Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Ionian · 03. Mai 2014 · Musik

Hände hoch - Hosen runter! Das Soundsnoise Festival am Spielboden Dornbirn

Dieses verlängerte Wochenende steht der Spielboden Dornbirn ganz im Zeichen von Experimentellem, Avantgardistischem, Schrägem und Extremem aus der Welt der Musik. Diese Aufzählung kennt man inzwischen schon, denn seit 2008 wird sie mit dem Soundsnoise Festival in Verbindung gebracht. „Hände hoch – Hosen runter!“ titelt das diesjährige Festival mit einer plakativen Aufforderung. Dabei wurde heuer genreverwischender gemischt und der Fokus neben frischer Musik auch auf starke Performance gelegt.

Am Mittwoch fand bereits der erste Abend des dreitägigen Festivals statt. Headliner machten When Saints Go Machine aus Kopenhagen mit experimenteller Elektronik, Post Punk und einer gesunden Portion Pop. Davor gab sich Jeremiah Jae aus Chicago, seinerseits Teil des Flying Lotus Umfelds, die Ehre. Aus Österreich kamen Julian & der Fux sowie Wandl zu ihrer Gelegenheit die Plattenteller zu drehen.

Vom Sofa in die Konzerthalle


Der 1. Mai wurde als Feiertag einfach ausgelassen, also ging am gestrigen Freitag der zweite Festivalabend über die Bühne. Und obwohl zu Beginn noch recht wenig Gäste da waren, eröffneten Sex Jams mit einer energiegeladenen Performance im Riot Grrrl-Stil. Bei so viel (Überzeugungs-)Kraft und Bewegung on Stage wurde vom Publikum über die verlorene Stimme von Katie Trenk und den einen oder anderen Verhaspler in der Hitze des Gefechts einfach hinweggesehen. I-Wolf & The Chainreactions waren schon letztes Jahr beim poolbar Festival und zumindest er selbst war auch als Teil der Sofa Surfers beim poolbar/generator mit dabei - gern gesehene Gäste also. Und das Konzert war überzeugend. Viel Elektronik, aber eben auch die Klangfarben eines echten Drums, gelegentliche E-Gitarren und die gut ins Gesamtwerk eingewobene Stimme von Wolfgang Schlögel wurden mit dem Sound einer Harfe gekrönt. Ihre Songs, die Pop, Soul und Jazzmusik elektronisch unterstützt zeitgenössisch repräsentieren, waren durch die Bank tanzbar und auf tiefen Bässen gebettet.

Von leicht bekömmlich bis richtig schräg


Inzwischen waren schon etwas mehr Besucher am Spielboden und wechselten mit den Konzerten zwischen Kantine und Saal hin und her. Aber der richtig große Ansturm, der die Hallen füllen würde, ist leider bis zuletzt ausgeblieben. In der Kantine spielte inzwischen bereits Cid Rim. Spielen im Sinne von nicht „nur“ aufzulegen, sondern die programmierten Beats mit analogen Drum-Patterns, die er mit seinen Fingern live in seine Pads klopfte, zu erweitern. Seine feine Klinge zeigte er in messerscharfen Grooves aus den mythischen Formeln des Funks. Der große Headliner waren Fuckhead, die sich analogem Aktionismus, digitaler Kunst, Lärm, Schmutz und Schund in grandiosen performativen Desastern seit 1988 verschrieben haben. Was sie machen, sieht man sonst nicht und wer ihre Live-Show nicht kennt, sollte sie sich bei Gelegenheit mal ansehen. Schon beinahe rituell versetzten sie den Saal in eine verschrobene Welt zwischen Gesellschaftskritik und Naturanbetung. Ihre verrückten Outfits und befremdlichen Aktionen fesselten das Auge, während in den Texten genug Platz für eigene Interpretationen gelassen wurde. Die Halle wurde zu einem Wald und man gab sich öffentlich die Blöße.

Komfortzone verlassen


Das Festival hat seinem Namen am Freitag alle Ehre gemacht. Die Genres sind ineinander geflossen, es war sehr abwechslungsreich. Bis zum Headliner waren die Acts durchaus experimentell, aber gar nicht so schräg, was sich dann zum Ende hin noch wandelte. Etwas mehr Mut wäre gefragt, vor allem aber vom Publikum, sich auch mal auf sehr wohlüberlegt gebuchte musikalische Abwege zu begeben. Dafür muss man aber – vielleicht auch trotz trüben Wetters – die eigene Komfortzone verlassen, sowohl im Kopf als auch mit den Füßen.

Heute finaler Abend


Für den heutigen Samstag steht noch ein großes Finale am Spielboden an. Begonnen wird mit einer Lecture bei freiem Eintritt mit dem renommierten Produzenten Patrick Pulsinger um 19 Uhr. Ab 21 Uhr wird er dann auch live auf der Bühne zu hören sein, nach Ken Hayakawa, Tike Myson & Mané, DJ Moogle und den fabulösen Farbenfratzen. Hände hoch – Hosen runter und keine Angst vor schräger Musik.