Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Raffaela Rudigier · 30. Jun 2011 · Literatur

Magischer Bodensee – Wanderungen zu sagenumwobenen Kraftorten

Wer genug hat von den üblichen Ausflugszielen rund um den Bodensee und nach speziellen Orten und deren Geschichten Ausschau hält, dem sei ein neuer Wanderführer empfohlen: „Magischer Bodensee – Wanderungen zu Orten der Kraft“ von Barbara Hutzl-Ronge führt mit spannenden Geschichten zu hierzulande vielleicht noch weniger bekannten Orten am See.

Unterwegs zu heiligen Inseln, Kulthäusern der Pfahlbauten, durch Schluchten, zu geheimnisvollen Höhlen, Brandopferplätzen, aber auch zu altbekannten barocken Kirchen und Klöstern führt der Wanderführer. Darin versammelt sind 29 detaillierte Wanderungen zu „Orten der Kraft“ in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz. Außerdem enthalten ist ein Sammelsurium an Geschichten, Legenden, historischen Fakten, Sagen, Volksweisheiten und natürlich Wanderbeschreibungen rund um spezielle Orte am Bodensee, die sich durch ihre Lage und ihre geschichtliche Bedeutung auszeichnen. Nur zwei der 29 beschriebenen Plätze befinden sich auf österreichischer Seite – also durchaus ein interessanter Blick zu neuen Wanderzielen über der Grenze.

Kraft- und Kultorte

Kraftorte – das klingt so esoterisch, muss es aber nicht unbedingt sein: „Kraftorte“ können für die Autorin Barbara Hutzl-Ronge die unterschiedlichsten Plätze sein – ein Sattel, den man nach anstrengender Wanderung erstiegen hat, eine kühle Quelle an einem heißen Sommertag oder auch eine Brücke, wie etwa die Rheinbrücke in Konstanz, die von Zürich her fahrend erstmals den Blick auf den Bodensee freigibt. Den Menschen ist ein Empfinden für kraftvolle Orte und Landschaften eigen, ist die Buchautorin überzeugt. Um diesem Empfinden noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken, hat sie nun ihr Buch  herausgebracht.

Kultorte befinden sich jeweils an markanten Plätzen in der Landschaft, die für das Überleben der Menschen von Bedeutung waren. Dort wurden etwa Brandopfer dargebracht, Weihegaben im See versenkt oder Tempel erbaut. Solche Orte, wie beispielsweise der (auf dem Seerücken zwischen Pfyn und Steckborn erbaute) Römer-Tempel, in dem Händler zur Göttin Epona beteten, wurden nicht selten von christlichen Missionaren (wie etwa Columban und Gallus im 7. Jahrhundert) vereinnahmt, um mit christlichen Symbolen versehen als deren Gebetsstätten zu dienen.

Genaue Ortsangaben, Anfahrtsbeschreibungen, Wegzeiten, Internetlinks, Rundgänge, Fotos und Abbildungen machen Barbara Hutzl-Ronges Buch zu einem praktischen Wanderführer voller skurriler Geschichten.

Skurriles und Unerforschtes

Skurril ist beispielsweise jenes Kapitel, das vom „Busenhaus von Ludwigshafen“ und anderen sechstausend Jahre alten Kulthäusern erzählt. In dieser Zeit gab es am Bodensee einige so genannte Pfahlbausiedlungen, das heißt, die Menschen damals bevorzugten es, aus irgendwelchen Gründen in Pfahlhäusern auf dem See anstatt an Land zu leben. Unter den Funden, die im Bodensee bei Ludwigshafen gemacht wurden, fanden sich zwischen den Mauerresten interessanterweise Wandstücke, die wie weibliche Brüste geformt waren. Erhalten sind drei weitgehend vollständige lebensgroße Brüste und einige größere Brustfragmente. Man vermutet, dass sie die Wand eines Kulthauses schmückten. Wofür dieses Haus diente und was genau die gefundenen Verzierungen bedeuteten, ist bis heute noch nicht eindeutig erforscht.

Ähnlich unerforscht ist die Geschichte der so genannten Heidenhöhlen im Heidenbühl bei Zizenhausen. Es handelt sich dabei um acht Höhlen mitten im Wald, in denen teils Sitzplätze ausgehauen wurden und die Wandauskerbungen zur Waffen- und Gerätschaftsaufbewahrung enthalten. Darin gefunden wurden römische Münzen aus dem 2. Jhdt. n. Chr. – warum und zu welchem Zweck diese Höhlen besiedelt wurden, konnte noch kaum erforscht werden. „Die Faszination für Höhlen begleitet die Menschen seit Jahrtausenden. Genauso alt ist ihr Bedürfnis, darin kultische Handlungen zu vollziehen. Nur zu verständlich ist, dass Christen mit zunehmender Verbreitung ihrer Religion nicht nur antike Höhlenheiligtümer übernahmen, sondern auch in anderen Höhlen Kapellen errichteten, um diesem Bedürfnis nachzukommen“, schreibt Barbara Hutzl-Ronge und verweist weiter auf die Kapelle „Maria im Stein“ bei Lippertsreute.

Vielfältige Erkundungstouren um den Bodensee

Darüber hinaus finden sich im Wanderführer lustige Geschichten über nicht allzu fromme Nonnen in Lindau, über die Flucht der heiligen Aurelia vor den Römern oder über Konstanz, das zu einem Abbild Roms werden sollte. Damit die Pilger ihre Opfergaben im Land ließen und nicht nach Rom trugen, kam Bischof Konrad nämlich auf die unglaubliche Idee, die gleiche Anzahl von Kirchen wie in Rom erbauen zu lassen.

Langweilige Sonntage sind für die nächste Zeit also gestrichen. Erkundungstouren rund um den Bodensee sind angesagt.

Barbara Hutzl-Ronge, Magischer Bodensee, Wanderungen zu Orten der Kraft, AT Verlag, Aarau 2011, 407 Seiten, ISBN 978-03800-560-5, 22,90 €