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Annette Raschner · 01. Nov 2017 · Literatur

„Franz und der Regenschirm“ - Ein Kinderbuch von Erika Kronabitter mit Illustrationen von Sarah Rinderer

Franz Wunderbar ist ein zwölfjähriger Junge. Er kümmert sich liebevoll um seine kleineren Geschwister, weil seine Eltern dazu nicht in der Lage sind. Sie sind alkoholkrank, und die Lage spitzt sich immer mehr zu … Mit „Sarah und die Wolke“ hat die Vorarlberger Autorin Erika Kronabitter schon einmal ein Kinderbuch mit einer jungen Protagonistin geschrieben, die nicht in ihrer eigenen Familie, sondern in einer sozialpädagogischen Einrichtung aufwächst. Dafür wurde sie 2011 mit dem dritten Preis der „SozialMarie“ ausgezeichnet. Diesmal hat Erika Kronabitter die junge Vorarlberger Literaturpreisträgerin des Jahres 2017 mit ins Boot geholt. Sarah Rinderer zeichnet für die Illustrationen verantwortlich. Das Kinderbuch „Franz und der Regenschirm“ ist in der Edition Art Science erschienen.

Haus „Fühl dich wohl“

In der burgenländischen Gemeinde Marz gibt es eine sozialpädagogische Wohngemeinschaft namens „Fühl dich wohl“. Dort leben Kinder und Jugendliche wie Franz; Junge Menschen, deren Eltern sich aus verschiedenen Gründen nicht um sie kümmern können. Franz möchte nicht von zu Hause weg, obwohl die Situation unerträglich wird, nachdem seine Mutter von einem Tag auf den anderen verschwindet. Bald ist kein Essen mehr da. Franz versucht sich erfolglos als Dieb, wird beim Stehlen erwischt und schließlich, nachdem die Jugendhilfe eingeschaltet worden ist, mit seinen beiden Geschwistern Miriam und Cain ins Haus „Fühl dich wohl“ gebracht. „Miriam ist jetzt fünf und Cain vier Jahre alt. Franz hat sich sofort wohl gefühlt. Manche Kinder wohnen gerne hier, andere weinen anfangs den ganzen Tag. Manche benehmen sich wie eine wild gewordene Katze im Käfig. Sie sind voller Angst und Wut. Franz kann das in den Augen erkennen. Erst beim Schlafengehen kommen bei den wilden Katzen die Tränen. Das ist wegen der Verzweiflung.“

Der Schwere mit Leichtigkeit begegnen

Erika Kronabitter erzählt Franz’ Ankunft im Haus „Fühl dich wohl“ mit Respekt, Poesie, Einfühlungsgabe und auch mit Witz. Die Leichtigkeit nimmt dem Thema weder Tiefe noch Schwere; sie speist sich aus dem Vertrauen, das die Autorin, die im Vorfeld Gespräche mit Kindern und Jugendlichen in sozialpädagogischen Einrichtungen geführt hat, in die kindliche Überlebensfähigkeit setzt. Das hat wiederum die junge Kunststudentin Sarah Rinderer dazu animiert, der berührenden Geschichte mit fragil-poetischen Illustrationen zu begegnen. Sie zeichnete mit Buntstiften und Tusche, arrangierte die verschiedenen Elemente in Form einer Collage und setzte sie am Computer digital zusammen. Franz ist ein Junge mit rundem Gesicht und verstrubbeltem Haar. Seinen roten Regenschirm benutzt er als Talisman. Seiner neuen Freundin Sarah erzählt Franz: „Man kann sich unterm Schirm verstecken wie ein Erdhörnchen, beim Sturm kann man mit dem Schirm geschoben werden oder gezogen, ja fast fliegen kann man mit dem Schirm. Der Schirm ist Degen, Dolch, Schwert und Gewehr.“

Keine heile Welt

Die Kinder- und Jugendliteratur ist bekanntlich voll mit „heile-Welt-Geschichten“: glücklichen, heterosexuellen Paaren, die ihren Kindern – häufig sind es ein Junge und ein Mädchen – alle Wünsche von den Augen ablesen. Doch die Realität sieht oft anders aus. Aus dieser Motivation heraus hat Erika Kronabitter vor einigen Jahren begonnen, Kinderbücher für junge Menschen zu schreiben, die es schwer haben. „Franz und der Regenschirm“ ist das gelungene Nachfolgebuch von „Sarah und die Wolke“ und soll künftig auch als kindgerechtes Hilfsmittel in der Begleitung familiär schwer belasteter Kinder eingesetzt werden.