen Sprache, schließt mit seinem Kollegen Colonel Pickering eine Wette: In nur sechs Monaten will er aus dem vulgären Blumenmädchen Eliza Doolittle eine Lady modellieren, die selbst ein König nicht von einer echten Dame unterscheiden kann. Und das allein durch den perfekten Schliff ihrer Sprache! Higgins bedenkt nicht, dass Eliza kein Versuchsobjekt, sondern ein Mensch mit eigenem Kopf und starken Gefühlen ist! Die Vorlage liefert George Bernard Shaws Schauspiel "Pygmalion", eine Modernisierung des antiken Mythos, die Musik dazu schrieb Frederick Loewe. Die Sprechübung „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“ gilt bis heute auf der ganzen Welt als Evergreen.

Die a-e-i-o-u-Maschinen

Regisseur und Bühnenbildner Leopold Huber lehnte sich für die Vaduzer Inszenierung an den berühmten Film mit Audrey Hepburn und Rex Harrison an. Vier Säulen zierten den Hintergrund vor einer breiten Treppe, auf der sich allerhand Marktvolk tummelte. Zusammen mit Evelyne Frickers Kostümen ergab die Einstiegs-Szenerie ein stimmiges Bild der damaligen Zeit. Neuzeitlich ging es dann beim Sprachforscher Henry Higgins zu. Nachdem die Säulen flugs gedreht wurden, öffneten sich darin vier Sprachkabinen, in denen „genormte“ Ladies saßen, die ihre Vokale übten. Da passte auch das Licht perfekt, das überhaupt der ganzen Produktion eine spezielle Note gab. Regisseur Leopold Huber blieb bei seiner Inszenierung sparsam mit Requisiten. Die wenigen wurden von Akteuren herein- und herausgeschoben, ohne dass dabei der Fluss der Geschichte gestört worden wäre. So bugsierten Bedienstete eine Couch herein, auf die sich Eliza Doolittle plumpsen ließ, als sei es ein Trampolin.

Musical, Oper oder Operette?

Die Sopranistin Sabine Winter gab ihrem Wiener Maderl Eliza etwas herzhaft Ordinäres. Hemmungslos schmetterte sie immer wieder „Es griant so grian“, bis ihr endlich das „grünt so grün“ gelang. Die Veränderung zur Lady zeigte Sabine Winter auch bei ihrer Ballade „Ich hätt’ getanzt heut’ Nacht“, die sie trotzig und sehnsüchtig zugleich sang.  Professor Henry Higgins war beim Bassisten Huub Claessens ein von seiner Wissenschaft beherrschter Junggeselle, der zwar aussah wie ein junger André Rieu, aber allem Weiblichen zutiefst misstraute. Das äußerte er mit einem temperamentvollen „Doch lass ein Weib an dich heran“. Seinem Gegenpol Oberst Pickering gab Bastian Stoltzenburg viel Finesse und Witz, ein echter Gentleman eben. Die beiden Herren wurden von Mrs. Pearce perfekt bedient, Kathrin Walder wirkte dabei sowohl hochnäsig aber auch latent aufsässig. Einen Hauch Oper brachte Adam Sanchez mit seinem strahlenden Tenor und seinem Lied „In der Straße, in der du wohnst“ ins Spiel. Mitreißend war Markus Raab als Alfred P. Doolittle, dessen Hochzeitslied „Hei, heute morgen mach’ ich Hochzeit“ das Publikum so begeisterte, dass es frenetisch mitklatschte.

Mit Achtsamkeit für jedes Detail

Diese Inszenierung von „My fair Lady“ wurde von Leopold Huber liebevoll, mit Humor und viel Achtsamkeit in Szene gesetzt: Ob das die Rösslsprünge von Higgins und Pickering waren, nachdem die Umwandlung gelungen war, der pantomimische „James Bond“- Einsatz der Bediensteten oder die rote Fahne, die auf dem Blumenmarkt geschwenkt wurde, als würde die Revolution bevorstehen. Die Emanzipation war ja wirklich nicht mehr aufzuhalten, auch wenn Higgins in dieser Aufführung zum Schluss nach seinen Pantoffeln verlangte.