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Raffaela Rudigier · 03. Jul 2017 · Literatur

Kunst, Gier und Mord - „Aber das Bild war noch da“ Christian Mährs neuer Roman

Krimi-Liebhaber dürfen sich freuen: Christian Mähr hat einen neuen Roman geschrieben. Er heißt „Aber das Bild war noch da“ und es passieren wieder allerhand seltsame Dinge. Es wird gerätselt, gefälscht, gelogen und natürlich gemordet. Und das alles in Vorarlberg – herrlich. Mir persönlich macht es als Krimi-Leserin Spaß, wenn außergewöhnliche Dinge am Ardetzenberg in Feldkirch passieren, im Wald von Frastanz Spuren verwischt und zwischen Gisingen und Göfis Rätsel gelöst werden müssen. Das Lokale schlägt das Globale. Die „alemannische Nüchternheit“ wird nebenbei schön aufs Korn genommen. Dafür nimmt man schon auch mal hin, dass manche Beweggründe der Protagonisten vielleicht etwas dünn gestrickt sind.

Vom Niedergang eines Landtag-Politikers

Aber erst zum Plot: Das Buch handelt vom Krimiautor Martin Fries, der in einen unschönen Politiker-Abgang verwickelt wird. Der Landtagspolitiker Oswald Obwalter und seine Frau Lukrezia stehen danach vor ihrem gesellschaftlichen Niedergang und wollen dies mit allen Mitteln verhindern. Dabei spielt die Kunst im Allgemeinen und im Speziellen eine besondere Rolle. Denn ein Bild mit dem Titel „Höchst 1b“ wechselt sehr oft den Besitzer und bringt stets Unglück mit sich. Selbst der Maler des Bildes, Ludwig Cannizzaro, wird in die Unglücksspirale hineingezogen und die Dinge nehmen ihren Lauf. Zwischendurch tauchen sogar zwielichtige Gestalten aus der russischen Unterwelt auf und spätestens dann wird dieser Krimi „hardboiled“, wie es so schön heißt. Leichen müssen irgendwie beseitigt werden und es sind hohe Geldbeträge im Spiel. Absurde Sachen passieren.

Bildungsniveau und Akademikerbashing

Die handelnden Personen haben durchaus eigenwillige – teils opernhafte – Namen, wie Oswald, Lukrezia, Gundula, Ludwig oder Ekkehard. Überhaupt wird auffallend oft aus Opern oder anderen klassischen Werken zitiert: von Lohengrin über Faust bis hin zu lateinischen Sprichwörtern – der Krimiautor Martin Fries lässt sein Bildungsniveau gerne galant einfließen. Dafür wird er auch immer wieder ausgiebig als Bildungsonkel gescholten. Generell wird in diesem Roman, in dessen Zentrum ein Bild steht, auffallend viel Kunst-, Kultur- und Akademikerbashing betrieben – was aber durchaus heiter ist. „Cannizzaro hatte zu reden begonnen. Über seine Malweise, sein Verständnis von Kunst, das Verhältnis der bildenden Kunst zu den anderen Künsten, insbesondere zur Literatur, die er überaus schätze ... und so weiter und so fort, ein warmer einlullender Strom bedeutungslosen Geredes, das der Maler wahrscheinlich noch über Stunden produzieren könnte, wenn es darauf ankam. Martin nickte und stellte Zwischenfragen mit der „Ich bin ja absoluter Laie, frage mich aber doch ...“ – Attitüde, die bei jedem Meister gut ankommt, ganz gleich ob es ein Meister im Kunstmalen, im Romanschreiben oder im Forellenräuchern ist.“

Literarische Metaebene

Weil die Hauptfigur von Mährs neuem Roman ein Schriftsteller ist, fließen nebenbei auch Überlegungen zu Krimi-Plots oder Literatur im Allgemeinen ein, was dem Roman eine interessante Metaebene verleiht. „Wenn er in seinem Beruf ein Gespür entwickelt hatte, dann dafür, wann eine Geschichte zu Ende war und wann nicht. War sie es nicht, funktionierte sie nicht, und die Leser merkten das besser als die Verleger.“

Dabei werden mögliche Fragen oder Urteile, die das Buch vielleicht aufwerfen könnte, schon im Vorhinein entkräftet, in dem sie auf der Metaebene vorweggenommen oder selbst angesprochen werden. Das könnte beispielsweise auch für diese Rezension gelten. So findet sich im Roman folgende Passage über ein anderes Buch: „Hör zu: Nichts, was ich sage oder was irgendjemand anderer über dein Manuskript sagt, hat irgendeine Bedeutung, verstehst du? Es sind Geschmacksurteile, es ist nur Bla-Bla zur Scheinbegründung des einen von nur zwei möglichen Sätzen: Es gefällt mir. Oder aber: Es gefällt mir nicht. Alles andere ist Geschwätz. (...) Alles Reden über Kunst bedeutet nichts.“

Wahrscheinlich hat Martin Fries damit ja recht. Deswegen jetzt noch ohne Bla-Bla: es gefällt mir.

 


Christian Mähr, Aber das Bild war noch da, Seiten 312, € 19.90,-, ISBN 978-3-903091-26-9, Verlag Wortreich 2017