"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Silvia Thurner · 02. Okt 2015 · Musik

Dramatisch aufgewühlt und feinsinnig gewebt – Das Quatuor Ebène, der Bariton Matthias Goerne, Laurène Durantel und Nicolas Altstaedt sorgten für Jubelstimmung

Das Niveau der Konzerte bei der Schubertiade ist allgemein sehr hoch. Und doch passiert es immer wieder, dass sich ein Kammermusikkonzert zu einem besonderen Highlight entwickelt. So geschehen mit dem französischen Quatuor Ebène und dem Bariton Matthias Goerne sowie der Kontrabassistin Laurène Durantel und dem Cellisten Nicolas Altstaedt. Die Bearbeitungen bekannter Schubertlieder für Streichquartett und Kontrabass boten zahlreiche neue Hörerfahrungen. Voll den Nerv traf die Werkdeutung des C-Dur Quintetts (D956) von Franz Schubert.

Der Cellist des Quatuor Ebène, Raphael Merlin, hatte den Klavierpart einiger Lieder von Franz Schubert für Streichquartett und Kontrabass bearbeitet. Gemeinsam mit dem herausragenden und dem Schubertiadepublikum bestens bekannten Matthias Goerne wurden die Lieder im Markus-Sittikus-Saal in Hohenems präsentiert. Es lag eine besondere Erwartungshaltung in der Luft: Wie würden die Schubertlieder im neuen - ‚orchestralen’ - Gewand wohl wirken?

Vielfältige musikalische Aussagen


Spätestens mit dem  Lied „Der Jüngling und der Tod“ kristallisierten sich die Vorzüge der Bearbeitungen heraus. Besonders in den homophon geführten Passagen und in den Mittelstimmen trat die musikalische Aussage transparent in den Vordergrund. So waren Leittöne und harmonische Farben, Liegetöne und der für Schubert so typische schwebende Duktus sehr schön mitzuerleben. Die Gegensätze in „Der Tod und das Mädchen“ hätten größer nicht sein können. Besonders in Erinnerung blieb die Textpassage des Todes, den Matthias Goerne eindrucksvoll im Rezitationston modellierte. Die Strophe „Schöne Welt, wo bist du?“ aus der Ballade „Die Götter Griechenlands“ zelebrierten die Musiker und der Sänger in einem sehr langsamen Tempo. Deshalb nahm die Musik Züge einer Weichzeichnung an und verstärkte die melancholische Grundstimmung. Der wiegende Rhythmus und der harmonische Aufbau kamen in „Atys“ besonders zum Ausdruck.

Balladen mit unterschiedlichen Rollenverteilungen und Lieder, in denen instrumentale Naturschilderungen zur psychologischen Deutung dienten, verströmten vielfältige Ausdrucksgehalte. Gut passte die Bearbeitung auch für das Lied „Auf dem Wasser zu singen“. Alle Klavierparts hat Raphael Merlin mit viel Liebe zum Detail arrangiert. Der Streichersatz verlieh den Liedern einen neuen, gut nachvollziehbaren Charakter. Sie waren weniger als musikalische Lyrik erlebbar, sondern nahmen die Züge von musikalischen Szenen, Arien oder Dramolette an.

Der Sänger im Zentrum des Geschehens


Hervorragend wirkten die Musiker und Matthias Goerne zusammen. Der Bariton stand im Mittelpunkt und belebte die Werke mit individueller Ausdruckskraft. Seine Stimme führte er nuanciert in allen Tonhöhen, textdeutlich, lyrisch und dramatisch zugleich. Matthias Goernes Gestik war expressiv, teilweise gestaltete er die Lieder wie ein singender Dirigent. Darüber hinaus ergänzten und kommentierten die Musiker den Vokalpart sehr lebendig und präsent.

Aufregende Werkdeutungen


Die musikalische Kommunikation zwischen den Quartettmusikern - Pierre Colombet, Gabriel Le Magadur (Violine), Adrien Boisseau (Viola) und Raphael Merlin (Violoncello) - sowie die flexible Tongebung und die große emotionale Bandbreite sind Markenzeichen des Quatuor Ebène. Diese Vorzüge entfalteten sich auch in der Interpretation des berühmten C-Dur Quintetts von Franz Schubert mit Nicolas Altstaedt am zweiten Violoncello. Die dichte Atmosphäre im Saal und ein hoch konzentriert zuhörendes Publikum machten es möglich, auch die feinsten Nuancen mitzuverfolgen. Vielgestaltig erklangen die Themengestalten im Kopfsatz. Nach dem feinsinnig gewobenen Adagio entlud sich die Energie im Scherzo, in dem die Streicher die Themen mit perkussivem Ausdruck in den Raum stellten. Nach dem abgerundeten Finalsatz tobte das Publikum im Saal und dankte für dieses aufregende Kammerkonzert.