Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Silvia Thurner · 18. Jun 2018 · Musik

Im enthusiastischen Miteinander zur Hochform – gebündelte Musikalität und Energie belebten Händels „Messias“ in der Pfarrkirche Bildstein

Es war ein Kraftakt, der seinesgleichen sucht, was der Verein „kultur.bildstein“ rund um die Sopranistin und Pädagogin Birgit Plankel in der neu renovierten Wallfahrtskirche Maria Bildstein zuwege gebracht hat. Ein Projekt-Chor sowie die Sinfonietta Vorarlberg führten unter der musikalischen Leitung von Benjamin Lack das Oratorium „Messias“ von Georg Friedrich Händel auf. Ihre Rollen als Solistinnen und Solisten füllten Birgit Plankel (Sopran), Lea Müller (Alt), Eric Price (Tenor) und Martin Summer (Bass) eindrücklich aus. Wahre Bewunderung riefen die Chorsängerinnen und –sänger hervor, denn sie formten die vielgestaltigen Chorpassagen mit einer beeindruckenden Stimmenbalance, intonationssicher und über zweieinhalb Stunden vital aus. Mitten drinnen wie ein kreativer und inspirierender Anker dirigierte Benjamin Lack.

Händels „Messias“ ist heutzutage als Oratorium bekannt, wurde zur Zeit der Entstehung 1741 jedoch als „Grand Musical Entertainment“ angekündigt. Die dreiteilige Anlage verkündet die Geburt Christi und entfaltet wiegende Schäferidyllen im ersten Teil. Im Mittelteil wendet sich die Musik den Leiden Christi und den menschlichen Seelennöten zu bis die Energien im berühmten Halleluja kulminieren und im abschließenden dritten Abschnitt in der Hoffnung auf das ewige Leben ins Hymnische gesteigert werden.
Vor allem die Chorpassagen innerhalb des Werkganzen wirken überaus beeindruckend. Mit vielfältigsten Ausdrucksformen vertonte Georg Friedrich Händel einen ganzen Kosmos an Emotionen vom lyrisch wiegenden vierstimmigen Satz über aufbrausende, mit starken Koloraturen und Tonsymbolen gestaltete Gesänge, kontrapunktisch angelegte Kantaten bis hin zu hymnischen Lobpreisungen. Darüber hinaus stellt die Dauer des dreiteiligen Mammutwerkes enorme Herausforderungen an die Kondition der Sängerinnen und Sänger.

In den vergangenen Jahren ist der Bildsteiner Projekt-Chor zu Allerseelen mit der Darbietung des Requiems von W.A. Mozart in Erscheinung getreten. Für das große Vorhaben der Messias-Aufführung wurde der Chor von einigen Mitgliedern des Feldkircher Kammerchores unterstützt. Intensiv hatten sich die Chormitglieder auf ihren großen Auftritt vorbereitet. Eine positive Aufgeregtheit, genau in diesem Moment und über die folgenden zweieinhalb Stunden hinweg das Beste geben zu wollen, war den Chormitgliedern ins Gesicht geschrieben, als sie den bis auf den allerletzten Platz gefüllten Kirchenraum betraten.

Stetige Steigerung der Emotionen

Zuerst agierten die Sängerinnen und Sänger noch etwas unsicher. Doch bereits im ersten Jubelgesang über die Herrlichkeit Gottes löste sich die Spannung. Mit federndem Duktus lebten sich die Sänger in den Freudenchor über die Geburt Christi hinein. Sodann war der Bann gebrochen und es entwickelte sich eine mitreißende Eigendynamik. Im gemeinsamen Gestalten wuchs der Chor über sich selbst hinaus. Jede Stimmgruppe sang mutig und entfaltete die unterschiedlichsten musikalischen Gefühlsebenen mit wirkungsvoller Dynamik aus. So entwickelte sich ein besonderer Drive mit einer kontinuierlichen Steigerung bis hin zum abschließenden Amen. Die Art und Weise wie alle Mitwirkenden zusammen den energetischen Bogen spannten, verdient höchste Bewunderung.
Das Orchester spielte professionell und war den Sängerinnen und Sängern ein guter Partner. Zwar „wackelten“ einige Nahtstellen und die schwüle Enge stellte die Musikerinnen und Musiker auch im Hinblick auf die Intonation auf die Probe. Dem positiven Gesamteindruck tat dies aber keinen Abbruch.

Ein Podium für die junge Generation

Diese "Messias"-Aufführung lebte zudem von den emphatischen Solistinnen und Solisten. Allen voran war es die Sopranistin Birgit Plankel, die mit ihren Darbietungen die Zuhörenden in ihren Bann zog und eine mitreißende Freude verströmte. Mit ihrer gelenkigen, warmen und nobel geführten Stimme füllte sie ihre Parts sowie die Koloraturen entspannt und mit einem hellen Timbre aus.
Die weiteren Solopartien waren mit jungen, aufstrebenden Sängerinnen und Sängern besetzt. Lea Müller ließ mit ihrer samtenen Altstimme und der intensiven Deutung aufhorchen. Eric Price entfaltete seinen Tenor flexibel und überzeugte mit seiner lyrischen und sensibel geführten Stimme. Martin Summer formte die Basspartien mit großem Ambitus und eindrücklicher Kraft aus. So unterschiedlich die Charaktere der Solisten im einzelnen wirkten, so ergaben sie über das Werkganze betrachtet eine in sich stimmige und abwechslungsreiche Vielfalt.

Hervorragende Akustik

Der musikalische Leiter Benjamin Lack legte Händels "Messias" dramatisch an und lotete die Energien gekonnt aus. So blieb die Spannung bis zum Schluss erhalten. Die Konzentration auf straffe Phrasierungen und markante Artikulationsmuster verliehen der Interpretation eine prägnante Strahlkraft. Die Akustik in der beinahe überfüllten Pfarrkirche wirkte wie ein guter Konzertsaal. Im genau richtigen Maß - ohne Hall - entfaltete sich der fulminante Chor- und Orchesterklang.
Nach dem Schlussakkord hielt es niemanden mehr in der Kirchenbank. In Jubelstimmung und mit frenetischem Applaus dankten die Zuhörenden für die hervorragende Werkdeutung.