Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Peter Bader · 21. Mär 2016 · Musik

Ein Amerikaner in Dornbirn - Peter Madsen präsentiert seine Brazilian Workshop Band, sein Trio und das CIA Seven Sins Ensemble

Nach dem Auftakt mit Peter Madsens CIA Silent Movie Ensemble am Donnerstag, steht am Freitag Tag 2 von Peter Madsen's 60th Birthday Celebration Weekend am Spielboden auf dem Programm: Professionelle Spielfreude sorgt für ein überragendes Konzerterlebnis.

 

Freitagabend: Gut gelaunt betritt Peter Madsen die kleine Bühne der Spielboden-Kantine und heißt das Publikum zu „Day two“ seines 60th Birthday Celebration Weekends willkommen. An diesem Abend ist er wieder Moderator, Bandleader und Pianist in Personalunion. Eine Rolle, die er sichtlich genießt. Und: Ein weiteres Mal darf man Zeuge davon werden, was für ein Gewinn, was für ein Glücksfall der große Jazz-Pianist und -Pädagoge Peter Madsen für die Vorarlberger Musikszene ist.

Erster Programmpunkt des Abends ist seine Brazilian Workshop Band, die er im Jazz-Seminar Dornbirn betreut. Es ist eine recht junge Formation aus Musikern und Musikerinnen, die selbst Musiklehrer und Musiklehrerinnen sind und die sich bei Madsen in Sachen Latin Jazz weiterbilden: Monica Matyas (voc), Thomas Fend (dr), Andi Amann (b), Oliver Rath (g) und Aleksandra Lartseva (violin, voc).

Bühnen-Profis

 

In der gut besuchten Spielboden-Kantine bringen diese ambitionierten Bühnen-Profis Kostproben ihres Könnens zu Gehör und bekommen dafür immer wieder viel Applaus. Wie in der Jazz-Praxis üblich, wird jedem Musiker und jeder Musikerin nach der Vorstellung des Themas viel Raum gelassen, um sich solistisch zu präsentieren. Dies überzeugend in Nummern wie „Casa Forte“, „Berimbau“ oder „Happy people“. Sehr ansprechend, weil gut strukturiert und virtuos, sind die Soli des Gitarristen Rath. Die Sängerinnen Matyas und Lartseva lassen durch ihre klangschönen und gut geführten Stimmen aufhorchen. Sehr schön der Titel „So many stars“, den sie zu zweit performen. Madsen selbst sorgt für einige selbstredend professionelle Intros und fingerfertige, vollgriffige Soli am Casio Privia-Stagepiano, das er mit einem glockigen Rhodes-Sound spielt. Als Begleiter nimmt er sich zurück, schafft aber die rhythmisch-klangliche Basis, auf der seine Mitmusiker und Mitmusikerinnen zur Höchstleistung auflaufen können.

Auftrittsapplaus

 

Auf der Hauptbühne im Spielboden-Saal sorgt das Erscheinen Peter Madsens im zweiten Teil des Abends sofort für Auftrittsapplaus. In CIA Trio-Besetzung mit Alfred Vogel am Schlagzeug, Herwig Hammerl am Kontrabass und Peter Madsen am Seiler-Flügel wird als erste Nummer „Sevidence“ gegeben. Es handelt sich hierbei um Madsens Bearbeitung der Thelonious-Monk-Komposition „Evidence“. Typisch für Madsen wird nicht, wie im Originalstück, im Viervierteltakt musiziert, sondern im Siebenvierteltakt, worauf auch die Wortschöpfung „Sevidence“ anspielt, da in ihr ein Teil des englischen Wortes „Seven“ („Sieben“) enthalten ist. So steht auch der restliche Abend ganz im Zeichen der Beschäftigung Madsens mit den gefürchteten „Odd Meters“, den ungeraden Taktarten. Nach der Vorstellung des Themas besticht Madsen mit einem eleganten und virtuosen, durch kleine Störungen (Sekundreibungen) „monkish“-gefärbten Solo. Hammerl und Vogel bewähren sich als kompetente Sidemen.

Bereichernder Special Guest

 

Für die zweite Nummer dieses Sets, „Mask“, eine Eigenkomposition Madsens, bittet der Protagonist des Abends seinen alten Freund und „Special Guest“ Harry Sokal auf die Bühne. Sokal bereichert das Werk Madsens am Tenor-Saxophon mit einem modernen, geschmeidigen und virtuosen Solo und erntet dafür viel Applaus.

„Elvis never left the building“

 

Mit der dritten Nummer des Sets, „Surrender“, outet sich Madsen als Elvis-Fan. Humorvoll sagt Madsen einführend: „When I was a kid, I wanted to be like Elvis. Look how I turned out.“ Damit leitet er über zum Hauptprogrammpunkt dieses Sets: Der Vorstellung einer seiner neueren CDs - „Elvis never left the building“. Die 2014 in Trio-Besetzung erschienenen Tunes werden nun durch Sokal als Melodie-Interpret ergänzt.

Der Elvis-Song „Surrender“, im Original als rhythmischer Love-Song angelegt, besticht im Jazz-Arrangement Madsens als zarte Ballade. Sokal spielt auf dem Sopran-Saxophon das Thema sehr innig und mündet dann in ein gefühlvolles, bald virtuoses Solo. Madsen tut es ihm am Flügel gleich: mit weichem Anschlag entwickelt er in einem sehr gut aufgebauten Solo  zarte, perlende Läufe. Viel Applaus! Spannend zu beobachten: Die Interaktion der vier Musiker!

Rhythmisch, „rockig“ und auch „bluesig“ wird es dann mit „Jailhouse Rock“ und „Hound Dog“. Letztere Nummer mit einem vollgriffigem, mit mächtiger Pranke gespieltem Piano-Solo. Mit „Don´t be cruel“ endet der Elvis-Block.

„Seven sins“

 

Den letzten Teil des zweiten Abends mit Peter Madsen am Spielboden bestreitet das „Seven Sins Ensemble“. Bekannt wurde dieses Ensemble aus dem Kreativ-Pool des CIA (Collective of Improvising Artists) durch die Produktion „Seven deadly sins“ in Zusammenarbeit mit dem Theater Kosmos. Daraus resultierte auch die gefeierte CD „Gravity of Love“. Peter Madsen verfolgte seine Idee weiter und schrieb zehn Stücke, die auf seiner Lektüre von Texten Edgar Allan Poes basieren. Sieben davon stellt er an diesem Abend einem sehr interessierten Publikum vor.

Auf der Bühne stehen als String Section: Aleksandra Lartseva (violin), Monica Tarcsay (violin), Simon Frick (viola) und Bianca Riesner (cello).  Am Kontrabass: Herwig Hammerl, am Schlagzeug: Martin Grabher. Als Solist gefeatured: Herbert Walser (Flügelhorn, Trompete). Am Flügel selbstverständlich: Das Mastermind Peter Madsen.

Textausdeutung und komplexe Strukturen

 

Bei jeder der äußerst komplexen Komposition referiert Peter Madsen kurz den Inhalt des Textes, so dass man die musikalische Zusammenhänge etwas besser versteht. Ganz klar wird die musikalische Ausdeutung des Textes etwa bei „The tell tale heart“, wo die Bass Drum des Schlagzeugs programmatisch den Rhythmus des Herzschlags spielt. Das neue Werk Madsens ist eine zum Teil düstere Musik, die der Dunkelheit der Texte Poes eben in poe-esker Manier nachspürt. Die vorgestellten Themen sind dramatisch, markant und schlüssig. Neben ruhigen, smoothen Teilen gibt es Passagen, die rocken und sehr rhythmisch angelegt sind. So wird auch hier Madsens Konzept des Kontrasts deutlich. Genauso wie die Idee von Struktur und Freiheit. Denn in der auskomponierten Struktur gibt es immer wieder genug Raum für die Freiheit der Solisten. So etwa für den jungen Bratschisten Simon Frick, der im genannten „The tell tale heart“ ein langes Solo spielt, das er mit elektronischen Effekten - etwa Delay - anreichert.

Eine Zugabe: „A descent into the maelststrom“. Viel Applaus für das Ensemble und die Solisten!