Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 13. Mai 2012 · Musik

Heile Welt? Andere Welt. Gemeinsame Welt! – in „Marie im Buchenwald“ schufen viele Mitwirkende ein beeindruckendes Ganzes

Das musikalische Märchen „Marie im Buchenwald“ stellten kleine und große BewohnerInnen der Gemeinde Buch auf die Beine und erhielten dafür von den begeisterten ZuschauerInnen standing ovations. Mit ganzem Einsatz, überschäumender Spielfreude und hervorragenden schauspielerischen, sängerischen und musikalischen Leistungen zogen die Mitwirkenden im voll besetzten Cubus in Wolfurt das Publikum in ihren Bann. Auf herzerfrischende Weise und mit allen Sinnen war das kreative Miteinander erfahrbar.

Das Projektteam „CoolTour!Buch“ mit Christian Tomasini, Marcus Peschek, Stefan Meusburger und Alexander Eberle hatte eine Idee, die über die Gemeinde- und Landesgrenze hinaus Aufmerksamkeit erregte. Nach einem Drehbuch von Marc Gustav Eberle und Max Steegmüller sowie Texten von Burghard M. Zlimnig wurde das musikalische Märchen „Marie im Buchenwald“ umgesetzt. Darin wird die Geschichte eines außergewöhnlichen Mädchens erzählt, das vorverurteilt und als Hexe abgestempelt in den Wald vertrieben wird. Dort lernt das Kind im Einklang mit der Natur seine individuellen Fähigkeiten kennen. Doch auch Marie muss akzeptieren, dass die Elemente der Natur nur mit einem positiven Geist erfahr- und nutzbar sind. Mit Hilfe ihres Freundes, dem Elb, kehrt Marie ins Dorf zurück und kann mit ihren besonderen Kräften den BewohnerInnen helfen. Gemeinsam erkennen sie, dass alle „Kinder der Erde“ sind.

Wandlungsfähige Musik

Die Musik zur Geschichte komponierten Stefan Meusburger und Thomas Ludescher in einer Gemeinschaftsarbeit. Dabei fingen sie in einer traditionsgebundenen Musiksprache die Stimmung und das Ambiente der Geschichte ein, beispielweise in der Ouvertüre, wo über einem Klanggrund von unten die Musik aufwallte und eine Erwartungshaltung weckte. Später verdichtete sich der Klangteppich und entwickelte einen choralartigen Charakter mit homophon geführten Stimmen. Der Chor sang von der heilen Welt, die jedoch schnell in Frage gestellt wurde. Musikalisch wurde die zwiespältige Idylle ins Wanken gebracht, indem rhythmische Floskeln nicht mehr miteinander vereinbar waren und den musikalischen Fluss aus den Fugen hoben.

Vielgestaltig war die Musik instrumentiert, sodass die Stimmungen im Dorf und vor allem jene im Wald in einem besonderen musikalischen Licht zur Geltung kamen. Flöte, Violoncello und Klavier übernahmen weitgehend die Szenen in der Natur. Kauzig mit spitzen Rhythmen und markant konturierten Themen wurde der Elb, Maries Freund und guter Geist, charakterisiert. Dramatik erzeugte der volle Bläsersatz in der Feuerszene, in der das Inferno mit Sirene verstärkt wurde. Unterschiedliche Marschtypen und der Aufmarsch der jungen MusikantInnen sorgten für Abwechslung. Lyrische Songs, die Marie und ihre Mutter sangen, vermittelten eine Botschaft. Eine gute Klammer zum Inhalt des musikalischen Märchens schufen die Komponisten, indem sie gegen Ende Reminiszenzen zum Beginn schufen. Dadurch ergab sich eine gut nachvollziehbare Abfolge und Bogenform. Einen hymnischen Schlusspunkt stellte das gemeinsam gesungene Lied „Wir sind Kinder der Erde“ dar.

Vielgestaltige Blasorchesterbesetzung

Das groß besetzte Blasorchester unter der Leitung von Stefan Meusburger agierte hervorragend. Zahlreiche solistische Passagen, mit Kantilenen der Klarinette, Oboe, Violoncello – um nur einige zu nennen – schufen eine besondere Atmosphäre und unterstrichen die Gefühle der Protagonisten sowie den emotionalen Gehalt der Handlung. Darüber hinaus waren die Chorszenen gut in das Gesamtgefüge integriert.

Hervorragende SchauspielerInnen und SängerInnen

Alle DarstellerInnen, von den Kindergartenkindern über Menschen mit besonderen Bedürfnissen bis zu den PensionistInnen, waren mit großem Einsatz bei der Sache und beeindruckten jeweils auf ihre eigene Art und Weise. Melanie Stadelmann als Marie und Patrizia Juen als Mutter spielten die Hauptrollen. Besonders ihre natürliche Ausstrahlung und die schönen Stimmen verströmten eine große Wirkung. Auch Yvonne Böhler als Elb begeisterte mit ihrem schauspielerischen Talent. Die Waldfee (Sandra Eberle) und der Waldgeist (Gerhard Stofleth) vermittelten ihre Werte mit Humor und brachten mit markanten Sprüchen die Leute zum Lachen.

Zweckmäßige und einfallsreiche Bühnengestaltung

Dagmar Ullmann-Bautz führte die Regie in diesem groß angelegten Gemeinschaftsprojekt, unterstützt wurde sie von Andreas Neusser. Für das Bühnenbild kreierten sie einen transparenten Vorhang, auf den Bilder projiziert wurden. Damit wurde ein zweigeteilter Raum geschaffen, einesteils für das Blasorchester, das hinter der Kulisse platziert war, und andernteils für die Handlung, die im Bildvordergrund über die Bühne ging. Die jeweiligen Bildprojektionen vom Dorf und dem Wald, sowie eine sparsame, jedoch wirkungsvolle Lichtgestaltung gliederten den Bühnenraum zweckmäßig und vielseitig.

Farbige Gruppenszenen

Der Auftritt der vier Elemente ermöglichte es auch den kleinsten DorfbewohnerInnen, mit schönen Kostümen bei diesem musikalischen Märchen mitzuwirken. Erde, Wind, Feuer und Wasser wurde mit unterschiedlichen Tänzen dargestellt, jeweils unterstützt von speziellen Instrumentalfarben, wie Oboe, Marimba, Glockenspiel und Klavier sowie musikalischen Allusionen.

Imponierendes Zusammenwirken

Herz, Mut, Geduld und Verständnis sind nötig, um Hilfe zu geben. Das erfuhr Marie während ihres Aufenthaltes im Wald. Genau diese Eigenschaften und noch einige mehr waren auch erforderlich, um dieses Großprojekt zu realisieren. Hinter dem großen Erfolg dieser Gemeinschaftsproduktion stehen unzählige ungenannte Beteiligte und HelferInnen. Kultur im besten Sinne wurde hier erfahrbar. Die Begeisterung der Mitwirkenden und der BesucherInnen sind vielleicht Initialzündung für weitere kreative Menschen im Land.