Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Christina Porod · 04. Jun 2015 · Kleinkunst, Kabarett

Des einen Freud, des andern Leid - Rolf Miller beim Seelax-Festival

Kabarett ist bekanntermaßen Geschmackssache, dies wurde am gestrigen Mittwochabend deutlich. Die letzte Seelax-Woche startete mit Rolf Miller. In seinem aktuellen Programm „Alles andere ist primär“ präsentierte der deutsche Kabarettist eine Bühnenfigur, die aus dem Alltag erzählt. Eine schnelle Aneinanderreihung des Immergleichen traf jedoch nicht jeden Geschmack. Seine Themen - die 80er-Jahre, Türsteher, Wladimir Putin, die WM, Frauen, ... – waren Stammtischplaudereien im Odenwälder Dialekt. Das Konzept war einfach: Schnell einen Gag nach dem anderen hinschleudern, dabei Sätze zum Teil abbrechen oder Wörter und Sätze verdrehen. Nichtsdestotrotz, die Stimmung im ausverkauften Freudenhaus war gut, da Freunde seines Humors immer wieder ausgelassen lachten.

Warum hat der Mann so großen Durst?


Eine Wasserflasche, ein Mikrofon und ein Stuhl sind Millers Requisiten. Zwei Stunden schwatzt der 1967 in Walldürn (Baden-Württemberg) geborene Kabarettist vermeintlich festgeklebt an diesem Sessel und nimmt im Minutentakt einen Schluck aus der Flasche. Im Sekundentakt haut er Gags hinaus, von denen die eine Hälfte platt, die andere abgedroschen ist. Einige Kostproben gefällig? „Menschen in Beziehung leben nicht länger, es kommt ihnen nur so vor.“ „Wer sich an die 80er erinnern kann, hat sie nicht erlebt.“ „Manche Frauen verhüten mit ihrem Gesicht.“ „Jene Beziehungen halten am längsten, in denen beide in einer festen Partnerschaft sind.“ „Es gibt welche, die zwischen Realität und Wirklichkeit nicht unterscheiden können.“
Darüber hinaus bricht er viele seiner Sätze ab oder verdreht Redensarten und Wörter wie „Reden ist Schweigen, Silber ist Gold“, „bei trocken Wasser und Brot“. Die Familienaufstellung wird zur Familienausstellung oder die psychologische Betreuung zur psychopatischen.

Déjà-vu-Erlebnisse sind vorprogrammiert


Nicht nur inhaltlich ist das Programm dünn, auch die Dramaturgie bleibt einheitlich: Gag, Lacher, Gag - Schluck Wasser - Gag, Lacher, Gag - Schluck Wasser ... So oder so ähnlich; zwei Stunden lang – und die verstreichen unbarmherzig langsam. Déjà-vu-Erlebnisse sind also vorprogrammiert. Dieses Konzept stößt bei so manchem schnell an seine Grenzen. Es fehlt an Variation, an Inspiration und verweilt in bloßer Pointenhascherei. 
Rolf Miller hat aber durchaus Fans im Freudenhaus, die die Stimmung heben und inhaltliche und dramaturgische Schwächen kaschieren können.

Leicht gemacht – Gut gedacht


In der letzten der drei Zugaben parodiert Rolf Miller in kurzen Sequenzen Prominente wie Udo Lindenberg, Michael Jackson, Martin Semmelrogge oder Herbert Grönemeyer beim Toilettengang. Wenn nichts mehr geht, das geht immer. Leicht gemacht – Gut gedacht.

„Man muss auch mal über Humor lachen können“, meint Miller. Aber nicht jeder kann über seinen Humor lachen. Für so manchen verschwindet dieser Abend schnell in Belanglosigkeit. Diesen schließe ich mich an.

Heute Abend (4.6.) kann man sich sein eigenes Urteil über Rolf Miller und sein Programm bilden. Ab 20.30 ist er erneut im Freudenhaus zu sehen.


www.seelax.at