Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 29. Jun 2017 · Musik

Der coolste Bankraub aller Zeiten – das „Sonus Brass Ensemble“ begeisterte als „Verblecherbande“ im Rahmen von Cross Culture bei den Bregenzer Festspielen

Das vielfach ausgezeichnete „Sonus Brass Ensemble“ kennt man hierzulande und auf internationalen Bühnen gut. Spätestens seit den Produktionen „Die Blecharbeiter“ oder dem mit dem „Yeah! Award“ ausgezeichneten Musiktheater „Rocky Roccoco“ weiß jede und jeder Musikinteressierte, dass dieses Blechbläserensemble musikalische und schauspielerische Fähigkeiten hat, die man weit und breit nur selten findet. Mit Spannung wurde das neue Musiktheaterstück „Die Verblecherbande“ erwartet. Ihren neuesten Coup präsentierten Stefan Dünser und Attila Krako (Trompete), Andreas Schuchter (Horn), Wolfgang Bilgeri (Posaune) und Harald Schele (Tuba) im Rahmen von Cross Culture im Seestudio des Festspielhauses. In den Genuss der Österreichpremiere kamen zahlreiche Schülerinnen und Schüler und sie reagierten begeistert auf das „super coole Stück“, wie es eine Schülerin ausdrückte.

Die Geschichte der in die Jahre gekommenen Bandmusiker ist in Worten schnell erzählt, das eigentliche Erleben spielt sich allein in der Musik ab. Die Fünf planen einen Bankraub, transportieren den Tresor kurzerhand ab und bemühen sich, diesen zu knacken. Doch sie merken bald, dass materielle Werte nicht das Glück ausmachen, denn ohne ihre Instrumente und die Musik stehen die Gentlemen ziemlich ‚nackig’ da.

Allein mit Musik erzählt und erlebt

Gleich am Beginn nahmen die Musiker Kontakt zum Publikum auf. Als Mittellose baten sie um Spenden. Mit ihrer prekären Lebenslage kam jedes Bandmitglied unterschiedlich gut zurecht. Der eine reagierte mit dem „Blues“, der andere war vergrämt, ein anderer versuchte, die Kumpanen aufzubauen. Ebenso schwelgten die Musiker in Erinnerungen. Als sie ein Plakat einer Bankeröffnung entdeckten, meinten sie den Ausweg gefunden zu haben. Euphorie und Übermut machten sich breit. Sodann schritten die Fünf zur Tat. Doch zuvor mussten sie noch für eine adäquate Verkleidung sorgen. Es war ein besonderer Spaß, die Maskierung zu beobachten und die fünf unterschiedlichen Typen dabei zu erleben. Originell und kraftvoll war jene Szene gestaltet, in der der Tresor mit musikalischen Mitteln aus der Verankerung gehoben und schließlich mit einem Puppenwagen abtransportiert wurden. Schwingende Luftsäulen implizierten Rotorblätter eines Hubschraubers, Angst machte sich breit. Amüsant zeigten die Musiker schließlich, dass sie auf das materielle Glück pfeifen, weil sie ihre Erfüllung in der Musik finden.

Die Inhalte waren nicht nur äußerlich nachvollziehbar, sondern sie spiegelten sich faszinierend in den musikalischen Darbietungen und in der Musik selbst wider. Darin lag die besondere Kraft des gesamten Stückes. Plastische und eingängige Kompositionen bildeten die Grundlage für die fantasiereich erzählte Geschichte. Die Regisseurin Annechien Koerselman und die Musiker haben eine passende Auswahl zusammengestellt und Kompositionen von Duke Ellington, Tristan Schulze, John Cheetham, Werner Pirchner, Enrique Crespo, Nino Rota, Claude Debussy, Gerold Amann, Johann Sebastian Bach, Dmitri Kabalewski und Merle Travis zu einem spannend abgerundeten Ganzen gegossen.

Jedes Werk implizierte andere Gefühlswelten, die die Musiker ganz selbstverständlich herauskristallisierten und auf die Zuhörenden übertrugen. Auch thematisch-motivische Charakeristika kamen bewundernswert transparent zur Geltung, wie beispielsweise die resignierende Grundstimmung mit der „Bluenote“ oder das Schwelgen in Erinnerungen mit Walzerrhythmen, das Wecken der Lebensgeister mit vorwärtsdrängenden Tonrepetitionen oder Aufregung, Anspannung sowie Angst und Unsicherheit mit jeweils passenden musikalischen Stilmitteln.

Absolute Profis

Die Bandmitglieder agierten als schauspielende Musiker souverän. Dass hinter den genauestens durchdachten Bewegungsverläufen, dem Minenspiel und dem Schauspiel sowie der virtuosen musikalischen Spielart eine enorme mentale Anstrengung steckt, war den Musikern in keinem Moment anzumerken. Genau darin zeigte sich unter anderem die Meisterschaft des „Sonus Brass Ensembles“.

Die Regisseurin Annechien Koerselman, die auch in Zusammenarbeit mit den Musikern die Idee und das Konzept zu diesem Stück entwickelt hatte, setzte das Musiktheater in stimmig proportionierten Abläufen um. Mutig baute sie die Spannung erst allmählich auf, so erhöhte sie die Erwartungshaltung und die Freude an der sich entwickelnden Dynamik. Bunt und humorvoll stattete Nina Ball das Musiktheater aus.

Einiges ließe sich noch erzählen über diesen „meist knallenden Bankraub aller Zeiten“, wie der Untertitel lautet. Ein handfestes Feedback gaben zwei in der Toilette belauschte Schülerinnen, die in einhelliger Begeisterung zueinander sagten, das war ein „super cooles Stück“.

 

Tipp
1. Juli 2017, 10:30 Uhr
Festspielhaus Bregenz, Seestudio, 
Die Verblecherbande, Familienvorstellung