Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 05. Aug 2014 · Musik

In orchestraler Gemütlichkeit aufgehen und diese demaskieren – Die Wiener Symphoniker und Claus Peter Flor vervollständigten das Komponistenporträt von HK Gruber

Die beiden Werke „Charivari“ und „Busking“ des „Composer in residence“ bei den diesjährigen Bregenzer Festspielen, HK Gruber, machten das Komponistenporträt um zwei Facetten reicher. Im Mittelpunkt des Abends stand der herausragende belgische Trompeter Jeroen Berwaerts. Abgerundet wurde das zweite Orchesterkonzert mit der Werkdeutung der 4. Symphonie von Franz Schmidt. Die Wiener Symphoniker unter der Leitung von Claus Peter Flor erhielten für ihre engagierte Spielart der enorm anspruchsvollen Werke viel Applaus.

HK Grubers Werke besitzen viele thematische und motivische Feinheiten, aber vor allem die komplexen Rhythmen und die ineinander verschachtelten, polyphonen Linienverläufe verlangen den Musikerinnen und Musikern viel ab. Ein exemplarisches Beispiel für die ausgeklügelten kompositorischen Spielarten des HK Gruber stellt „Charivari“ dar. Als Ausgangsmaterial diente Gruber die Schnellpolka „Perpetuum mobile“ op. 257 von Johann Strauß Sohn. Dieses Werk stellten die Symphoniker zuerst vor und interpretierten unmittelbar daran Grubers "Charivari". Als Zuhörerin mitverfolgen zu können wie der musikalische Spaß umgedeutet, die thematischen und motivischen Kerne herauskristallisiert und sie für andere Zwecke nutzbar gemachte wurden, war ein echtes Vergnügen. Ein paar Nahtstellen und Übergängen gelangen zwar nicht ganz exakt, doch die Musik wurde transparent entfaltet. So entwickelten sich durch immer neue Abspaltungen energiegeladene Felder, die wie in einer Metamorphose immer mehr Gestalt annahmen. Nicht nur jene, die die gesellschaftskritischen Überlegungen des Komponisten zu diesem Werk kannten, erlebten in dieser Darbietung, wie zuerst fröhlich leichtfüßige Themen auseinanderdrifteten, in ungemütliche Konflikte verwickelt und zueinander in Konfrontation gestellt wurden.

Fabelhafter Solist


Das Konzert für Trompete, Akkordeon, Banjo und Orchester „Busking“ zog die Zuhörenden in seinen Bann. Vom ersten bis zum letzten Ton, zuerst mit dem Mundstück blasend, dann mit unterschiedlichen Trompeten und Flügelhorn musizierend, faszinierte der belgische Trompeter Jeroen Berwaerts. Er verlieh dem Werk ein lebhaftes Profil und durch die auch jazzigen Phrasierungen einen Drive. Seine Musikerkollegen animierte er und er spielte über alle musikalischen Klippen hinweg mit einer Leichtigkeit und Ausstrahlung, so dass wenig ins Bewusstsein trat, welchen Kraftakt der Solist mit seinem Spiel leistete. Die Partner Claudia Buder (Akkordeon) und Mats Bergström (Banjo) standen als Solisten etwas im Hintergrund. Vor allem die Akkordeonistin musizierte zu defensiv, so dass sie auch klanglich ihren Part nicht voll zur Geltung bringen konnte. Das Werk verströmte auch durch die Klangfarbenspiele eine große Wirkung, raffiniert traten vor allem im Finalsatz die changierenden Farben aus den komplex verwobenen Linienführungen hervor. Die Wiener Symphoniker boten den Solisten eine sichere Basis und die tiefen Streicher gaben der Werkdeutung ein starkes Fundament.

Klangschwelgerische Dramatik


Den Werken von HK Gruber wurde die vierte Symphonie von Franz Schmidt zur Seite gestellt. Diese Werkkombination schien mir etwas seltsam, aber so wurde zumindest die Möglichkeit geboten, wieder ein Mal ein großes symphonisches Werk des österreichischen Komponisten zu hören. Auch das Orchester und der Dirigent Claus Peter Flor schienen sich im groß angelegten Orchesterklang, in den überbordenden dynamischen Schüben und Kulminationspunkten wohl zu fühlen und spielten das eher düstere Werk mit viel emotionalem Ausdruck. Im Fokus stand dabei die dynamische Kraft des Werkes, zwischen ruhenden Klangfeldern mit elegischen solistischen Passagen und sich aufbäumenden Abschnitten. Auf diese Weise entwickelte sich eine Interpretation, die auf die musikalischen Zielpunkte hinströmte und weniger auf die Abstimmung einzelner motivisch-thematischer Phrasierungsbögen ausgerichtet war.

Allerdings wurde die Konzentration auf die intensive Darbietung der Symphonie „von außen“ empfindlich gestört, denn das tobende Gewitter und der prasselnde Regen verschafften sich wohl über die Lüftungsschächte grollend Gehör.