Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 08. Feb 2015 · Musik

Die Sehnsucht nach dem vollendeten Klang und das Wetteifern der flinken Finger – Jubel für die „Brassband Vorarlberg“ bei ihrem Debütkonzert

Seit Jahren trug sich der Posaunist Jan Ströhle mit dem Gedanken, in Vorarlberg eine Brassband zu gründen. Das spezielle Instrumentarium und die Klangkultur begeistern ihn, seit er die ausschließlich aus Blechbläsern und Schlagzeugern besetzte Bandbesetzung kennengelernt hat. In der Kulturbühne „AmBach“ gab die neu formierte „Brassband Vorarlberg“ ihr Debütkonzert. Versammelt hatten sich die besten Blechbläser, die Vorarlberg zu bieten hat. Dieses Ereignis stieß auf enormes Interesse und so füllte sich der Saal auf Anhieb. Geboten wurden Standardwerke der Brassliteratur, eine beeindruckende Klangkultur, spektakulär virtuose Passagen und feinsinnige Soli von Jürgen Ellensohn (Cornet) und Markus Mikusch (Euphonium). Diese Mischung traf den Nerv des Publikums.

Hierzulande sind Brassbands mit ihrer speziellen Instrumentation, bestehend aus Cornet, Flügel- und Althorn, Bariton, Euphonium, Tuba und Posaune sowie Schlagwerk, praktisch unbekannt. Deshalb lagen vor dem Debütkonzert der „Brassband Vorarlberg“ eine große Erwartungshaltung und skeptische Fragen in der Luft. Können sich die Musiker in eine auch ihnen eher unbekannte Klangkultur einfinden? Findet eine Brassband in Vorarlberg ein Publikum und kann man auch Musikanten der heimischen Blasmusikvereine für diese Musikart begeistern? Alle Frage können nach dem Debüt mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden. Höchst erfreulich war, dass auch viele Jugendliche und junge Erwachsene der Konzerteinladung gefolgt sind.

Eingängige Werkauswahl


Jan Ströhle hat für das erste Programm weitgehend Standardwerke aus der reichhaltigen Literatur für Brassband zusammengetragen. Auf diese Weise war es dem Publikum möglich, die Besonderheiten und die Klangkultur anhand eingängiger Kompositionen von  Ray Farr, Gustav Holst, Philip Sparke und Paul Lovatt Cooper zu erfahren.

Eine neue Rolle einnehmen


Blechbläser spielen in allen Orchesterformationen eine wichtige Rolle. Gefragt sind sie vor allem dann, wenn es darum geht, einen Klang zu intensivieren oder für Lautstärke zu sorgen. Die lyrischen Linien und die großen melodischen Bögen müssen sie jedoch sowohl in der symphonischen Blasmusik als auch im Symphonieorchester weitgehend den Holzbläsern beziehungsweise den Streichern überlassen. Die Brassbandbesetzung bietet auch den Blechbläsern die Gelegenheit, der Sehnsucht nach weiten Melodien nachzuspüren. Mit welcher Hingabe jeder einzelne Musiker der dreißigköpfigen Band seinen Part ausfüllte, war beim Konzert der „Brassband Vorarlberg“ intensiv zu erleben. Die großen melodischen Phrasierungsbögen wurden von den höchsten Cornetregistern bis hin zu den Basstuben feinsinnig ausgestaltet und zelebriert.

Aufregung am Beginn


In den ersten beiden Kompositionen „Ein feste Burg“ nach J.S. Bach im Arrangement von Ray Farr sowie in „A Moorside Suite“ von Gustav Holst mussten die Musiker den gemeinsamen Atem erst finden. Die anfängliche Anspannung verlieh den Werkdeutungen einen etwas unruhigen Duktus. Perspektivisch eher wenig ausgeprägt erklang der erste Satz, sodass sich der Vorder- und Hintergrund der Themenführungen wenig herauskristallisierten. Das schön ausgebreitete Solo von Jürgen Ellensohn im Nocturne löste die Anspannung. Fortan fanden die Musiker unter dem eleganten Dirigat von Jan Ströhle auch im Hinblick auf eine ausgeglichene Klanggestaltung zu sich und steigerten die musikalischen Darbietungen zu begeisternden Höhenflügen.

Markstein des Abends


Philip Sparke hat ausgezeichnete Werke für Brassband komponiert, sie bieten alles was eine Brassband begehrt. Ein Klassiker stellt das Werk „The Year of the Dragon“ dar. Vor allem im langsamen Satz entfaltete sich die samtig weiche Tongebung und die lyrischen Soli der Posaune, des Flügelhorns und des Cornets erklangen wunderbar in den Klangfluss eingebettet. Den Markstein des Abends setzte die Brassband im Finalsatz. Mit fliegenden Fingern quer durch alle Tonhöhenregister und mit einer atemberaubenden Präzision setzte sich die Band in Szene und zeigte ihr Profil.

Diese virtuose Perfektion wurde in Paul Lovatt-Coopers Werk „Horizons“ weitergeführt. Hier ließen die Begleitstimmen mit markanten Staccati aufhorchen und die Cornets breiteten hymnisch ausformulierte Linien aus. Das besondere Licht des langsamen Satzes „Summer Isles“ spiegelte das Euophoniumsolo von Markus Mikusch wider.

Herausragende Solisten


„Song and Dance“ von Philip Sparke bot dem Solisten Jürgen Ellensohn ein Podium. Die virtuosen Passagen spielte er mit einer wendig leichten Tongebung. Vor allem die poetischen Linie erfüllte er mit Leben, indem er die Töne fein nuanciert ausgestaltete.

In lockerer Spiellaune und beflügelt vom bisher Geleisteten, interpretierte die Brassband abschließend Philip Sparkes „Hymn of the Highland“ mit effektvollen dynamischen Steigerungen und sehr gut aufeinander abgestimmt. Der für eine Brassband so typische, homogene Gesamtklang stellte sich ein und hinterließ eine eindrückliche Wirkung.

Junges Publikum ansprechen


Stefan Dünser moderierte den Abend mit seiner allseits beliebten, spitzbübischen Art. Die Musikdarbietungen, Information und Humor boten beste Unterhaltung und so wurde das Debütkonzert zu einem erfrischenden Erlebnis, das gute Laune verbreitete und eine gelungene Bereicherung für die heimische Musikszene darstellte. Mit dieser Musizierhaltung kann auf hohem musikalischen Niveau ein neues und junges Publikum angesprochen werden.