Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Christina Porod · 04. Dez 2014 · Kleinkunst, Kabarett

Ein Comedian in der Psychiatrie - Oliver Polak liest aus „Der jüdische Patient“ im Saumarkt in Feldkirch

Vor zwei Jahren verfiel Oliver Polak in eine tiefe Depression. Darüber, und über seine Zeit in der psychiatrischen Klink hat er ein Buch geschrieben mit dem Titel „Der jüdische Patient“. Auf seiner Lesereise machte der deutsch-jüdische Stand-up-Comedian am gestrigen Mittwochabend Halt im Theater am Saumarkt.

Der 38-Jährige, in Papenburg im Emsland geborene, moderierte bei VIVA, war Schauspieler in „Das Leben ist zu lang“ von Dani Levi und versuchte sich als Schlagzeuger der Band „Sterneit“. 2006 hat er sein Debüt als Stand-up-Comedian. Mit „Ich darf das, ich bin Jude“ schreibt er 2008 einen Bestseller. 2010 folgt sein Programm „Jud Süss Sauer-die Show“ und im selben Jahr veröffentlicht er zusammen mit dem Musiker Carsten „Erobique“ Meyer den Song „Lasst uns alle Juden sein“. Im Musikvideo von K.I.Z. spielt Polak Adolf Hitler. Sein aktuelles Programm titelt „Krankes Schwein Tour“.
Vor zwei Jahren kam dann der Umbruch. Polak erleidet einen Zusammenbruch, fällt in eine schwere Depression und muss für Wochen in die Psychiatrie. Über diese Zeit voller Panikattacken, Angst und ständigem Erbrechen, aber auch über seine Herkunft hat der Comedian die Autobiografie „Der jüdische Patient“ geschrieben.

Erfahrungen in der Psychiatrie


Ein Tisch, ein Stuhl, ein Mikrofon und ein Glas Wasser – alles ist da, was man für eine Lesung braucht. Der Abend wird mit einem Udo-Jürgens-Song eingeläutet. Dann betritt Polak die Bühne, schnell, fast ein wenig schüchtern. Er setzt sich auf den Stuhl und beginnt mit - wie er selbst sagt - einem „Eisbrecher“. Der handelt von einer Rezeptionistin, einem Toilettengang und einer vermeintlich kaputten Spülung. Ein Witz rundum Darmausscheidungen funktioniert eben (fast) immer. Dann steigt er ein in sein Buch, liest die ersten Zeilen: Der in Berlin lebende Comedian startet mit der Beschreibung seiner Fahrt zur Klinik und dem Einzug in diese. Er schildert von Erfahrungen mit starken Beruhigungsmitteln und Antidepressiva, Wassergymnastik und anderen Therapieformen, seinem „Ausflug“ zum missglückten Auftritt im Quatsch Comedy Club im Friedrichstadtpalast oder von seinem Besuch zu Hause in Papenburg.

Liest er noch oder erzählt er schon?


Ein Comedian in der Psychiatrie, da erwartet sich das Publikum starke Emotionen, traurige wie heitere. Zwar beschert er witzige Momente, auch nachdenkliche, aber alles in allem bleibt der Abend unaufgeregt, in einem Sog und wird irgendwann fad. Man wird das Gefühl nicht los, dass irgendetwas fehlt. Man wartet und wartet, aber der Salzstreuer kommt nicht und die Suppe bleibt ungewürzt.
Lesende und erzählende Sequenzen wechseln sich ab. Er spricht schnell, laut und in mehr oder weniger durchgehendem Tonfall. Kaum lässt sich unterscheiden, liest er noch oder erzählt er schon.
Vielleicht haben Polak auf seiner bereits mehrwöchigen Lesereise die Grippeviren erwischt. Manches deutet darauf hin, dass er ein wenig kränkelt und mutmaßlich nicht in Bestform ist.

Zum Schluss gibt’s noch eine Frage-Antwort-Runde, die von einigen im Publikum auch genützt wird. So erfährt man, dass Polak das Buch erst nach seinem Klinikaufenthalt geschrieben hat, und dass es ihm heute wieder gut geht. Nach eineinhalb Stunden ohne Pause ist das Publikum entlassen. Zufrieden?

 

Oliver Polak, Der jüdische Patient, 240 Seiten, € 10,30, ISBN: 978-3-462-04704-2 Kiepenheuer & Witsch, 2014

Diese Wochen noch im Theater am Saumarkt:

6.12., 15 Uhr:
Konrad Bönig, „na sowas“ – KinderLiederMitmachKonzert

6.12., 20.15 Uhr:
Konzert: Heidrun Wirth-Metzler, Isabella Fink, Georg Sutterlüty
Mariä Empfängnis. Wer empfängt hier was?

7.12., 11 Uhr:
Ari Rath: Ari heißt Löwe
Lesung und Gespräch, Moderation: Peter Niedermair

www.saumarkt.at