Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 10. Mai 2016 · Musik

Die eruptive Kraft der Musik nach außen gekehrt – Das Modigliani Quartett bot bei der Schubertiade Hohenems individuelle Werkdeutungen

Das international viel beachtete Modigliani Quartett erwies bei der Schubertiade Hohenems dem Komponisten Robert Schumann die Ehre. Zuerst präsentierten die Musiker die beiden Streichquartette op. 41, Nr. 1 und Nr. 2 und steigerten sich dann mit dem Pianisten Nicholas Angelich in das berühmte Klavierquintett op. 44 hinein. Vor allem auf diese Werkdeutung reagierte das Publikum begeistert. Ihren Auftritt gestalteten die Quartettmusiker in einer Ausnahmesituation. Wegen einer Verletzung mussten sie auf ihren Primgeiger verzichten. Nicolas Dautricourt fügte sich jedoch hervorragend in die eingespielte Gruppe ein, sodass die ausgefeilte Klangkultur nicht beeinträchtigt wurde.

Schumanns Streichquartette in a-moll und F-Dur sind innerhalb kurzer Zeit entstanden und zeichnen sich durch eine feinsinnige Vitalität, raffinierte thematische Gegensatzpaare, zahlreiche lyrische Gedanken und eine ausgeklügelte Harmonik aus.

Nicolas Dautricourt - als Ersatz für Philippe Bernhard - und Loic Rio (Violine), Laurent Marfaing (Viola) sowie Francois Kieffer (Violoncello) spielten das a-Moll Quartett mit einem gut austarierten, transparent durchhörbaren Gesamtklang. Sie betonten die Grundtöne des Violoncellos markant und musizierten mit einem erdigen Timbre. Das bedeutete, dass in den teilweise rasenden Tempi der Prestosätze weniger der „Schönklang“ herauskristallisiert wurde, sondern viel mehr der musikalische Fluss, das rhythmische Element und die innewohnende Emotionalität. Eine mitunter etwas polternde Wirkung und Abstriche in der Intonation waren der Preis für den energiegeladenen, musikalischen Fluss. Allerdings bildeten sich auch anregende Gegensätze zu langsamen Passagen heraus. Vor allem das Adagio blieb in Erinnerung, in dem die Quartettmusiker die aufstrebenden Linien wachsen ließen und jeder einzelnen Stimme Raum zur Entfaltung gewährten.

Im Eröffnungssatz des F-Dur Streichquartetts, op. 41/2 stellten die Musiker den floralen Charakter des Hauptthemas einfühlsam dar und spürten im Andante den feinsinnig variierten Motiven in einem guten Austausch miteinander nach. Hier und in zahlreichen anderen Passagen zeigte sich die große Meisterschaft der Musiker parallel geführte, orchestrale Linienführungen in einer wunderbar ineinander gefügten Klanglichkeit darzustellen. Ob aber die Interpretation des Modigliani Quartetts im dritten und vierten Satz die musikalischen Quintessenzen herauskristallisieren konnte, blieb letztlich auch eine Frage des subjektiven Geschmacks. Auf mich wirkte die Spielart zu aufbrausend und hektisch.

Energiegeladenen


Eine orchestrale Strahlkraft, verbunden mit der Gabe, sehr schnell zwischen höchster Erregung und großer Entspannung zu wechseln, zeichnete die Werkdeutung des Opus 44 aus. Nicholas Angelich zog vom Klavier aus die Fäden und trat mit den Quartettmusikern in vielschichtige Dialoge. Den Höhepunkt bildete der zweite Satz „In modo d’una Marcia“. In diesem Abschnitt verwoben die Streicher mit einer fahlen und gleichzeitig warmen Tongebung den Klavierpart, der in weiterer Folge wiederum den musikalischen Fluss impulsiv steigerte. Treibend und gut aufeinander abgestimmt führten die Musiker das Quintett im Gewand eines Klavierkonzertes zu Ende. Die Klangfülle und das Volumen des Quintetts reizte dabei die Raumakustik im Markus Sittikus Saal bis aufs Äußerste aus.