Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Dagmar Ullmann-Bautz · 12. Nov 2015 · Musik

Ein Abend voller Überraschungen - "Die kahle Sängerin" am Vorarlberger Landestheater

Gestern feierte das Absurde Theater seinen gelungenen Einzug ins Vorarlberger Landestheater. Dem jungen, höchstmotivierten Team, angeführt von Regisseur Matthias Rippert, gelang es mit Leichtigkeit das Premierenpublikum für sich zu gewinnen - mit einem faszinierenden Theaterabend ab der ersten bis hin zur letzten Sekunde.

"Die kahle Sängerin" von Eugéne Ionesco ist der Klassiker des Absurden Theaters, das Stück feierte seine Uraufführung 1950 in Paris, wo es sich nach wie vor größter Beliebtheit erfreut. Das Absurde Theater entstand Mitte des letzten Jahrhunderts als Gegenbewegung zum damals reinen Dialogtheater, indem es jegliche Logik und Kausalität aushebelte.

Bezaubernde Geschichte


Die kahle Sängerin tritt in dem Stück nicht auf, sie gibt ihm allein den Titel und Regisseur Matthias Rippert hat sich eine bezaubernde Geschichte dazu ausgedacht - abgedruckt und nachzulesen im Programmheft zum Stück.

Belanglose Konversation


Autor Eugéne Ionesco untertitelte seinen Text mit "Anti-Stück", womit er die Opposition zum damaligen zeitgenössischen Theater unterstrich. Nach dem Abendessen sitzen Frau und Herr Smith beieinander und führen ein belangloses Gespräch, reihen Sätze aneinander. Ein weiteres Ehepaar, die Martins, gesellt sich dazu. Die Konversation gestaltet sich fern jeglicher Realität. Ein Feuerwehrhauptmann kommt vorbei auf der Suche nach Bränden, er beginnt Anekdoten zu erzählen, was auch die anderen animiert, irgendwelche abstrusen Gedankensplitter von sich zu geben.

Große Herausforderung


Das Stück selbst gibt kaum etwas vor, lässt dem Regisseur und den Schauspielern viel Spielraum und ist damit aber auch eine riesige Herausforderung an die Phantasie, den Ideenreichtum und an das schauspielerische Vermögen und den Mut der Mitwirkenden.

Herausragende Regiearbeit

Der junge Regisseur Matthias Rippert, die Ausstatterin Selina Traun und das Schauspielerteam erfüllen diese An- und Herausforderungen mühelos und präsentierten gestern einen spannenden Krimi, eine herrlich spritzige Komödie und eine gesellschaftskritische und politisch aktuelle Auseinandersetzung. Dass das Team bisher fast nur eigene Stücke entworfen hat, spürt man. So hat Rippert den Text mit großartigen Ideen umbaut, ohne zu überfrachten oder zu strapazieren, hat verändert, wo seine Wirklichkeit eine andere ist, als sie Ionescos war. Die großartige Musik- und Geräuschkulisse, eingesetzt wie Filmmusik, unterstützt und lenkt den Fortgang des Abends.

Traumhafte Ausstattung


Selina Traun kleidete die Figuren in stilvolle form- und farbvollendete Kostüme und entwarf eine ganz wunderbare Bühne. Sie nützt einerseits den gesamten riesigen Bühnenraum, um dann wieder eine kleine bezaubernde Küchenschachtel reinzustellen oder ein großes Maisfeld wachsen zu lassen. Perfekt ausgeleuchtet wurden die Szenen vom international arbeitenden Lichtdesigner Gerhard Fischer.

Wunderbar eingespieltes Ensemble


Mit dem ersten Schritt auf die Bühne zieht Bo-Phyllis Strube als Dienstmädchen Mary alle Aufmerksamkeit auf sich, bringt Licht ins Dunkel, indem sie die Regieanweisungen des Autors rezitiert - eine herrliche Idee, großartig gespielt. So beredt sie das Stück eröffnet, so schweigend beendet sie das Stück, eine überraschende, aber gut funktionierende Klammer.

Einfach genial Lukas Wurm und Anne Kulbatzki als Mr. und Mrs. Smith, ebenso Silas Breiding und Lisa Hofer als Mr. und Mrs. Martin. Alle Vier bestechen durch sprachliche Gewandtheit und ausdrucksstarkes Körperspiel, spielen mit atemberaubendem Tempo und größter Treffsicherheit. Anton Weil als Feuerwehrhauptmann fügt sich äußerst homogen in dieses Quartett.

Nicht versäumen!


Es ist eine große, weil nicht alltägliche Freude, ein so wunderbar eingespieltes Schauspielerteam, einschließlich Regie und Ausstattung, erleben zu dürfen. Das Publikum bedankte sich mit jubelndem Applaus für diesen herrlich unterhaltsamen Theaterabend, den man nicht versäumen sollte.

 

Weitere Aufführungen:
18/11, 01/12, 05/12, 10/12, 18/12, 31/12, 17/01
Stückeinführungen: 05/12, 17/01, 18.45 Uhr