Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Thorsten Bayer · 07. Apr 2018 · Musik

Ein Festival auf konstantem Topniveau – das Dynamo geht weiter

Am zweiten Tag des Dynamo Festivals in Dornbirn überzeugten vor allem die Künstler auf der Open-Air-Bühne vor dem Spielboden: Gospel Dating Service, Prinz Grizzley and his Beargaroos sowie Onk Lou & The Better Life Inc. Drinnen wussten Leoniden zu begeistern, etwas zwiespältig blieb der Eindruck bei Farewell Dear Ghost. Am heutigen Samstag geht das Festival zu Ende.

Für Andreas Mäser, Kurator des dreitägigen Festivals, gab es bei der Auswahl der Künstler klare Kriterien. „Am wichtigsten ist uns, dass der Act authentisch ist. Mit Bands, die keinen Inhalt haben, können wir sehr wenig anfangen. Sehr wichtig ist uns auch, wie die Band live auftritt, wir wollen unserem Publikum Konzerte bieten, die man nicht so schnell vergisst.“ Diesem Anspruch werden heute vor allem Leoniden gerecht. Die Band aus Kiel gewann im November mit dem New Music Award einen der wichtigsten deutschen Nachwuchspreise und trat damit in die Fußstapfen von Künstlern wie Kraftklub, OK Kid oder Bonaparte. Bei ihrem ersten Auftritt in Österreich ist die überschießende Energie der fünf Jungs aus dem hohen Norden mit Händen zu greifen. Das gilt vor allem für Lennart Eicke. Bei dem Gitarristen muss man zeitweise Angst haben, dass unweigerlich der Moment kommen wird, an dem er entweder sich selbst oder einem seiner Kollegen die Fender Stratocaster über die Rübe zieht. Das Konzert – ein Klanggewitter, das den Besuchern noch lange in Erinnerung bleiben wird – geht ohne Verletzungen zu Ende.
„Statt Meinungen und Positionen zu transportieren, wollen Leoniden lieber ein Gefühl vermitteln: Man soll feiern können zu ihren Songs“, sagte Sänger Jakob Amr in einem laut.de-Interview. „Wir laden eher dazu ein, dass man ausgelassen tanzt – und nicht auf seine Schuhe glotzt, sein Leben reflektiert und so ein bisschen traurig wird. Uns ist dieses Ekstatische wichtiger, weil das auch ein Umgang mit vielen Sachen sein kann." So bieten die Musiker mit ihrem leicht an Linkin Park erinnernden Stil eine sehr unkonventionelle Show, die nicht viel Zeit zum Luftholen lässt.

Gelungener Start 

Einen Schritt zurück: Der Abend beginnt auf der Open-Air-Bühne mit Gospel Dating Service aus Wien. Die drei bieten einen fulminanten Auftakt. Frei nach dem Motto „Vorsichtig abtasten ist nicht“ gehen sie gleich in die Vollen. Die fehlende Gitarre machen sie mühelos wett. Christoph Ertl, der Kopf der Band, begeistert mit seiner stimmlichen Klasse und Wucht das Publikum. Der Platz vor dem Spielboden ist zu dieser Zeit – gegen 18.30 Uhr – bereits gut besucht.
Mit einem deutlich zurückgelehnteren Sound und einer ebensolchen Attitüde präsentiert sich als nächstes Chris Comper aka Prinz Grizzley, der seine Beargaroos mitgebracht hat. Beeindruckend, wie sehr er in sich ruht. Mit dieser (Country-)Musik, der Optik und der Stimme, die eine höchst stimmige Einheit bilden, könnte er auch einen Saloon im Wilden Westen bestens unterhalten. Zu diesem stilechten Auftritt trägt Johannes Bischif an der Pedal Steel Guitar wesentlich bei. Bemerkenswert ist, dass die Cowboy-Haltung des Prinzen kein bisschen aufgesetzt oder ironisch wirkt. So kann man gar nicht anders, als an den Lippen des Bregenzerwälders zu hängen.

Zurück in Dornbirn

Onk Lou kann sich Gesichter gut merken. „Ich erkenne einige Leute wieder“, sagte er beim Blick ins Publikum und sprach von einer „innigen Liebesbeziehung mit dieser Venue“, die er seit seinem ersten Auftritt in Dornbirn 2016 unterhalte. Nach dem Konzert darf man davon ausgehen, dass er nicht das letzte Mal hergekommen sein wird: Sein Bluesrock geht erneut in die Beine, auf der Bühne fliegen schnell die Haare. Und dann diese herrlich kratzige Stimme dazu!
Zurück in den großen Saal, wo Farewell Dear Ghost warten. Die Gewinner des Radio FM4 Awards treten deutlich cooler als ihre Vorgänger auf. Den meisten Besuchern gefällt zwar, was sie sehen und hören. Mich lässt diese Show seltsam kalt. Dieses für mich letzte Konzert des Tages (den tatsächlichen Abschluss mit Goldroger, der um 0.15 Uhr starten sollte, schaffte ich nicht mehr) trübt jedoch nicht den hervorragenden Gesamteindruck des Festivals. Ein großes Kompliment an das Team des Spielbodens!

Am heutigen Samstag geht die Veranstaltung in ihr Finale. Es gibt noch Tickets an der Abendkasse. Los geht es auf der Open-Air-Bühne um 17 Uhr mit Yukno, es folgen Cari Cari und Scheibsta & Die Buben. Im großen Saal spielen von 21 Uhr an Ant Antic sowie Fiva mit ihrer Jazzrausch Bigband (JRBB). Für den krönenden Abschluss wird die sicherlich sehenswerte Ankathie Koi zuständig sein.

www.spielboden.at
www.dynamofestival.at