Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 16. Dez 2016 · Musik

Die inspirierende Kraft eines Wagemutigen – Der Chor „Vocal Origen“ und das „Concerto Stella Matutina“ unter der Leitung von Clau Scherrer bescherten Besonderes zum Abschluss der Saison

Wer den Werdegang und den immer größer werdenden Wirkradius des „Concerto Stella Matutina“ mitverfolgt, gerät ins Staunen. Der aktuelle Abozyklus war gespickt mit Highlights. Die umtriebigen Musikerinnen und Musiker brachten zahlreiche weithin unbekannte Werke aus Archiven und Musiksammlungen in den Konzertsaal. Zum Saisonsabschluss setzten sie noch eins drauf. Unter der Leitung von Clau Scherrer interpretierten das Barockorchester und die Sängerinnen und Sänger „Vocal Origen“ zwei Werke des böhmischen Komponisten Jan Dismas Zelenka. Eine derart originelle und ausgefallene Komposition aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert wie die dargebotene „Missa Purificationis Beatae Virginis Mariae“ gibt es äußerst selten zu hören. Zusammen mit Zelenkas „Te Deum“ lösten die Werkdeutungen Jubel in der Kulturbühne AmBach in Götzis aus.

Jan Dismas Zelenka lebte und wirkte ab 1710 in Dresden. Unter anderem studierte er auch in Wien beim berühmten Kontapunktiklehrer Johann Joseph Fux. Zelenka wurde unter anderem von Johann Sebastian Bach hoch geschätzt. Jedoch verlief Zelenkas Karriere nicht allzu erfolgreich, weil er für seine Zeit zu innovativ komponierte. Ein Schicksal, dem im Laufe der Musikgeschichte bis in die unmittelbare Gegenwart viele kreative Künstler ausgesetzt sind. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die Kompositionen von Zelenka wieder entdeckt. Seither sorgen seine ausgefallene und raffinierte Kompositionsart, seine Kunst des kontrapunktischen Satzes und die waghalsigen harmonischen Ideen - die weit in die Zukunft gewiesen haben - für Furore.
All diese Vorzüge waren bei der Aufführung der „Missa Purificationis Beatae Virginis Mariae“ (ZWV 16) erlebbar und so stellte sich während des Konzertes eine immer größer werdende Euphorie ein. Das Entdecken und Nachvollziehen von so vielen kühnen Einfällen, die noch dazu überaus kunstvoll und geistreich verarbeitet erklangen, war ein sehr inspirierendes Erlebnis.

Verlässliche Qualität

Wie bereits gewohnt, musizierte das „Concerto Stella Matutina“ auf höchstem musikalischen Niveau. Mit Präzision und Spielfreude wurde die Werkdeutung in den Raum gestellt. Auch der Chor „Vocal Origen“ aus Graubünden und der Dirigent Clau Scherrer sind alte Bekannte im Rahmen der Abonnementkonzerte und so konnte man sich auf die ausgezeichnete Qualität der Interpretation verlassen.

Packende Musik

Gleich das Kyrie Eleison aus Zelenkas „Missa Purificationis Beatae Virginis Mariae“ ließ mit dynamisch gesetzten Gegensatzpaaren im Kyrie und Christe Eleison aufhorchen. Hymnisch trumpfte das „Gloria in excelsis deo“ auf. Den ersten eindrücklichen Höhepunkt stellte die Textpassage „Et in aeterna pax“ dar, wo die melodischen Linien chromatisch nach unten sanken und der in kühnen Rückungen fortschreitende melodisch-harmonische Fluss einen textdeutenden Duktus annahm. Großartig gestalteten die Sänger und Musiker diese Passage. Ebenso kunstvoll wirkte das „Qui tollis“, versehen mit eindrücklichen Melismen. Spritzig artikulierten die Sängerinnen und Sänger das „Cum Sancto Spiritu“, denen die Trompeten glanzvolle Steigerungen bescherten. Unter anderem in dieser Passage zeigte sich die Wendigkeit des hervorragenden Chores. Aufbrausend und resolut wurde das „Credo“ eingeläutet, umso inniger floss das mit zahlreichen chromatischen Tonschritten gestaltete Solistenquartett dahin. Auch das „Sanctus“ lebte von textdeutenden Gegensätzen zwischen auftrumpfenden und pastoral poetischen Passagen. Schließlich stellte sich im „Hosanna“ ein mitreißender Swing ein, dem wiederum die virtuos gesetzten Trompeten einen strahlenden Glanz verliehen. Enorme Anforderungen stellte das „Agnus Dei“ an den Chor und das Orchester. Vielgestaltige Verzierungen und vertrackte Rhythmen erklangen sehr originell und kontrapunktisch ineinander verflochten.

Hervorragende Solisten

Die Interpretation dieses Werkes war ein Hochgenuss. Einen großen Anteil an dieser gelungenen Werkdeutung hatten auch die Solisten, die allesamt aus den Reihen des Chores kamen - Miriam Feuersinger und Jessica Jans (Sopran), Lisa Lüthi, Barbara Schingnitz und Jan Börner (Alt), Martin Mairinger und Valentin Gloor (Tenor), Simon Robinson und Uli Staber (Bass). Clau Scherrer agierte vom Dirigentenpult aus höchst konzentriert, mit klaren und sicheren Gesten.

Auf einem ebenso hohen Niveau erklang das „Te Deum a due Cori“ (ZWV 146) ebenfalls von Jan Dimsas Zelenka. Die doppelchörige Werkanlage beinhaltete zahlreiche virtuos gesetzte und ausgeführte kontrapunktische Passagen. Kunstvolle Koloraturen entfalteten Miriam Feuersinger und Judit Scherrer (Sopran) Jan Börner (Altus), Nino Aurelio Gmünder (Tenor) und Uli Staber (Bass). Dabei war die Stimmbalance der beiden Chöre beeindruckend homogen. Jubelnd dankte das Publikum für diesen inspirierenden Konzertabend.

Bereits sechs Tonträger publiziert

„Schenken Sie Musik...“ gibt das „Concerto Stella Matutina“ kurz vor Weihnachten eine Anregung. Neben den zahlreichen Auftritten im In- und Ausland publizierte das Barockorchester in den vergangenen Jahren beim renommierten Label "Fra bernardo" bereits sechs CD. Jede einzelne Produktion ist eine musikalische Rarität. Ganz neu erschienen ist das Album jenes Konzertes, das unter der Leitung des Blockflötisten Wolfram Schurig unter dem Titel „Der Vizekönig lädt ein“ für Furore sorgte.

Nähere Informationen und CD-Bestellung:
www.frabernardo.com
www.stellamatutina.at