Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 30. Okt 2013 · Musik

Die Emotion der Sprache mit Musik überhöht – Michael Amanns „Madrigalbuch“ wurde in Salzburg erfolgreich uraufgeführt

Eine Uraufführung, wie man es sich für eine neu entstandene Komposition wünscht, fand in der Christuskirche in Salzburg statt. Das ausgezeichnet disponierte Hofhaymer Ensemble mit Ursula Langmayr, Simone Vierlinger (Sopran), Bernadette Furch (Alt), Bernhard Landauer (Altus), Bernd Lambauer (Tenor), Tore Tom Denys (Bariton) und Ulfried Staber (Bass) stellten unter der Leitung von Kai Röhrig das „Madrigalbuch“ von Michael Amann vor. Dieser hat nach Texten von Octavio Paz, Edward Cummings, Rose Ausländer und Paul Verlaine ein aussagekräftiges und gut proportioniertes, 40-minütiges Werk geschaffen. Einesteils brachte er die spezifischen Klangfarben unterschiedlicher Sprachen zur Geltung, andernteils setzte er die Stimmen mit vielerlei Motivgestalten und Schattierungen ein.

Einleitend interpretierte das Hofhaymer Ensemble Heinrich Isaacs „Quis dabit capiti meo aquam“, so dass die Zuhörenden in die Atmosphäre und die akustischen Gegebenheiten des Raumes eingeführt wurden. Sogleich kamen die Vorzüge der Männerstimmen des Hofhaymer Ensembles zum Ausdruck, denn sie bildeten ein homogenes Ganzes, und die Sänger formulierten die Textvorlage mit klar ausgeformten Vokalklängen, die der Musik eine klare Aussage verliehen.

Farben der Sprachen


Dies waren gute Voraussetzungen für das vielschichtig konzipierte „Madrigalbuch“ von Michael Amann. In neun Abschnitten teilte er seine Komposition ein und führte die Zuhörenden in jeweils unterschiedliche Klangwelten. Brüchig und filigran mit zahlreichen Generalpausen durchsetzt, entwickelte sich im ersten Teil die Musik nach dem Text „Árbol Adentro“ von Octavio Paz. Konsonanten und Kehllaute gliederten die musikalischen Floskeln, die durch Impulse immer wieder neu in Bewegung gesetzt wurden. Dem dritten Abschnitt war ein Text von Edward Estlin Cummings zugrunde gelegt. Darin erregte vor allem die motivische Dialogstruktur die Aufmerksamkeit, der Sprachcharakter wurde betont und unterschiedliche inhaltliche Bedeutungsebenen beleuchtet. Im Mittelpunkt stand das Madrigal nach Rose Ausländers Gedicht „Sonne II“. Hier war die Textdeutung zwischen den Polen „Nacht“ und „Sonne“ gut nachvollziehbar. Den Bewegungsfluss und die wellenförmigen Linien in „Il Pleure Dans Mon Coeur“ gestalteten die SängerInnen transparent, Schwebungen und spezifische Obertonklänge kristallisierten sich heraus. Überdies belebten die driftenden Stimmen und die teilweise im Hoquetus ineinander geführten musikalischen Floskeln diesen Abschnitt. Echowirkungen und Volkallinien, unterstrichen mit geräuschhaften Akzentuierungen, verstärkten die Schlusswirkung. Gleichzeitig bildeten inhaltliche Klammern zu Texten von Cummings und Paz eine in sich schlüssige Bogenform.

Reflexionsebenen


Obwohl der Titel „Madrigalbuch“ an alte Vorbilder denken lässt, manifestieren sich diese in Amanns Werk nur am Rande. Zwar sind die Stimmen auch polyphon geführt, aber im Wesentlichen erweist sich der Titel als Verweis auf die Bedeutung „mehrstimmiges Vokalstück“.

Zwischen die Madrigale hat Michael Amann drei Interludien gestellt, in denen er die Linien instrumental führte und so eine Art Reflexionsebene und zugleich Brückenfunktion einfügte. Diese Passagen waren jedoch teilweise etwas lang, vor allem das dritte Interludium passte nicht recht in die ansonsten hervorragend proportionierte Komposition.

In einer kurzen Werkeinführung mit dem Komponisten lenkte Herbert Grassl, künstlerischer Leiter der „Internationalen Paul Hofhaymer Gesellschaft“, das Interesse auf Michael Amanns kompositorische Ausgangsüberlegungen.

Hervorragende SängerInnen


Höchste Bewunderung verdienten die SängerInnen, die den musikalischen Bogen mit gleichbleibender Konzentration und Intensität über das gesamte Werk hindurch spannten. Die anspruchsvollen Intervallsprünge, die rhythmischen Muster und zahlreiche geräuschhafte Lautbildungen gestalteten sie mit einem natürlichen Duktus und klarer Artikulation.