Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Anita Grüneis · 18. Feb 2016 · Musik

„Kitsch“ im TAK - Kitsch ohne Kitsch ist auch schön

Was ist Kitsch und warum ist Kitsch Kitsch? Solche Fragen könnte man sich stellen, wenn man einen Liederabend mit dem Titel „Kitsch“ besucht. Beim “Kitsch“-Abend im TAK sang der Schauspieler und Sänger Alexander Peutz berühmte Songs von ebenso berühmten Bands oder Sängern, am Bösendorfer begleitete ihn der Pianist Johannes Mittl. Ein Abend mit viel Musik, viel Gefühl und – wenig Kitsch!

Peutz selbst zitierte am Anfang aus Wikipedia: „Kitsch steht zumeist abwertend gemeinsprachlich für einen aus Sicht des Betrachters minderwertigen, sehnsuchtartigen Gefühlsausdruck“ und fügte hinzu: “Wir sehnen uns nach den Wonnen der Sentimentalität“. Davon bekam das Publikum an diesem Abend jede Menge, kein Wunder bei der Musikauswahl!

Wo die Sehnsucht wohnt


Den Beginn machte Nick Caves mit „Into my arms“, ein Song, wie geschaffen für romantische Augenblicke mit Kerzenlicht und flackerndem Kaminfeuer. Peutz sang ihn jedoch, als sage Tom Waits mal eben seiner Liebsten Adieu, um in die nächste Kneipe zu wanken. „The Scientist“ von Coldplay geriet bei den beiden Künstlern zu einer sehnsuchtsvollen Ballade, in der das Klavier den Sänger vor sich her zu treiben schien. Aber für die Komposition ist Mittl ja nicht verantwortlich.

Lovesong versus Kitsch


Vor Leonhard Cohens „Halleluja“ erklärte Peutz die Entstehungsgeschichte des Songs, der auf der alttestamentarischen Geschichte von Bathseba und König David basiert. Dann sang er dieses so oft bis zur Unkenntlichkeit verkitschte Lied in einer Art, dass es völlig neu klang. Da war nichts, aber auch gar nichts Kitschiges! Zu hören war eine traurige Geschichte von Verführung und dem 9. Gebot, das da sagt, „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib“. Pianist Mittl begleitete den Gesang mit viel Feingefühl und arbeitete dramatische Höheunkte heraus, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen. Mit dieser Interpretation hatte Alexander Peutz den Titel des Abend endgültig widerlegt.

Eine Prise Kitsch


Natürlich singt er dann doch noch einige „kitschige“ Songs, die bei ihm aber eher nach Sehnsucht tönten und nach Traurigkeit. „She“ klingt auch wirklich nur bei Charles Aznavour wie ein Chanson und „Behind blue eyes“ von den „Who“ ist nun mal als Klagelied konzipiert. Ein bisschen Kitsch schlich sich ein bei John Legends „All of me“. Seine eigene Kitschgrenze wird bei Alexander Peutz mit dem Song „Time of my Life“ aus Dirty Dancing  überschritten, wie er in einem Interview betonte. Aber den Song hatte er gar nicht im Programm. Dafür plagte ihn offenbar eine Erkältung, die seiner sonst so runden und sonoren Stimme zusetzte.