Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 21. Aug 2014 ·

Madame Mallory und der Duft von Curry

Flüchtlinge aus Indien eröffnen ein ebensolches Lokal in einem beschaulichen französischen Dorf. Die Haut-Cuisine-Chefin Helen Mirren vis-a-vis mobilisiert daraufhin zur Abwehr. Durchdesignte Komödie mit guten Absichten, von Steven Spielberg und Oprah Winfrey produziert.

Ein muslimischer Familienvater und seine vier Kinder landen aus Indien durch Zufall in einem französischen Dorf, wo sie als Flüchtlinge eher gelitten als willkommen sind. Die Idee des dickköpfigen Vaters (Bollywood-Superstar Om Puri), dort ein malerisches aber stillgelegtes Restaurant in einem alten steinernen Haus zu kaufen, um Indien kulinarisch wieder erstehen zu lassen, setzt die muntere Familie sogleich in die Realität um. Das ist zugleich der Auftakt zu einer von kleinen Bosheiten befeuerten Fehde mit der Chefin des Michelin-Restaurants vis-a-vis. Dort setzt die gänzlich humorlose Madame Mallory (Helen Mirren) alles daran, um die Ethno-Gastronomen mit den Gute-Laune-Gesichtern in den Ruin zu treiben.

Messerscharf kalkulierte Dramedy

Wenn ein Regisseur wie Lasse Hallström (Chocolat; Lachsfischen im Jemen) sowie Steven Spielberg und Oprah Winfrey als Produzenten ein Projekt anpacken, kann man davon ausgehen, dass hier nichts dem Zufall überlassen ist. Im Fall von „Madame Mallory“ bedeutet das eine Dramedy, also eine Komödie mit ernstem Hintergrund, in der jeder Ton, jedes Bild auf seine Wirkung geprüft ist. Gefühle werden so exakt beim Publikum abgerufen wie jedes Gericht, das hier gekocht wird, zu einem Meisterwerk geraten muss. Und obwohl es in diesem Film um (muslimische) Flüchtlinge und sogar einen Anflug von Rechtsextremismus geht, muss immer noch genügend Geld vorhanden sein, dass sich die Asylwerber ein stattliches Haus als neue Existenz in diesem idyllischen Dorf kaufen kann. Auch die Zeitökonomie hat Hallström voll im Griff: Gleich zu Beginn des Films kommt der Familie die Mutter abhanden, sie stirbt noch in Indien bei einem Brandanschlag auf deren Restaurant. Das ist zwar bitter, Zeit für Trauer lässt das filmische Konzept aber nicht zu. „Madame Mallory“ weiß sein Publikum zu unterhalten: dicht erzählt, beschwingt gefilmt, das Essen dampft nach Kräften und die bunten Farben der kitschigen Gewänder der Zuwanderer sorgen gerade für soviel merkbare Distinktion unter den steifen kulturbeflissenen Franzosen, dass sie vom kulturellen Widerspruch erzählen können, ohne dazu noch das Drehbuch mit allzu viele Textzeilen zu bemühen. So bleibt Zeit für menschelnde Momente, für angemessenen Humor und auch Romantik: der attraktive indische Sohn Hassan (Manish Dayal) und die französische Sous-Chefin (Charlotte Le Bon) von Madame Mallory sind die jungen Träger des hier forcierten interkulturellen Dialogs. Darauf fokussiert auch der wirkliche Filmtitel: The Hundred-Foot Journey bezieht sich auf jene 30 Meter, die die beiden Häuser auseinanderliegen. Als der passionierte Jungkoch Hassan von Klein-Indien nach Michelin-Land hinüberspaziert, um die verknöcherte französische Küche mit Gefühlen und Gewürzen neu zu beleben, buhlt der Einwanderer zugleich auch darum, als Neo-Landsmann anerkannt zu werden. Und natürlich ist Helen Mirren als pikierte High-Culture-Repräsentantin darauf abonniert, den unliebsamen Kontrahenten abzuwehren. Auch wenn vieles an dieser Verfilmung didaktisch, kalkuliert und glatt wirkt, was es auch ist, funktioniert „Madame Mallory“ dennoch als eine auf vielen Ebenen in sich schlüssige Erzählung. Diesem Film geht es nicht darum, zu überraschen, sondern alles auszubreiten, was er so vorbereitet hat. Ganz so, wie das indische Lokal da drüben auf der anderen Straßenseite.