Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Felix Kalaivanan · 16. Aug 2016 · Musik

HIRAETH und MONO - Musik wie hellbunte Träumereien beim Poolbar-Festival

Der Feldkircher Adrian "Hiraeth" Oberhuber und die japanische Band "MONO“ luden am 14. August 2016 in der Poolbar zu einem Abend der spährischen Klänge: Eine Fest für Postrock-Freunde.

Brutkasten für regionale Talente


Die Wolken sind heute anders als sonst: Hellbunt, pink bis gelb, wie Zuckerwattebäusche oder Schäfchen. Cirrocumulus - aus dem Lateinischen für „Ein Büschel Pferdehaar“ - nennen Metereologen diese Wolken. Und so klingt auch der Abend: Widerspenstig, gar borstig, aber genauso leicht und angenehm.

Vor dem Landeskonservatorium Feldkirch warten Freunde und Fans von Adrian „Hiraeth“ Oberhuber bei Bier und Zigaretten auf den Beginn des Konzertes. „Ca. 19 Uhr“ hieß es, es wird 20 Uhr werden, bis Adrian Oberhuber zur Gitarre greift und der „Brutkasten“, die hölzerne Newcomer-Outdoorbühne der Poolbar, mit Postrock-Wellen umspielt wird.
Adrian Oberhuber hängt sich seine Akustikgitarre um die linke Schulter, an dieser hängt wiederum ein Verstärker, dazwischengeschaltet eine Loop Machine, mit der aus der Einzelperson Oberhuber im Gehörgang des geneigten Zaungastes ein ganzes Gitarren-Orchester wird. Und schön extraterrestrisch klingt dessen wabernder Klangteppich, voll Echos und Verzerrungen. Zum Träumen lädt er ein. Improvisiert und immer ein wenig anders, Fehler erwünscht!

Der Künstlername „Hiraeth“ ist ein Wort aus dem Walisischen ohne eindeutige Übersetzung: Die Interpretationen schwanken zwischen Melancholie, Sehnsucht, Heim- und Fernweh. Und damit hat der Künstler seinen Stil selbst am besten beschrieben. Man könnte Hiraeth auch als sphärisch, wuchtig und gleichzeitig sanft beschreiben. Muss man aber nicht, wenn sich das Ohr an der Musik freut, die da in diesem subtilen Holzverschlag gespielt wird und darüber eine Herde fluoreszierender Schafe auf der dunkelblauen Weide des Abendhimmels grasen. Anhören und kostenfrei downloaden kann man die Musik von Adrian „Hiraeth“ Oberhuber übrigens im Internet unter www.h1raeth.bandcamp.com.
Der 23-Jährige aus Feldkirch empfiehlt „twenty“ als Anspielalbum und freut sich über die wachsende Zuhörerschaft sowie insgeheim natürlich auch über Trinkgeld, welches ebenso online gegeben werden kann, wie alle Stücke online gehört werden können.

Stilvolle Monotonie


Die meisten Hiraeth-Hörer finden sich eine Stunde später beim Hauptact des Abends im Pool wieder: MONO aus Japan machen während ihrer Europa-Tournee auch Zwischenstopp in Feldkirch und füttern die Montfortstadt mit fernöstlichen und technikverliebten Ohrwürmern.
Musikalisch wird das Quartett rund um Takaakira Goto, das rein instrumental arbeitet, von Sonic Youth oder My Bloody Valentine beeinflusst und gern mit Mogwai oder Godspeed You! Black Emperor verglichen.

Die Performance der japanischen Postrocker ist alles andere als MONOton, auch wenn sie sich einen Jux aus dem Bandnamen zu machen scheinen. Mimik und Gestik bleiben über weite Strecken lethargisch, ebenso gleichmäßig und melodiös sind die Stücke und die hervorragende Lichtsetzung, deren ruhige grün-blaue Lichtkegel, abgestrahlt von asiatischen High-Tech-Sonnen, nie die Bühne verlassen: Das ist vermutlich die asiatische Zurückhaltung.

Takaakira Goto (Gitarre), Tamaki Kunishi (Bass, Piano), Yasunori Takada (Drums) und der ominöse Yoda (Gitarre) haben sich seit ihrer Gründung 1999 international einen Ruf erarbeitet. Ihre Liveshows genießen Kultstatus. Inspirieren lassen sie sich gerne von der japanischen Kultur, diese rätselhafte Mystik scheint jedem gespielten Ton immanent zu sein.
Keyboard, Schlagzeug, E-Gitarren und selbst ein Metallophon werden von den Musikern allesamt wie ein einziger Gong bespielt. Die erzeugte Stimmung ist so dicht, das schärfste Messer könnte sie nicht zerteilen. Gerüchten zufolge mussten die gewünschten und bespielten Instrumente erst mühsam in der Region aufgetrieben und dann in die Poolbar geschafft werden.

Die Zerstörung der Idylle folgt einer geplanten Dramaturgie: Musikstücke und Performance werden schneller, in die ruhigen Passagen rutschen immer öfter Core-Elemente. Die Technik leistet mit bunter und schneller werdenden Lichteinsätzen ihren Anteil.
Bald ist der Pool nicht mehr ozeanisch, sondern diabolisch eingestimmt: Rote, orange, pinke und tiefblaue Kegel schwenken wie suchende Blicke über die Bühne, auch sanftes Stroboskop setzt ein, welches die Badegäste aber niemals irritiert oder gar blendet, sondern einfach nur visuelle Geschwindigkeit erzeugt. Ein Höhepunkt des Konzerts und sein grandioses Finale!

Gegen Mitternacht ist der Spuk vorbei, die blinkenden Ufos ziehen weiter. Das neue Album "Requiem For Hell" erscheint am 14. Oktober. Auf die neue Untertasse der Japaner darf man sich schon jetzt freuen: www.youtube.com/watch?v=OI51id85jyo

Zurück bleiben am Sonntag jedenfalls lächelnde Besucher, die sich zufrieden die Ohropax entfernen. Die Ohrwürmer des Postrock-Abends werden hingegen hoffentlich noch lange ihre Bahnen durch die Hirnrinden der Vorarlberger Postrock-Fans fressen.