Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Thorsten Bayer · 18. Mai 2017 · Musik

Ein Bluesrocker in allerbester Begleitung – Joe Bonamassa in Ravensburg

Auf seinen Alben klingt der 40-jährige Wahlkalifornier Bonamassa trotz seiner fulminanten Soli mitunter etwas seelenlos. Live sieht das ganz anders aus, wie er gestern Abend eindrücklich unter Beweis stellte. In die Oberschwabenhalle Ravensburg hatte er eine Begleitband aus sieben Musikern mitgebracht, die jede und jeder für sich erlebenswert waren.

Der 70 Jahre alte Keyboarder Reese Wynans beispielsweise war bereits in der Band von Stevie Ray Vaughan und spielt sich heute mit Bonamassa auf der Bühne die Bälle zu. Keine leichte Aufgabe angesichts der flinken Finger Bonamassas, der zu einem epischen Solo nach dem anderen ansetzt. Doch Wynans hat – wenn nötig – stets den passenden Konter parat. Ähnlich virtuos agieren die beiden Backgroundsängerinnen, außerdem Michael Rhodes am Bass, der auch einen Rhythmusgitarristen nicht vermissen lässt, Saxofonist Paulie Cerra, Lee Thorbud (Trompete) und Schlagzeuger Anton Fig. Letzerer war Mitglied der „World´s Most Dangerous Band“, die später als „CBS-Orchestra“ die Show „Late Night with David Letterman“ begleitete.

Viel Prominenz also um Bonamassa herum, doch das ist für den Ausnahmegitarristen nichts Neues. Als Zwölfjähriger – zu diesem Zeitpunkt hatte er schon acht Jahre Erfahrung auf sechs Saiten – stand er mit B. B. King auf einer Bühne. Zwei Jahre später lernte er drei Jungs kennen, denen allesamt musikalisches Talent in die Wiege gelegt worden war: Berry Oakley jr., den Sohn des Bassisten der Allman-Brothers, Miles Davis’ Spross Erin sowie Waylon Krieger, dessen Vater bei den Doors am Keyboard gesessen hatte. Zusammen gründeten sie die Band „Bloodline“.

Umfangreiches Werk

Heute ist Bonamassa, der in der Kleinstadt New Hartford im Bundesstaat New York zur Welt kam, selbst ein ganz Großer. Und dazu ein ganz Fleißiger: In den vergangenen 16 Jahren erschienen 12 Studioalben, außerdem zahllose Live-Produktionen sowie Projekte mit anderen Künstlern wie Beth Hart. „Blues of desperation“ heißt sein neuestes Werk, das er stilsicher in Nashville/Tennessee aufnahm. Ganz so verzweifelt, wie es der Albumtitel nahelegt, klingen die Songs nicht. An der Einschätzung des Kollegen Dirk Weber in der Online-Ausgabe der Rheinischen Post ist schon was dran: „Er spielt keinen Tränenzieher-Blues. Er mag es laut, sehr laut sogar, aber sauber. Wenn Jack White den Bluesrock durch den Dreck zieht, wäscht Bonamassa ihn anschließend wieder rein und bügelt ihn glatt.“ Es stimmt schon: Die – handwerklich vergleichbaren – Songs eines Gary Moore zielen direkter aufs Herz und treffen es auch. Und doch gewinnt die Show im Laufe der Zeit an Tiefe. Das gilt vor allem dann, wenn der Maestro den Fuß vom Gas nimmt und seinen Kollegen Raum gibt.

Schatten-Mann in der Hitze des Scheinwerferlichts

Bonamassa hat seiner Heimat im Nordosten der USA den Rücken gekehrt und lebt heute in Los Angeles. „A sunny place for shady people“, wie er witzelt. Sein anfangs blassroter Maßanzug wird immer dunkler; kein Wunder bei dem Tempo und den Metern, die er auf der Bühne macht. Nach rund anderthalb Stunden erhebt sich das Publikum auf sein Zeichen hin von seinen Stühlen und strömt direkt vor die Bühne. Das scheint nicht immer so leicht zu gehen. Auf Twitter bedankte sich Bonamassa noch am gleichen Abend bei „one of the rowdiest groups this year“.

Von seinem Mentor B. B. King hat Bonamassa die Tradition übernommen, junge Bluestalente zu fördern. „He helped me get started in the music business,” erzählt Bonamassa. „It was this humility and this giving back to other artists that has stayed with me, and it’s something that I try and do with other artists in my own career. B.B.’s legacy in my life was that he gave me a stage and allowed me to play to his audience, and some of his audience became my audience. I can never repay the debt of gratitude that I have for this man that befriended me and gave me that opportunity.”

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