Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Silvia Thurner · 25. Okt 2015 · Musik

Grenzüberschreitendes Jubiläumskonzert – Der Konzertchor Schaffhausen, die Vocale Neuburg und die Südwestdeutsche Philharmonie unter der Leitung von Guido Helbling nahmen sich mit Verdis Requiem (zu) viel vor

In einem groß angelegten Freundschaftsprojekt feierte der Konzertchor Schaffhausen aus der Schweiz sein 50-jähriges Bestandsjubiläum. Dazu eingeladen hatte der Chorleiter Guido Helbling auch Oskar Egle und den Kammerchor Vocale Neuburg sowie die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz. Im Bregenzer Festspielhaus interpretierten etwa 135 Sängerinnen und Sänger sowie über 50 Orchestermusiker Verdis „Messa da Requiem“. Das Projekt war als gesellschaftliches Großereignis wohl für alle Mitwirkenden eine Bereicherung. Eine enorme Herausforderung stellte die kontrastreiche Musik von Guiseppe Verdi mit den exponierten Passagen des „Dies irae“ und monumentalen Fugen dar. Deshalb ließ die Interpretation Wünsche offen.

Verdis „Messa da Requiem“ ist ein anschaulich komponiertes Werk mit einer überwältigenden musikalischen Aussagekraft. Besonders ansprechend sind die zahlreichen Wechsel zwischen chorischen und solistischen Passagen sowie der plastisch ausgestaltete Orchesterpart mit textdeutenden Soli und die farbenreiche Harmonik gestaltet.

Guido Helbling ist der langjährige Leiter des Konzertchores Schaffhausen. Als Fan der Opern von Guiseppe Verdi war es sein Wunsch, die „Oper in liturgischem Gewand“ - wie das Requiem schon von Verdis Zeitgenossen genannt wurde - zu interpretieren.

Leidenschaftlich bewegt


Das als zentrale Säulen an bedeutenden Stellen erklingende „Dies Irae“-Thema, in dem die leidenschaftlich bewegten emotionalen Wirren, Nöte und Ängste besonders drastisch in Musik gesetzt sind, stellten die Sängerinnen und Sänger sowie die Orchestermusiker mit markanten Phrasierungen und Akzentuierungen in den Raum. Auch Wechsel zwischen höchster Emotionalität und spannungsgeladener Ruhe ergaben musikalisch dichte Aussagen. Engagiert gestaltete der Chor die Fuge im Libera me und trat in der abschließenden, a cappella geführten Passage mit der Sopranistin in einen eindruckvollen Dialog.

Doch die kontrastreiche, formale Anlage des Requiems stellte vor allem hinsichtlich der „Nahtstellen“ und Übergängen höchste Anforderungen an die Ausführenden. Insbesondere in diesen Passagen wirkte die Werkdeutung wenig prägnant.

Klanghomogenes Solistenquartett


Das Solistenquartett mit der Sopranistin Kimberly Brockman, der Altistin Iréne Friedli, dem Tenor Claude Pia und dem Bassisten Rudolf Rosen war in sich gut aufeinander abgestimmt. Besondere Aufmerksamkeit lenkten die Altistin mit ihrem warmen Timbre und der sonoren tiefen Lage sowie die klanglich feinsinnige Sopranistin auf sich. Während der Bassist mit ergreifend dargebotenen Soli überzeugte, strahlte der Tenor eine opernhafte Singhaltung aus. Vor allem in den höheren Lagen wirkte seine Stimme gepresst.

Grenzen ausgelotet


Das Großaufgebot an Choristen ließ auf eine ausladende Klangfülle schließen. Doch diese Erwartung wurde enttäuscht, denn der Chor entwickelte, trotz der guten Intonation wenig Klangvolumen und Brillanz, wohl auch deshalb, weil die Sängerinnen und Sänger in nicht wenigen Passagen an die Grenze ihrer Möglichkeiten stießen. Umso höher ist der enorme Einsatz, der Enthusiasmus, das Bemühen um Textdeutlichkeit sowie prägnant ausgeformte Vokalklänge zu schätzen.

Guido Helbling war am Dirigentenpult vornehmlich auf den Chor konzentriert. Etwas verhalten motiviert wirkte die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz, gestaltete ihren Part jedoch adäquat aus. Immer wieder aufhorchen ließen die wirkungsvoll gesetzten, textdeutenden Soli.