Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Silvia Thurner · 23. Apr 2016 · Musik

Fünf Werke, fünf musikalische Welten – Johannes Hämmerle und das Ensemble Plus präsentierten im Rahmen eines vielgestaltigen Konzertes neue Kompositionen von hier und anderswo

Einen Kammermusikabend mit Seltenheitswert im dichten Kulturkalender Vorarlbergs wurde im ORF Funkhaus geboten. Die von Bettina Barnay und Andreas Ticozzi initiierte und organisierte Reihe „Neue Musik im Gespräch“ wartete mit abwechslungsreichen Kompositionen und hervorragenden Musikern auf. Präsentiert wurden neue Werke, speziell geschaffen für historische Instrumente. Allen voran gelangte das Cembalostück „Parcours“ von Wolfram Schurig in der Interpretation von Johannes Hämmerle zur erfolgreichen Uraufführung. Mit Werken von G.F. Haas, Pamar Vir, Nicolaus A. Huber und Fraghiz Ali-Zadeh wurde das Konzert abgerundet .

„Parcours“ für Cembalo solo illustrierte unter anderem den musikhistorischen Hintergrund des Komponisten Wolfram Schurig hervorragend. Als Blockflötist sind ihm Stiltypen der Chaconne und des Cantus firmus sehr geläufig. Sie bildeten die Inspirationsquelle für das geistreich angelegte Solowerk für Cembalo. Verspielt und transparent formte Wolfram Schurig die beiden ineinander fließenden und gegenläufigen Hauptlinien in den unteren und oberen Registern. Durchsetzt wurde der musikalische Fluss mit Verzierungen und Arppeggi, die auf verschiedene Arten gehört werden konnten, entweder als Zäsuren oder als Marksteine des Weges. Wolfram Schurig hat das Stück für den allseits geschätzen Cemabalisten Johannes Hämmerle komponiert. Und wie zu erwarten war, spielte er die Uraufführung von „Parcours“ mit einer bewundernswerten Leichtigkeit, einem durchhörbaren Atem, der den Bogen der Musik gut nachvollziehbar nachzeichnete.

Georg Friedrich Haas' „Solo“ für Viola d’amore ist für den Bratschisten und Spezialisten dieses 14-saitigen Streichinstrumentes, Garth Knox, entstanden. Dementsprechend vielschichtig und spieltechnisch anspruchsvoll ist das Werk konzipiert. Der Bratschist Andreas Ticozzi stellte seine Interpretation vor und brachte insbesondere die vielfarbigen Obertonspektren der verstärkt eingesetzten Viola d’amore schön zur Geltung. Allerdings blieben die mikrotonalen Färbungen etwas zu sehr im Klanghintergrund.

Rasch erschöpft


„Himeros“ von Nicolaus A. Huber spielten die Harfenistin Mirjam Schröder und die Percussionistin Rie Watanabe. Unterstützt wurden sie von Christoph M. Holzer, der die CD-Zuspielungen beisteuerte. Das an der griechischen Mythologie angelehnte Werk entfaltete zu Beginn eine feinsinnige Atmosphäre, in der zarte Klanggebungen spannende Schwebungen freisetzten. Doch bald schienen die musikalischen Ideen erschöpft und die Musik plätscherte in einem Sammelsurium von Klimbim dahin. Am vermeintlichen Höhepunkt wurde schließlich das Publikum mit einem durchdringenden Sinuston malträtiert, der in mir eine gehörige Portion Aggression freisetzte. Auf derart nervenaufreibende und dabei belanglose Kompositionen verzichte ich gerne.

Emotional gedeuteter Text


Param Vir hat seinem Werk „... beyond the reach of the world ...“ einen Text des dänischen Widerstandskämpfers Kim Malthe-Bruun zugrunde gelegt. Die eindringlichen Zeilen, in denen trotz Folter eine hoffnungsfrohe Stärke zum Ausdruck gebracht wurde, bestimmten auch das musikalische Erlebnis. Emotional angespannt, mit brutal durchsetzten Schlagzeugpassagen sowie Klangfeldern, die die Zeit aufzulösen schienen, entwickelte sich das mitteilsame Werk. Jessica Kuhn am Violoncello und Rie Watanabe musizierten mit großer Empathie.

Orientalischer Touch


Abschließend erklang die Komposition „Schwindende Schönheit“ der asserbaitschanischen Komponistin Franghiz Ali-Zadeh als österreichische Erstaufführung. Ihren Reiz bezog die Musik auch aus der Instrumentation mit Viola d’amore, Barockcello, Perkussion und Harfe. Die Verzierungen der Viola d’amore unterstrichen die orientale Färbung und der zugrunde gelegte Maqam verlieh der Musik zugleich Stabilität und Bewegungsimpulse. Auch dieses Werk spielte das Ensemble Plus mit viel Bedacht auf die zugrunde liegenden Intentionen der Komponistin.

Gespräche mit Komponisten


Die Reihe „Neue Musik im Gespräch“ zeichnete sich durch die informativen Moderation und Interviews aus, die Bettina Barnay mit den anwesenden Komponisten Wolfram Schurig und Param Vir führte. So erhielt das Publikum gute Einblicke in die Ideenwelt der Komponisten. Unter dem Leitgedanken „grenzenlos“ war das Programm konzipiert worden. Die Musik streifte tatsächlich eine breite Palette an Ausdrucksformen. Im Hinblick auf die Reisefreiheit der Komponistin Franghiz Ali-Zadeh zeigte sich jedoch die Realität. Die in Berlin lebende Komponistin konnte der Einladung ins ORF Publikumsstudio nicht folgen, weil ihr Visum lediglich für Deutschland gilt.

 

Hörtipp
26. April 2016, Zeitton-Porträt von Wolfram Schurig, Ö1, 23 Uhr.
30. Mai 2016, Zeitton mit Ausschnitten aus dem Konzert, Ö1, 23 Uhr.