Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Silvia Thurner · 22. Mär 2015 · Musik

Den gemeinsamen Puls gefunden – Das Kammerorchester „Arpeggione Hohenems“ startete mit einem vielseitigen Programm und einer Uraufführung von Murat Üstün in die Jubiläumssaison

Sein fünfundzwanzigstes Jahresprogramm eröffnete das Kammerorchester „Arpeggione Hohenems“ mit drei sehr unterschiedlichen Werkcharakteren. Im schönen Ambiente des Rittersaales im Hohenemser Palast musizierte das 16-köpfige Streichorchester engagiert und spielfreudig. Am Beginn stand die Uraufführung des Auftragswerkes „Spektrum“ von Murat Üstün. Das originell konzipierte Werk kam jedoch nicht optimal zur Geltung, weil die Komposition missverständlich positioniert wurde. Eine kraftvolle Interpretation des Konzertes für Violine, Violoncello, Klavier und Orchester, op. 76 von Bohuslav Martinu boten das Klaviertrio „Swiss Piano Trio“ und das Arpeggione-Orchester unter der Leitung von Robert Bokor. Abgerundet wurde der abwechslungsreiche Konzertabend mit einer eingängigen Serenade von Josef Suk.

Anlässlich des 25-jährigen Gründungsjubiläums bat Irakli Gogibedaschwili, künstlerischer Leiter und Gründer des Kammerorchesters „Arpeggione Hohenems“, den in Klaus lebenden Komponisten Murat Üstün um ein neues Werk. Dieser schrieb dem Orchester eine Komposition auf den Leib. Im Arpeggione-Orchester wirken Musiker aus vielen Nationen zusammen, jeweils eine Woche vor den Konzerten treffen sie sich in Hohenems zum gemeinsamen Musizieren. Vor allem die internationale Besetzung, das Zusammenkommen im Orchester und die Entwicklung eines einheitlichen musikalischen Flusses stellte Murat Üstün in den Mittelpunkt seiner Komposition.

Sich in zwölf verschiedenen Sprachen unterhaltend, betraten die Orchestermitglieder die Bühne, begrüßten sich und stimmten sich auf das gemeinsame Spiel ein. Erst allmählich entwickelte sich die Musik aus einleitenden Pizzicati über Quintklänge und kurzen Glissandi. Unterbrochen von Generalpausen baute das Streichorchester den Klangfluss auf, der sich durch ein starkes Fundament der tiefen Streicher auszeichnete. Zuerst nur angedeutete Motive formten im Laufe der Zeit immer stärker ausgeprägte, thematische Charaktere aus und entwickelten ein rhythmisches Profil. Am Höhepunkt verdichteten sich die Wechselspiele der einzelnen Stimmgruppen in einem exponierten Akkord. Etwas abrupt wurde das Werk zu Ende geführt. Die Orchestermusiker unter der Leitung von Robert Bokor musizierten konzentriert und mit prägnanten Gesten.

Versäumte Vermittlung


Warum jedoch die Gelegenheit nicht genutzt wurde und der im Konzertsaal anwesende Komponist Murat Üstün nicht über seine Intentionen zum Werk berichtete, ist unverständlich. So erkannten die Zuhörenden schwer, dass das Betreten der Bühne und das Begrüßungsritual bereits zum Werkganzen gehören. Darüber hinaus kamen das erst allmähliche Zusammenfinden und der Akt des gemeinsamen Anfangens, die Wechselbeziehungen und der musikalische Entwicklungsprozess nicht entsprechend zur Geltung. Schade für das klug konzipierte Werk.

Satte Klänge, schwelgerische Linien


Das Konzert für Violine, Violoncello, Klavier und Orchester, op. 76 von Bohuslav Martinu erklang als kraftvolle Komposition, die in der Interpretation mit dem „Swiss Piano Trio“ (Martin Lucas Staub, Klavier; Angela Golubeva, Violine; Sébastien Singer, Violoncello) markig den Raum füllte. Während im ersten Satz die Klangbalance zwischen den Solisten und dem Orchester nicht in allen Abschnitten optimal austariert war, entfaltete sich im Andante die Musik mit bewundernswerter Ausdruckskraft. Der elegische Grundton wurde vom Streichorchester im Tutti schön ergänzt. Ebenso geistreich erklang das kauzige Scherzo mit den Anklängen an Walzer und ‚balkaneske’ Volksmusik.

Freude im gemeinsamen Spiel


Zum Ausklang gaben sich die Musikerinnen und Musiker des Kammerorchesters „Arpeggione“ ganz dem intensiven Streichorchesterklang hin und zelebrierten die unterhaltsame Serenade in Es-Dur, op. 6 von Josef Suk. Robert Bokor leitete das Orchester mit klaren Gesten und gutem Kontakt zu den Musikern.