Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 21. Jun 2015 · Musik

Immer dichter in das Geschehen hineingeführt – Sylvia Schwartz, Mauro Peter, Benjamin Appl liefen erst allmählich zur Hochform auf

Den Frühsommerzyklus der Schubertiade Schwarzenberg eröffneten die Sopranistin Sylvia Schwartz, der Tenor Mauro Peter und der Bariton Benjamin Appl mit einer vielseitigen Werkauswahl. Souverän spielte Helmut Deutsch die stilistisch sehr unterschiedlichen Klavierparts. Von unbekannten Liedvertonungen nach Texten von Friedrich Schlegel über Gebrauchsmusik bis hin zu frühen Prosavertonungen und einer opernhaften Szene reichte die Palette der Schubertvertonungen. Während die erste Konzerthälfte etwas sperrig wirkte, begeisterten die Sängerin und die Sänger im zweiten Teil das Publikum mit stimmigen und humorvollen Darbietungen.

In diesem Jahr findet die 40. Schubertiade statt. Zu diesem Anlass hat sich der künstlerische Leiter Gerd Nachbauer vorgenommen, alle Schubertlieder zur Aufführung zu bringen. Weil nur ein relativ geringer Teil der Schubertvertonungen regelmäßig auf der Bühne zu hören ist, gibt es dabei auch zahlreiche Raritäten zu entdecken. Sylvia Schwartz, Mauro Peter, Banjamin Appl und Helmut Deutsch präsentierten beim Eröffnungskonzert der Schubertiade Schwarzenberg unter anderem elf Lieder nach Gedichten aus dem Zyklus „Abendröte“ von Friedrich von Schlegel. Es sind frühe Lieder Schuberts, zu deren Vertonung er durch die Lesezirkel seines Freundeskreises inspiriert worden ist.

Zu Recht unbekannt


In abwechselnder Reihenfolge und dem Timbre der Sänger entsprechend, interpretierten die Sopranistin, der Tenor und der Bariton die Lieder. Sylvia Schwartz sang „Die Vögel“ und „Die Rose“ textdeutlich und mit schön ausgestalteten Linien. Jedoch steigerte sie in „Das Mädchen“ und „Der Schmetterling“ den Duktus mit viel Vibrato, sodass der lebendige Vortrag durch eine allzu ‚opernhafte Dramatik’ verdeckt wurde.

Der Tenor Mauro Peter formte den Gesangspart in „Der Knabe“ mit facettenreichen, harmonischen Farben aus und den großen Ambitus in „Die Berge“ zeichnete er schön nach. So kam die schwebende Gesangslinie textdeutend zur Geltung. Ebenso wirkungsvoll gestalteten Mauro Peter und Helmut Deutsch die wiegende Terzen- und Sextenseligkeit in „Der Fluß“. Aufhorchen ließ die beziehungsreich dargestellte Diskrepanz zwischen der Singstimme und dem Klavierpart in „Abendröte“.

In sich am stimmigsten wirkten die Lieddeutungen von Benjamin Appl. Die Ballade „Der Wanderer“ modellierte er mit einer großen Bühnenpräsenz. Die Linien formte er kraftvoll aus und verlieh den umsichtig betonten Leittönen eine große Spannung. Besonnen und ruhig zeichnete der Bariton die chromatisch verzierten Linien in „Die Sterne“ nach.

Suche nach Querverweisen


Es ist nachvollziehbar, dass sich diese elf Lieder nicht im Kanon der bekannten Schubertlieder gehalten haben und deshalb weitgehend unbekannt sind. Doch der Klavierpart und die Spielart von Helmut Deutsch lenkten die Aufmerksamkeit auf sich und boten viele Anreize. Da gab es zahlreiche Wendungen, harmonische Fortschreitungen und stilistisch markante Floskeln zu entdecken, die auf spätere und bekannte Schubertlieder verwiesen. Dies betraf auch die Deutung der Ossian’schen Gesänge „Lodas Gespenst“ (D 150). Hier ließen die chromatisch nach unten geleiteten Linien und der Klavierpart immer wieder aufhorchen. In diesem Werk hat der erst 18-jährige Franz Schubert schon einige musikalische Ideen dargelegt, die später in den berühmten Liederzyklen wieder angeklungen sind. Insbesondere diesen nachzuspüren, machte dieses Konzert zu einem reizvollen Erlebnis.

Humor und „Minioper“


Im zweiten Teil wurde die Vielseitigkeit Schuberts eindrücklich erlebbar, beispielsweise in der „Kantate zum Geburtstag des Sängers Johann Michael Vogl“, die im Terzett dargeboten wurde. Der Humor kam in den großen Gesten sowie in den rezitativisch und in den unisono geführten Passagen schön zur Geltung.

Spannungsgeladen gestalten Sylvia Schwartz und Benjamin Appl den Wechselgesang in „Eine altschottische Ballade“. Die ständigen Wiederholungen und die schlichte Linienführung sowie die stringente Interpretation hinterließen eine eindringliche Wirkung. In „Mignon und der Harfner“ blieb vor allem die differenzierte Anschlagskultur von Helmut Deutsch in Erinnerung.

Abschließend gestalteten die Sänger und der Pianist die amüsante musikalische Szene „Der Hochzeitsbraten“. Locker und mit hervorragender Darstellung boten Sylvia Schwartz und Mauro Peter eine ‚verrückte’ Treibjagd. Benjamin Appl gab einen energischen Caspar, dem man seinen Sinneswandel zugunsten der auf frischer Tat ertappten „Wilderer“ gerne glaubte.