Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Fritz Jurmann · 07. Dez 2013 · Musik

Aufgegeigt - Die philharmonischen „Wiener Streichersolisten“ als glänzender Stern im Schwarzenberger Advent

Erst im Vorjahr war die mehr als 20-jährige Tradition über die Privatinitiative einiger Kulturinteressierter neu belebt worden, und so kamen die „Wiener Streichersolisten“ auch heuer wieder als Fixpunkt zum hochkarätig besetzten „Schwarzenberger Advent“, so sicher wie die Heiligen Drei Könige am 6. Jänner oder der Nikolaus am 6. Dezember. Genau dieser heilige Mann aber erwies sich diesmal als einzig ernsthafte Konkurrenz zum Konzert genau am „Klosatag“ im Angelika-Kauffmann-Saal, denn diese Tradition wird in den Familien im „Would“ bis heute noch immer besonders hochgehalten.

Dass sich der Saal am Freitag mit einem mit viel Prominenz durchsetzten, kundigen Publikum aus der Region dennoch fast bis auf den letzten Platz füllte, spricht für die enorme Anziehungskraft der philharmonischen Musiker aus Wien und die gute Promotion durch das Organisationsteam. Dieses trat quasi die „Flucht nach vorne“ an und stellte einen waschechten Nikolaus an den Eingang, der jeden einzelnen Besucher per Handschlag begrüßte und den Damen außerdem ein „Krömle“ schenkte. So war gleich für Überraschung und gute Stimmung gesorgt, die sich auch auf das anschließende Konzert übertrug.

Mit offenen Armen aufgenommen


Anfangs der 90er-Jahre hat diese Tradition im „Tauben“-Saal von Andelsbuch begonnen und wanderte nach vier Jahren in den akustisch weit besseren Saal im benachbarten Schwarzenberg. Der damalige Bürgermeister Jakob Franz Greber nahm die „Wiener Streichersolisten“ mit offenen Armen auf und bereitete ihnen mit viel Liebe und Geschick die notwendige Infrastruktur und Atmosphäre für ihre jährlichen fabulösen Auftritte. „Diese Konzerte haben in unserer Bevölkerung das Verständnis geweckt für die späteren Konzerte der Schubertiade“, erinnerte sich Greber bei seinen Begrüßungsworten.

Bald entwickelten sich daraus intensive Freundschaften mit Greber und seiner Familie, aber auch mit Leuten vom Ort und der Region. Das ging viele Jahre gut, bis zuletzt das Publikumsinteresse doch deutlich nachließ und die Gemeinde Schwarzenberg mit Grebers Nachfolger Armin Berchtold das subventionsmäßig recht kostspielige Projekt nicht mehr tragen wollte. Da trat nun die „Kulturinitiative Schwarzenberg“ auf den Plan. Neben dem nach wie vor rührigen Altbürgermeister Jakob Franz Greber waren es das Unternehmer-Ehepaar Ulli und Hans Metzler und der Dornbirner Industrielle Martin Rhomberg, die das lecke Schiff im Vorjahr wieder flott kriegten und dank zahlreicher Sponsoren für ein ausgeglichenes Budget sorgten. Und auch die Gemeinde ist samt Tourismusamt wieder mit im Boot und stellt den Saal gratis.

Segen für die Kultur der Region


Jede Anstrengung in dieser Richtung erweist sich im Nachhinein als Segen für das Kulturleben der Region, denn die „Wiener Streichersolisten“ machten auch diesmal die Vorweihnachtszeit im Trubel ihrer oft flachen und nichtssagenden musikalischen Ergüsse wirklich zu einer solchen. Musikalisch besitzt dieser Abend, selbstredend, das Flair des Wiener Toporchesters, aus dem die elf Streicher stammen. Davon sind bemerkenswerterweise zwei Frauen, wie sie bis vor wenigen Jahren in diesem Klangkörper noch verpönt waren. Da erlebt man philharmonische Klangkultur auf höchstem Niveau und beeindruckende Präzision auch ganz ohne Dirigenten. Der fabulöse, aus der Ukraine stammende junge Konzertmeister Kyrill Konbatchenko leitet das Ensemble vom ersten Pult aus, und das funktioniert blendend.

Elf Streicher in stets gleichbleibender Besetzung in einem über zweistündigen Programm – kann das nicht etwas fad werden? Das Gegenteil ist der Fall, denn mit zunehmendem Verlauf baut sich zwischen Bühne und Saal so etwas wie eine gegenseitige positive Energie auf, die immer dichter und gespannter wird. Im gleichen Ausmaß nimmt die Zustimmung der Zuhörer zu, die zuletzt zu einem Orkan anwächst. Zudem ist das Programm dramaturgisch so geschickt gestaltet, dass sich daraus in der Vielfalt der Stile, Formen und Farben ein großer Bogen aus rund dreihundert Jahren Musikgeschichte ableiten lässt – eine gekonnte Mischung aus ein paar (auf gut wienerisch) „Schmankerln“ aus der Wunschkonzert-Schublade, kleinen Preziosen großer Meister und mehrsätzigen, ernsthaften Werken der Musikliteratur, die sich für diese Besetzung eignen.

Maßgeschneiderte Arrangements


Bei den wenigsten Werken war das im Original so, doch da haben die „Wiener Streichersolisten“ in ihren Reihen einen Spezialisten sitzen, den Bratschisten Erich Kaufmann, trotz seines Namens kein Wälder, sondern ein Wiener. Er hat als meisterhafter Arrangeur die Werke so perfekt auf seine Kollegen zugeschnitten, dass die elf Streicher klanglich oft spielend fast ein ganzes Orchester ersetzen. Besonders ideal ist das etwa bei der berühmten „Träumerei“ aus den Kinderszenen von Robert Schumann gelungen, in der sich die Stimmen dicht ineinander verschlingen, oder beim abschließenden „Abendsegen“ aus der Oper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck, wo sich die originalen Gesangsstimmen in den Führungspulten der ersten und zweiten Geigen über einem kompakt gewebten Streicherteppich wiederfinden.

Davor gibt es diesmal als Hauptwerk das so genannte „Weihnachtskonzert“ von Arcangelo Corelli, mit seinem wiegenden Pastorale ein barockes Muss zur Weihnachtszeit. In der Form des Concerto grosso stellen sich wieder die beiden Violinen von Kyrill Konbatchenko und Arkadij Winokurof als solistisches Concertino dem Tutti des gesamten Ensembles gegenüber, erzielen damit wunderbare Innigkeit und Beschaulichkeit. Im Gedächtnis haften geblieben sind auch das ohrgängige Adagio von Albinoni, ein Andante aus einer Cassation von Mozart mit seinen reizenden Pizzicati oder der melancholische Duktus im instrumentalen Liederzyklus „Cypressen“ von Antonin Dvorak. Eine besondere Augenweide auch diesmal Kontrabassist Wolfgang Gürtler, dem älteren Johannes Brahms wie aus dem Gesicht geschnitten, der auf seinem behäbigen Instrument mit besonderer Eleganz und viel Feingefühl dem Ensemble die musikalische Basis verleiht.

Eine „Air“ von überirdischer Schönheit


Er ist es auch, der den Zuhörern vor der Zugabe mit Bachs überirdisch schön musizierter „Air“ als Zugabe mit der Versicherung dankt, dass dies auch für das Ensemble „das schönste Konzerterlebnis war, das wir hatten“ und dass sie alle gerne wiederkommen würden. Dieses Ansinnen dürfte im Moment wohl kaum auf Widerstand stoßen.